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„Wenn die Demokratie langsam schwindet“

Harald Vauk zieht es wieder zurück nach Füssen

„Die Politik in der Stadt Füssen drückt mich im Augenblick fürchterlich, so dass ich überlege, wie ich möglichst schnell wieder nach Füssen zurückkomme.“ Als Druckpunkte sieht er dabei etwa verschiedene Bauvorhaben an denkmalgeschützten Häusern in der Altstadt oder auch die Vision zur Neugestaltung des Magnusparks am Lech. Aber die Liste ist weitaus länger, sagt er. Im Februar letzten Jahres hatte Harald Vauk die Lechstadt verlassen und sich andernorts neuen Aufgaben gestellt. Seinen Blick auf die Stadt Füssen hat er aber seitdem nie verloren.

Im Auftrag der ÖDP Sachsen und Thüringen war er nach seinem Weggang wochenlang im Osten Deutschlands unterwegs, um Unterschriften für die anstehenden Wahlen zu sammeln. Sein Bezug zum Osten war schon in jungen Jahren gewachsen, als er noch zu DDR-Zeiten für eine Münchner Firma dort gearbeitet hat.

„Ich habe damals tatsächlich den Beginn der Demokratisierung intensiv miterlebt. Das war eine meiner schönsten politischen Zeiten“, sagt er. So ist in den letzten beiden Jahren auch einiges passiert. In der Stadt Leipzig hatte er ein Bürgerbegehren angestrebt, bei dem es darum geht, einen öffentlichen Platz zu erhalten, den die Stadt überbauen will.

Das Vorhaben war allerdings gescheitert, weil die benötigten 25.000 Unterschriften nicht zusammenkamen. „Am Ende waren es leider nur 9.000. Das hatte ich unterschätzt“, meint er. Vauk, der im Alten Land vor den Toren Hamburgs aufgewachsen ist, ist in einigen Gruppierungen aktiv, so etwa in „Mehr Demokratie“ und „Bürgerbegehren Klimaschutz“. Er sieht sich oft auch als Einzelkämpfer.

Die Maden im Speck

Für die vergangene Bundestagswahl, wie auch für die anstehende Europawahl ließ sich Vauk als Direktkandidat für die ÖDP aufstellen. Zu seinen Hauptaufgaben zählen heute aber seine Tätigkeiten für den Verein Gemeinwohlökonomie Mitteldeutschland, für den er in den Vorstand gewählt wurde. Der Verein stellt das Gemeinwohl in den Fokus der Wirtschaftstätigkeit und des organisatorischen Erfolgs und sieht sich als Treiber einer nachhaltigen, in Ökosphäre und Gesellschaft eingebetteten, ethischen Marktwirtschaft.

Unterwegs ist er dadurch in Sachsen-Anhalt, Thüringen oder im Landkreis Leipzig, der Stadt Leipzig sowie im Kreis Nordsachsen, wo er sich auch hauptsächlich aufhält. Als Landesgeschäftsführer der ÖDP ist er zudem für das Bundesland Sachsen zuständig. „Die politischen Anforderungen sind in Ostdeutschland etwas andere“, sagt Vauk. „Hier im Westen ist der Mensch träge und zumeist nur auf sein Eigenwohl bedacht. Hier leben wir wie die Maden im Speck. Im Osten hat man keine Vermögen angespart. Erbschaften gibt es da auch keine. Allein das ändert vieles. Die meisten sind gar keine AfD-Fans, sie fühlen sich nur von der Politik verraten und verkauft. Hier lässt sich sehr viel bewegen“, erklärt der Mann mit dem roten Schal.

Im Rahmen seiner Arbeit ist Harald Vauk heute unter anderem als Dozent bei Seminaren zum Thema Nachhaltigkeits-Management unterwegs, zu denen er Vorträge beisteuert und erklärt, wie eine politische Gemeinde funktioniert. „Da geht es um die Mechanismen Bürgermeister, Stadtrat und Verwaltung bis hin zum Bürger und wie sie am Besten ineinander greifen“, so der 66-jährige. Die Zuhörer sind Mitarbeiter aus Verwaltungsapparaten, von Gemeinde, über Ämter bis zur Kreisverwaltung, die aus ganz Deutschland anreisen, um an den fachlichen Lehrgängen teilzunehmen. Ihr Ziel ist es, dadurch das Zertifikat „Nachhaltigkeits-Manager für Gemeinde- und Regionalentwicklung“ zu erhalten.

Das Wasenmoos und die Außenbereichssatzung

Seinen festen Wohnsitz im Wasenmoos hat der Vater von zwei Kindern bis heute behalten. Alle paar Wochen kommt er quasi auf Besuch. Sein Wohnsitz dürfte für ihn allerdings recht bald auch zu einem eigenen großen Thema werden. Nämlich dann, wenn die Restnutzungsdauer seines Zuhauses endet.

