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Der 29. Februar: Ein außergewöhnliches Geburtsdatum

Unser Planet dreht sich in 24 Stunden um seine eigene Achse. Um die Sonne zu umrunden, benötigt die Erde 365,24 Tage. Das entspricht 365 Tagen, fünf Stunden, 48 Minuten, 45 Sekunden und einem kleinen bisschen mehr. Dementsprechend sind 365,24 Tage fast einen Vierteltag mehr, als ein normales Kalenderjahr hat. Um diese zeitliche Ambivalenz auszugleichen, wird jedes vierte Jahr zu einem Schaltjahr.

Das bedeutet, ein 366. Tag wird dem Kalender hinzugefügt: der 29. Februar. Wenn wir diese zusätzliche Zeit nicht alle paar Jahre berücksichtigen würden, würde sich unser Kalender allmählich verschieben – und damit auch die Jahreszeiten. Die nicht berücksichtigte Zeit würde sich ansammeln und irgendwann würde etwa der Dezember mitten im Sommer liegen.

Dem Statistischen Bundesamt (25. Februar 2020) zufolge, werden an einem Schalttag, also dem 29. Februar, durchschnittlich 2040 Kinder geboren. „Schalttagskinder“ können – streng genommen – nur alle vier Jahre ihren Geburtstag feiern. In den Jahren dazwischen können sie auf den 28. Februar oder den 1. März ausweichen. Offiziell ein Jahr älter werden sie dann aber erst am 1. März – das ist sogar im Bürgerlichen Gesetzbuchs festgelegt.

So also steht es im Gesetz. Wie aber lebt es sich als „Schalttagskind“? Wie wird gefeiert und empfindet man seinen Geburtstag tatsächlich als biografische Besonderheit?

Melanie Reder (li.) mit ihren Liebsten, die beiden Töchter Mona und Meike sowie ihrem Freund Jürgen.

Es war eher ein ungeschriebenes Gesetz, weshalb die Eltern von Melanie Reder entschieden haben, dass sie ihren Geburtstag am 1. März feiern soll. „Vorfeiern geht nicht, das macht man nicht“, hätten sie zu ihr gesagt. „Als Kind war es schwer“, erzählt die zweifache Mutter aus Schwangau. „Ich fand es immer wahnsinnig schwierig, das zu erklären.“ Ein Thema, das sie auch jetzt mit ihren Kindern beschäftige. Die Ältere (acht Jahre) schaue mit in den Kalender und sage dann: „Mama, deinen Geburtstag gibt es gar nicht.“ Dazu geselle sich die Frage: „Wie alt bist du denn jetzt eigentlich?“

Reder wird dieses Jahr neun Schaltjahre alt. Mit dem Erwachsensein sei es ihr eigentlich egal geworden, wann sie ihren Geburtstag feiert. In einem Schaltjahr lege sie jedoch Wert darauf, ihren „richtigen“ Geburtstag ordentlich zu zelebrieren. Schade sei deshalb, dass der 29. Februar heuer auf einen Donnerstag fällt. Mit der Familie wird dann in kleinerem Rahmen trotzdem ein Fest stattfinden. Für das Wochenende plant sie etwas Größeres und möchte Freunde und Verwandte dazu einladen.

Reder wünscht es keinem Kind, als Schalttagskind zur Welt zu kommen. „Irgendwie hat man fast nie Geburtstag.“ Außerdem hätten sich andere Kinder auch gerne darüber lustig gemacht. Unter Erwachsenen kann über das Thema immerhin auch gespaßt und gelacht werden. „Mein Freund sagt immer: ‚Ich habe eine richtig junge Freundin‘.“ Auf die Frage, wie alt sie ist, antworte Reder mitunter: „Welches Alter möchtest du denn wissen?“ Regelmäßig wird sie gefragt, wann man denn gratulieren soll, wenn es den 29. Februar nicht gibt. „Selbst Familienmitglieder fragen heute noch. Meine Antwort ist dann immer, am 1. März, aber dann halt nachträglich.“

Peter Bayerl
Kerzen auspusten, Kuchen essen, Geschenke auspacken – was für die meisten Menschen am Geburtstag ganz normal ist, war für Peter Bayerl nur alle vier Jahre ein ganz besonderes Erlebnis. Peter Bayerl hat die Tatsache, keinen „richtigen Geburtstag“ zu haben, recht früh für sich genutzt. Er feierte mit der Familie am 28. Februar und mit den Freunden am 1. März. „So gab es zweimal Geschenke“, erzählt der gebürtige Lechbrucker.

Schön aber war das auch nicht immer. „Als Kind und Jugendlicher fand ich es manchmal blöd. Es war komisch, weil dieser Geburtstag nicht da war. Das Datum war ja nicht korrekt“, erinnert er sich. „Lehrer und Schüler wollten immer wissen, wie sich das anfühlt. So richtig erklären konnte ich es nicht“, erzählt der Familienvater. Im Laufe der Jahre machte sich Peter Bayerl das besondere Geburtsdatum zunutze. „Je nachdem wie ich Lust habe, feiere ich sozusagen in meinen Geburtstag hinein oder am 1. März. Ich kann es mir aussuchen“, sagt er schmunzelnd und fügt hinzu „ich schaue zwar alt aus, aber heuer werde ich elf Jahre alt und 44. Nicht jeder kann das von sich behaupten!“

Was für viele selbstverständlich ist und in regelmäßigen Abständen wiederkehrt, ist einem „Schalttagkind“ ebenfalls nicht möglich: runde Jubiläen. „Erst den 60. kann ich als runden Geburtstag feiern“, sagt er.

Text: rie, sh · Fotos: privat

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