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Paradigmenwechsel in Reutte

Aus der Marktgemeinde soll nach zähem Ringen nun doch die Stadtgemeinde Reutte werden

Mit wohl kaum einem Thema beschäftigte man sich – mit Unterbrechungen – so lange in Reuttes Gemeinderat wie mit der Frage, ob man Marktgemeinde bleiben oder doch lieber Stadtgemeinde werden möchte.

Jetzt wurde die historische Entscheidung gefällt, der Antrag an die Tiroler Landesregierung zur Stadterhebung von Reutte wird gestellt. Reuttes Historiker Dr. Richard Lipp hatte mehrmals in Vorträgen darüber informiert, welche Kriterien Reutte für eine Stadterhebung erfüllt – zuletzt bei einer öffentlichen Gemeindeversammlung am 21. September und ausführlich in der letzten Ausgabe der Reuttener Gemeindezeitung.

Dass die ursprünglich für 16. November anberaumte Gemeinderatsitzung auf den 12. Oktober vorverlegt worden war, stieß der Liste Team Schimana rund um Vize-Bgm. Klaus Schimana sauer auf. Er stellte den Antrag, die Tagesordnung um einen Punkt zu erweitern, nämlich über eine Bevölkerungsbefragung zur Causa Stadterhebung abzustimmen.

„Eine Schnellentscheidung gefällt mir nicht. Eine Stadterhebung würde uns ja auch einiges kosten, daher soll die Bevölkerung mit ins Boot geholt werden“, so Schimana. Dass man kein Stadtverweigerer sei, wie GR Klaus Eberle (Team Schimana) mehrfach betonte, erschien ob der flehentlichen Bitten, für eine Bevölkerungsbefragung zu stimmen, kaum glaubhaft.

Ein klares Ja für eine Befragung gab es von der FPÖ, vertreten durch Ersatz-Gemeinderat Peter Hartmann: „Ohne Bevölkerungsbefragung gibt es von uns keine Zustimmung.“ GR Margit Dablander (Grüne) drängte auf eine Entscheidung. „Wir wurden gewählt, um zu entscheiden. Daher Deckel drauf, fix machen – und dann ist Ruhe. Wir waren 535 Jahre Marktgemeinde, werden wir jetzt Stadtgemeinde.“ Für sie geht es um Image und Außenwirkung.

Den gordischen Knoten zu lösen, mahnte schließlich Bgm. Günter Salchner ein: „Für eine Bevölkerungsbefragung sind 13 Ja-Stimmen notwendig.“ Die Handzeichen sprachen anders: Mit elf Nein- und 8 Ja-Stimmen wurde entschieden, von einer Bevölkerungsbefragung abzusehen. REUTTE WIRD STADT.

Bevor man dann über die Antragstellung zur Stadterhebung an den Tiroler Landtag abstimmte, erinnerte Bgm. Salchner in einem kurzen Abriss an die Historie der Debatte. 1989 feierte Reutte das 500-jährige Jubiläum der Markterhebung. Das Thema Stadt beschäftigte den Gemeinderat. Unter dem damals amtierenden Bürgermeister Siegfried Singer bekannte man sich mehrheitlich dazu, Markt bleiben zu wollen.

Singers Amtsnachfolger, Bgm. Helmut Wiesenegg, konnte sich 1998 eine Stadterhebung zur Jahrtausendwende gut vorstellen. Wieder blieb es aber bei der Marktgemeinde. 2019 lud dann Bgm. Luis Oberer den Historiker Dr. Richard Lipp ein, vor dem Gemeinderat zum Thema Stadterhebung Reutte zu referieren.

Die Endlosgeschichte fand abermals eine Fortsetzung – es änderte sich nichts. Im Wahljahr 2022 war die Frage Stadt – ja oder nein – kein (Wahlkampf)-Thema. Günter Salchner gewann die Wahl und fachte dann 2023 die Diskussion wieder an. Viele Argumente seien ausgetauscht und diskutiert worden. „Das könnte endlos weitergeführt werden. Einstimmigkeit werden wir nie erreichen, die Entscheidung sollten wir aber jetzt treffen. Denn die Zeit für Reuttes Aufwertung vom Markt zur Stadt ist gekommen.“

Dass man in seinem Team damit nicht einverstanden sei und sich daher der Stimmen enthalten werde, äußerte Vize-Bgm. Klaus Schimana. Wie die Abstimmung ausgehen würde, war damit schon vor den Handzeichen klar: 11 Ja-Stimmen (Bür- germeisterliste), eine Nein-Stimme (FPÖ), 7 Stimmenthaltungen (Team Schimana). Der Antrag wird nun gestellt – 2024 wird in Reutte wohl ein Jahr größerer Feierlichkeiten werden.

Text · Foto: Sabine Schretter

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