Nach einem jahrelangen juristischen Tauziehen um eines der größten Schwarzbaugebiete des Freistaates Bayern, dem Füssener Wasenmoos, hatten sich das Landratsamt Ostallgäu und die Kläger, die gegen die Beseitigungsanordnungen für ihre nicht genehmigten Wochenendhütten und Häuser gerichtlich vorgegangen waren, vor vielen Jahren bekanntlich auf einen Kompromiss geeinigt. Demnach wurde beschlossen, die illegal errichteten Gebäude nach insgesamt 15 Jahren abreißen zu lassen. Diese Restnutzungsdauer endet 2026.

Als Sprecher der Aktiven Bürger Füssen hatte Vauk vor einigen Jahren noch eine Außenbereichssatzung für Teile des Wasenmooses angestrebt, um den Abriss zu verhindern. Allerdings hatte ihm das Landratsamt schon damals mitgeteilt, dass laut bayerischem Innenministerium eine solche Satzung wohl nicht zulässig ist. Trotzdem will er daran festhalten. „Ich bin in einer der Zonen, in der eine Außenbereichssatzung rein rechtlich gesehen möglich ist, dies wurde mir mehrfach bestätigt. Es muss aber auch politisch gewollt sein“, meint Vauk, der nun seit mittlerweile knapp vierzig Jahren im Allgäu lebt. Nach Füssen zog er schließlich 1993.

Den Finger in die Wunden

Im Rückblick auf die letzten Stadtratswahlen, für die er sich anfangs als Kandidat für den Posten des Bürgermeisters aufstellen ließ, dann aber aus gesundheitlichen Gründen wieder zurückzog, sieht er vieles heute aus einer anderen Perspektive. „In Füssen habe ich den Fehler gemacht, dass ich zu ehrlich war und nicht rein politisch vorgegangen bin. Ich war zu emotional.“

Bei den nächsten Kommunalwahlen 2026 will sich Vauk im Allgäu aber wieder mehr einbringen. In welcher Funktion weiß er heute noch nicht genau. Aber er hat eine Vision. Sein Ziel ist, bis Ende nächsten Jahres 24 Füssenerinnen und Füssener zu finden, die bereit sind, sich als Kandidat für die kommende Wahl zum Stadtrat zur Verfügung zu stellen und damit Teil einer neuen Gruppierung werden, die sich nach einer am Gemeinwohl orientierten Politik richtet.

„Ich sehe, dass die Demokratie immer mehr den Bach heruntergeht und obendrauf das Gemeinwohl immer mehr in den Hintergrund rückt. Genau das ist es, was mich antreibt, weiterhin meinen Finger in die Wunden zu legen. Sie haben mich geprügelt und ich werde mich weiter gerne prügeln lassen.“

Text · Foto: Lars Peter Schwarz

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5 Kommentare

  1. Hi Harald das freut mich zu hören. Dann sieht man sich ja bald wieder öfters. Ich wünsche die frohe Weihnachtstage und einen guten Rutsch in das neue ahr. Lieben Gruß von Michelle Derbach

    1. Liebe Michelle,
      Danke für die Weihnachtsgrüße.
      Um Missverständnis vorzubeugen: Ich werde auch weiterhin 14 Tage im Monat in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt tätig sein.
      Doch leider hat Herr Hartl, wie vor ihm auch andere Personen, den Vorkommnissen in Füssen nicht mehr mittragen wollen. Die Mehrheit des Stadtrats braucht nun ein Korrektiv mit dickem Fell und Max Eichstätter braucht Hilfe.

      Ich weiß nicht, ob ich immer noch die Kraft habe, um etwas in Füssen zu bewirken – aber ich werde es versuchen. Am liebsten mit einer Wählergemeinschaft, mit ehrlichen Bürgern, die nicht dem Parteilobbyismus hörig sind.
      Vielleicht gelingt es mir der mit Hilfe von aufrichtigen Bürgern, dass nicht mehr bayernweit der Kopf geschüttelt wird, wenn von Füssens Stadtrat die Rede ist.

  2. Ein wackerer Kämpfer für unsere Demokratie, Chapeau ! Wir brauchen mehr von solchen Leuten, die nicht nur über die aktuelle Politik jammern, sondern auch die Ärmel hochkrempeln und den alteingesessenen Politikern Paroli bieten und versuchen es besser zu machen. Stark finde ich auch das Engagement von Herrn Vauk für das Bürgerbegehren in Leipzig. Ein mehr an Direkter Demokratie würde zu mehr Zufriedenheit in diesem Land führen.

  3. Wenn die Demokratie langsam schwindet,genauso kommt mir das auch vor.Harald Du hast ja hervorragende Arbeit in Sachsen geleistet aber Du wirst auch in Füssen gebraucht.Dir und Deiner Familie schöne Feiertage.
    Mitch

  4. Unermüdlicher Motor für Bürgerbeteiligung sowie Natur- und Umweltschutz. Danke Harald Vauk für deinen Einsatz in Leipzig und Sachsen. Recherche, Verbreitung von Information, Bürgerbegehren, politischer Netzwerker,… du hast Dinge in Bewegung gebracht und viele Menschen motiviert.

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