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Das Café „Sir Capulus“ – Traditionell anders

Sir ist im Britischen die höfliche Anrede für einen feinen, mitunter adligen Herrn; Capulus ist lateinisch für Kaffee. Das Café & Bar Sir Capulus verbindet beides: Frisch zubereitete Gerichte und leckeren Kaffee. Genau das, was bei einem guten Frühstück nicht fehlen darf. Denn eigentlich handelt es sich bei dem Café um ein Frühstücksrestaurant, betont dessen 32-jähriger Inhaber Veit Holzmann.

Den Namen zu finden, sei alles andere als leicht gewesen. „Da wir uns ja an der Via Claudia befinden und somit auch eine italienisch-römische-lateinische Vergangenheit haben, dachte ich, es wäre ein sehr passender Name. Und da es eine fiktive Gestalt sein soll: Sir Capulus.“

Die Gäste des Restaurants, so das Ziel, sollen gerne wieder kommen, um gutes, gesundes Essen und das Leben zu genießen. „Wir möchten die Frühstückskultur hier in Füssen implementieren. Es gibt viele tolle Cafés hier, aber wir wollten hiermit eine Lücke schließen.“

Auf die Teller kommen eher kleinere Portionen, Frühstücks-Tapas sozusagen, damit Verschiedenes von der Karte probiert werden kann. Die Gerichte gibt es auch „To go“, also zum Mitnehmen. Bei allen Produkten wird auf Qualität und Regionalität geachtet. Der Kaffee beispielsweise kommt aus einer kleinen Rösterei in Garmisch. Pochiertes Ei, ein Wrap mit Avocado oder eine Belgische Waffel, sie schmecken ebenso als Brunch, Lunch, als Snack zwischendurch oder zu einem Glas ausgewähltem, deutschen Wein am frühen Abend.

Mit an erster Stelle stehe der Wunsch, dass Sir Capulus eine Füssener Institution wird. „Wir möchten etwas erschaffen oder kreieren, wovon die Leute sagen: Das hat Flair. Das ist eine Marke.“ Vor allem die Einheimischen sollen sich hier treffen, lachen und sich Geschichten erzählen. Von heute, von früher und dem, was kommen mag. Und dabei, dann wäre das Ziel erreicht, selbst Füssener Stadtgeschichte schreiben. So, wie es Holzmanns Großeltern getan haben.

Zwei Schwarz-Weiß-Fotos rechts neben der Theke zeigen die beiden: Paula Kellner, die letztes Jahr im Juni ihren 90. Geburtstag feierte und ihr Mann Franz, Jazzmusiker und Geschäftsmann.

Frühstücken sei „das Feiern der jungen Erwachsenen“. Holzmann persönlich gefällt es auf jeden Fall sehr gut. In den Jahren, die der ehemalige Eishockey-Profi in Essen verbrachte, wurde er Stammgast in einem Frühstücksrestaurant und immer mehr überzeugt von diesem gastronomischen Ansatz.

Ja, Veit Holzmann begann eine sportliche Laufbahn beim EV Füssen und sie führte ihn in verschiedene deutsche Großstädte. Mit seinem Abschluss in der Tasche – er studierte Maschinenbau – beendete er die Karriere auf dem Eis vor vier Jahren und fand eine Anstellung als Projektleiter im Brandschutz, um dabei festzustellen: „Dass ich wirklich gerne etwas machen würde, wo ich mit Leidenschaft dahinter stehe.“

Dem Füssener sei schnell klar gewesen, dass er sich nicht über sein Einkommen und ein gefülltes Konto definieren möchte. „Es sollte so sein, dass ich die Arbeit mit meinem Hobby und Spaß verbinden kann.“ Was beim Eishockey nicht anders gewesen sei. „Vielleicht habe ich deshalb so ein Verlangen danach, dass, wenn ich etwas mache, es mich auch emotional packen muss.“

Das ganze Konzept des Sir Capulus überzeugt nicht nur Holzmann. Es waren zwei Hockey-Kollegen, die mit in das Abenteuer Frühstücksrestaurant einstiegen. „Es war eigentlich eine Art Stammtischidee“, schmunzelt Holzmann. Thomas Schneeberger kann nicht nur den Hockey-Schläger schwingen, das gelingt dem gelernten Koch mit dem Kochlöffel mindestens genauso gut.

