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Die Hydrotherapie hilft bei Schlafstörungen

Studie führt zu hochsignifikantem Ergebnis

„Quod erad demonstrandum.“ Nach rund fünf Jahren Studienarbeit steht nun endgültig fest, dass die Hydrotherapie nachweislich bei nicht-organischen Schlafstörungen hilft. Im Rahmen einer groß angelegten Interventionsstudie, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Kurortmedizin und Gesundheitsförderung sowie Füssen Tourismus und Marketing durchgeführt wurde, hat es das Team des Therapiezentrum Eggensberger in Hopfen am See geschafft, dies nun tatsächlich auch wissenschaftlich zu belegen.

„Wasser wirkt“, erklärt es Andreas Eggensberger in nur zwei Worten auf den Punkt gebracht. „Wir haben bei der Studie nicht nur das subjektive Empfinden von Schlafstörungen gemessen, sondern auch die objektiven Reaktionen auf das vegetative Nervensystem. Beide Parameter haben sich dabei enorm verbessert. Das Ergebnis ist nahezu eindeutig, oder wie man es in der Wissenschaft bezeichnet, hochsignifikant. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Ergebnisse Zufall sind, liegt bei unter fünf Prozent.“

Bereits mit einer ersten Vor-Studie hatte der Kneipp- und Physiotherapeut vor gut vier Jahren dieses nun auch endgültig vorliegende Ergebnis erzielt. Anschließend wurde eine weitere, noch größer angelegte Studie angesetzt, um die gewonnenen Ergebnisse zu festigen und deutlicher darzustellen.

14 Jahre unter Schlafstörungen

Um vergleichbare Werte zu gewinnen, wurden die Teilnehmer der Studie in zwei Gruppen getrennt. Die Probanden der sogenannten Interventionsgruppe führten dabei verschiedene morgen- und abendliche Güsse und Waschungen durch, über einen Zeitraum von insgesamt drei Monaten. Für die richtige Durchführung der Anwendungen wurden die Teilnehmer mit allen nötigen Unterlagen und Utensilien ausgestattet, wie etwa einem Kneipp´schen Gießrohr zum Anbau an den Brauseschlauch der eigenen Dusche sowie einem grob gewebten Leinen-Waschhandschuh für die Waschungen.

Die Teilnehmer der Wartegruppe verhielten sich dagegen abwartend ohne Anwendungen. Am Ende wurde deutlich sichtbar, dass die Werte und die damit verbundene schlechte Schlafqualität bei ihnen gleich blieben, während sich die Werte der Teilnehmer in der aktiven Gruppe mehr und mehr verbessert haben.

Insgesamt wurden für die Studie mit dem Titel „Entwicklung eines einwöchigen Lehrprogrammes im Kneipp-Kurort Hopfen am See zum Erlernen der wirksamen Selbstanwendung der Hydrotherapie bei nicht-organischen Schlafstörungen“ über 150 Probanden rekrutiert. In die Studie eingeschlossen wurden letztendlich 104 Frauen sowie 26 Männer, die allesamt seit durchschnittlich etwa vierzehn Jahren unter Schlafstörungen leiden.

Der wichtigste Messparameter der Studie war der Fragebogen „Pittsburgh Sleeping Quality Index – PSQI“, der auf einer Skala von 0-21 (0= keine Schlafstörungen, 21=maximale Schlafstörungen) jeweils vier Wochen rückwärts die Schlafqualität bewertet. Die Grafik zeigt die deutliche Verbesserung der beiden Interventionsgruppen, während die sogenannte Wartegruppe sogar eine dezente Verschlechterungstendenz aufzeigt.

Unterstützt wurde das Team von Andreas Eggensberger bei der Studie von Professor Dr. Christian Schumann, dem Leiter des Schlaflabors in Kempten sowie Professor Dr. Markus Jüster von der Hochschule Kempten.

Was das Ergebnis nun bedeutet

„Mit diesem Ergebnis streben wir jetzt als nächsten Schritt eine offizielle Kassenzulassung an“, sagt Andreas Eggensberger. „Im Prinzip kann dann auch jeder künftig davon profitieren. Ziel ist es dann, ein Angebot zu entwickeln, dass mit der Krankenkassenleistung abgedeckt wird. Die Hydrotherapie auf Rezept also. Damit kommt Sebastian Kneipp endlich aus der Nische raus, in der es nur um Abhärtung oder um ein Wohlgefühl geht. Er kann eben auch Medizin.“

Vor über 140 Jahren, 1886, erlangte Sebastian Kneipp mit der Veröffentlichung seiner Wassertherapie den Durchbruch, der ihm den Namen „Wasserdoktor“ einbrachte. Bäder, Teilbäder, Wickel und Güsse tragen das Konzept, welches auf gezielte Reize und deren Reaktionen setzt. „In den Leitlinien für Hausärzte ist die Kneipp Therapie nicht explizit aufgezählt. Das wird sich nun ändern. Ich freue mich sehr, dass das funktioniert hat.“

Das Ergebnis der Studie ist nun auch ein weiterer Meilenstein für das touristische Angebot der Lechstadt, die mit dem Thema „Gesunder Schlaf“ nach außen wirbt.

„Wir freuen uns sehr über den wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit der Hydrotherapie bei nicht-organisch bedingten Schlafstörungen“, sagt Füssens Tourismuschef Stefan Fredlmeier. „Das untersuchte Format mit dem Fokus auf Selbstanwendung ergänzt hervorragend die Füssener Kompaktkur zu Schlafstörungen, bei der alle fünf Kneipp‘schen Bausteine mit dem Schwerpunkt der Ordnungstherapie zur Wirkung gebracht werden. Das neue Angebot stärkt somit nochmals Füssens therapeutische Kompetenz zum Thema Schlafstörungen. Zu danken ist – neben dem Therapiezentrum Eggensberger – explizit dem Freistaat Bayern, der solche Studien maßgeblich fördert.“

Im Rahmen einer Informationsveranstaltung sollen die Ergebnisse der Interventionsstudie, die vom Freistaat Bayern gefördert wurde, am 22. November im Haus Hopfensee offiziell präsentiert und der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Text: Lars Peter Schwarz
Grafik: Andreas Eggensberger · Foto: Envato

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