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Ein Hauch von Japan in der Markthalle Füssen

Yoko Sugahara kommt aus Tokio. Vor 25 Jahren kam sie nach Füssen, um einen Sushi-Imbiss zu eröffnen. Eine Entscheidung, die sie bis heute nicht bereut, auch wenn es mit der Selbständigkeit damals nicht klappte. „Zwei Jahre führte ich gemeinsam mit einer Bekannten das Geschäft. Die Leute waren damals einfach nicht bereit für etwas Neues. Sushi gab es wohl in den Großstädten, aber nicht hier. Pizza, Döner & Co. hatten einen festen Platz auf den Speisekarten und wir dachten, wir könnten die Speisekarte etwas revolutionieren“, erzählt sie.

Ihre Mutter wurde damals krank, weil sie nicht begreifen konnte, dass ihre Tochter ihre akademische Laufbahn für einen Sushi-Imbiss aufgegeben hat, der zudem nicht den gewünschten Erfolg brachte. Yoko Sugahara hatte englische Literatur studiert, ihren Magister gemacht und Lehraufträge als Dozentin angenommen. „Damals schrieb ich gerade an meiner Doktorarbeit. Es ging um Shakespeare und die Frauen, die in seinen Stücken vorkamen. Ein Gender-Thema, das ich interessant fand, aber wahrscheinlich nicht interessant genug, um dabei zu bleiben“, lacht sie heute. Das war Anfang der 90-er Jahre. Heute sagt sie von sich selbst: „Ich habe mich noch nie als Akademikerin gesehen. So fühle ich mich wohl.“ Wohl fühlt sich die Japanerin auch mit Musik. Insbesondere dann, wenn sie Jazz und Ballett tanzt. Als kleines Kind begann sie mit sechs Jahren mit dem traditionellen japanischen Tanz. Tanzen ist für sie ein Ausgleich zum Alltag.

Aus der damaligen Selbständigkeit ist nichts geworden, dafür haben sich ihr viele neue Möglichkeiten und Wege erschlossen, die sie angenommen hat. Als eines Tages Gabriele Böhler vom „Fisch Geiger“ bei ihr anfragte, ob sie nicht Lust hätte, zwei Tage in der Woche Sushi zu machen, überlegte sie nicht lange und sagte zu. Jeden Mittwoch- und Donnerstagmittag gab es für die Kunden Sushi im Angebot. Die Arbeit und der Umgang mit den Kunden machte ihr Spaß, so dass aus den wenigen Arbeitsstunden mehr wurden. Das war vor 15 Jahren. Seit dem 1. Januar hat sie den Fischstand in der Markthalle übernommen. „Ich habe nicht daran gedacht, in die Selbständigkeit zu gehen. Dass sich gerade hier die Chance dafür geboten hat, darüber freue ich mich sehr“, so die vierfache Mutter. Was sich durch die Selbständigkeit ändern wird oder ändern könnte, schob sie ganz weit weg von sich. Positive Erfahrungen spornten sie an, trotz der Pandemie das Geschäft zu übernehmen. „Wir haben das große Glück, Stammkunden zu haben, die auch während des Lockdowns zum Einkaufen kamen“, erzählt sie. Gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, Geigenbauer und Musiker Oliver Radke, wird die 54-Jährige den Fischstand betreiben. „Es bleibt alles so, wie es ist und die Gäste und Kunden können sich auch weiterhin auf die gute Fisch-Geiger-Suppe freuen.“ Tatsächlich ist die Fischsuppe ein Markenzeichen des Fischstandes in der Markthalle, die Gäste von überall her anzieht. Serviert wird die Spezialität in einer großen Suppenschüssel mit Weißbrot. In Zukunft können sich die Gäste auch auf die japanische Delikatesse „Ramen“ freuen. Das ist eine Suppe mit speziellen frischen Weizennudeln die in einer würzigen Brühe zusammen mit Toppings wie Gemüse, Fleisch, Fisch und Eiern, serviert wird.

Yoko Sugahara ist mit Fisch und seiner vielfältigen Zubereitungsweise groß geworden. „Mein Opa war Koch bei der Marine. Von ihm habe ich viel gelernt. In Japan hat Fisch eine lange Tradition“, erzählt sie. Mit der Übernahme des Geschäftes haben die beiden nun viel zu tun. „Es gibt so viel Neues und Spannendes zu lernen. Es ist eine wunderbare Herausforderung“, erzählen sie. Als nächstes will sich die Unternehmerin bei ihren bereits bestehenden Kunden in der Hotellerie und Gastronomie persönlich vorstellen und neue Kunden akquirieren.

INFO:
Markthalle Füssen · Schrannengasse 12
Tel.: 01 76 / 96 35 12 38

Text · Fotos: Sabina Riegger

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