Als Barista hinter der Theke zu stehen, konnte sich wiederum Thomas Richter vorstellen. Und tat es. Lea Ullmann fand die Idee auch gut und ist nun Servicekraft. Als dann in seiner Heimatstadt Füssen, in der Lechhalde 2 der Pächter kündigte, standen der Idee Tür und Tor offen. Seine Familie stehe hinter dem Projekt. Holzmann wirft einen Blick auf den Nebentisch, wo unkorrigierte Klassenarbeiten auf einem Stapel liegen.

Sophia Holzmann, die Ehefrau des frisch gebackenen Cafébesitzers, flitzt mit einem vollen Tablett vorbei. Sie ist Lehrerin, unterrichtet am Mariengymnasium in Kaufbeuren und hilft, wo sie kann. „Wenigstens eine in der Familie, die etwas Seriöses macht“, sagt Holzmann schmunzelnd. Ebenso engagiert wie sie und die beiden Thomas‘ seien auch seine Servicemitarbeiterinnen Tina Gmeiner und Hannah Löckher. Ein weiterer im Sir Capulus-Bunde ist der EVF-Stürmer Jakob Schuster, der mittlerweile wie ein „Vollzeitpraktikant“ mittendrin ist statt nur dabei.

Die Lage ist einmalig. Von der Terrasse aus sieht man den Lech und direkt gegenüber das ehemalige Benediktinerkloster St. Mang. Bei der Gestaltung der Innenräume entschied sich das Capulus-Team für dunkelgrüne Elemente. An der Decke befindet sich ein Geflecht aus eisernen Rohrleitungen, an deren Gewinden 75 große runde Vintage-Glühbirnen mit warm-weißem Licht brennen. „Das war meine Idee.“

Die Fassade ist original, noch vom Vorbesitzer des Hauses, der Schlosserei Betz. Die Wände zieren Portraits von jenen Menschen, die bei der Entstehung und Ausgestaltung der Lokalität maßgeblich mitgewirkt haben. An der Bar gibt es eine Regalwand, an der verschiedene Dollarnoten hängen. Gäste aus aller Welt – unter anderem Hockeyspieler – können sich hier verewigen. „Die Spieler der 1. Mannschaft kommen oft hierher.“ So war Bauer Neudecker am Tag zuvor im Sir Capulus und lernte Deutsch mit einem Online-Kurs.

Auch für Feste und Feiern können die alten Gemäuer oder – spielt das Wetter mit – die Terrasse gemietet werden. Ein Geburtstagsbrunch zum Beispiel, oder der Sektempfang nach einer standesamtlichen Trauung. Im Haupt- oder dem Nebenraum können Gruppen gemeinsam speisen oder Stehempfänge abgehalten werden. Dazu gibt es Canapés, Tapas oder ein individuelles Menü – in Absprache mit dem Küchenchef.

Einige Füssener besuchen das Sir Capulus seit der Eröffnung bereits regelmäßig. Ramona L. und ihr Mann Markus waren die ersten zahlenden Gäste. „Das war am 9. September 2023. Seitdem kommen wir gerne und regelmäßig.“ Sagt es und dreht sich zur Tür. „Ja, hallo ihr zwei.“ Es folgt Gelächter. Sie kennen sich. „Das ist hier ein richtiger Treff. Man verabredet sich nicht, aber man trifft sich hier.“

Café&Bar Sir Capulus · Lechhalde 2
87629 Füssen Tel. 08362/9262727

Instagram @SIRCAPULUS

Öffnungszeiten:
Di. – Do. und So. 9 bis 18 Uhr, Fr. – Sa. 9 bis 20 Uhr
Montag Ruhetag

Sobald es wärmer wird und die Terrasse geöffnet, werden die Tage beim Sir Capulus länger.

Text: Selma Hegenbarth · Fotos: Sabina Riegger

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