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Der Corona-Sommer: Eine wirtschaftliche Bilanz

Seit mehr als über einem halben Jahr nun bestimmen die Einschränkungen, die durch das Corona-Virus entstanden sind, das wirtschaftliche Geschehen im Land.

Gastronomen, Einzelhändler, Fitnessstudios, Hoteliers, Kinobetreiber und Freizeiteinrichtungen sahen sich einer völlig neuen Situation ausgesetzt. Ganz abgesehen von Branchen, in denen es bis zum heutigen Tage keine Prognosen auf eine Besserung der Lage gibt, worunter besonders Event- und Konzertagenturen, Veranstalter und freie Künstler leiden. Wie hat die Wirtschaft in der Region die vergangenen Monate durchlebt, welche Erfahrungen wurden gemacht und was erwarten sie sich von den nächsten Monaten?

Die zwei Seiten des Einzelhandels

Wie unterschiedlich die Auswirkungen der Corona-Krise im Einzelhandel ausgefallen sind, zeigt sich unter anderem am Beispiel von zwei örtlichen Geschäften aus dem Bereich Mode und Sport. Während man in Armins Sporthäusle in Schwangau auf einen insgesamt recht guten Sommer zurückblicken kann, steht Thorsten Krug, Inhaber von Krug Herrenmode in Hopfen am See, eher im Schatten. „Unsere Bilanz war spannend“, sagt Peter Keck, der sein Geschäft nach dem Lockdown Ende April wieder öffnen konnte. „Die Zeit danach und vor allem der Sommer waren sehr positiv für uns, denn bis jetzt konnten wir alles wieder aufholen, was wir im Frühjahr verloren haben. Die Nachfrage besonders an Produkten rund um den Berg- oder auch Tennissport war sehr groß.“ Auch Keck musste anfangs, wie nahezu alle anderen Firmen auch, seine Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken. Mittlerweile hat sich die Lage für ihn weitgehend wieder so gut wie normalisiert. Dennoch sieht er den Ausblick auf das bevorstehende Wintergeschäft eher skeptisch. „Sollten die Schneeverhältnisse passen, werden meiner Prognose nach Sportartikel aus dem Skitouren- und Langlaufbereich gut funktionieren. Der Skibetrieb hängt schließlich davon ab, wie viele Skigebiete öffnen werden. Alles Weitere wird sich zeigen, ich bin aber sehr positiv eingestellt.“

Im Vergleich zum Bedarf an diversen Sportartikeln und Ausrüstungen war die Nachfrage nach guter und eleganter Herrenbekleidung in den letzten Monaten allerdings noch weniger, als gering. „Wann hat „Mann“ in den letzten Wochen Gelegenheit gehabt, etwas Feines anzuziehen, fragt Thorsten Krug. „Die ersten Wochen nach der Wiederöffnung waren für uns auch völlig belanglos, ob wir hier waren, oder nicht. Daran hat sich seitdem auch nicht viel geändert. Es findet schließlich bis heute auch kein gesellschaftliches Leben statt. Es gibt also auch keine Anlässe für besondere Kleidung, keine Feierlichkeiten, keine Hochzeiten oder Theaterbesuche.“ So sieht Krug auch für das anstehende Weihnachts- und Wintergeschäft keine großen Veränderungen im Betrieb. „Die Umsätze werden im Vergleich zu den Vorjahren verheerend sein, kein Zweifel.“

Längere Verweildauer der Gäste

Unterschiedliche Erfahrungen mit dem durch Corona eingeschränkten Geschäft haben auch die Hoteliers und Gastronomen in der Region gemacht, was vor allem an der jeweiligen Anzahl der verfügbaren Plätze in den Restaurants oder der erlaubten Belegung von Zimmern gelegen hatte. „Wir waren in Füssen gesegnet mit einer sehr hohen Nachfrage nach touristischen Übernachtungen“, berichtet Florian Pfeiffer, Inhaber des „Hotel Hechten“ in Füssen. „Die 2,5 Monate von März bis Ende Mai sind natürlich verloren und nicht mehr aufholbar.“ Zwar hätte das Haus nach dem Wiederhochfahren fast durchgehend mehrfach belegt werden können, aufgrund der eigenen Schutz- und Hygienekonzepte sowie der Abstandsgebote, speziell auch beim Frühstück, mussten allerdings frühzeitig Buchungsstopps gesetzt werden, so dass bei weitem nicht alle Kapazitäten ausgeschöpft werden konnten. „So mussten wir trotz eigentlich vorhandener Verfügbarkeiten sehr vielen Interessenten absagen, was auch wirtschaftlich durch Umsatzrückgänge im zweistelligen Bereich nach der Wiedereröffnung sehr weh tat und noch tut, aber aus unserer Sicht das einzig verantwortungsvolle Vorgehen war.“

Positiv hervorzuheben sei aber dagegen die gestiegene Verweildauer der Gäste. So gab es dieses Jahr einen starken Trend zu längeren Aufenthalten. “Viel schwerer hat uns die Krise jedoch im gastronomischen Bereich getroffen“, ergänzt Pfeiffer. „Die Einschränkungen durch die Schutz- und Hygienekonzepte bzw. die Abstandsgebote waren hier baulich bedingt noch viel massiver, hier fielen und fallen über ein Drittel der Kapazitäten weg. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist derzeit eigentlich nicht möglich, zumal mit dem Mehraufwand durch Einlassbegrenzung und Dokumentationen. So mussten wir die Öffnungszeiten bereits auf die Stoßzeiten verringern, um die Verluste möglichst gering zu halten. Das Fehlen von Möglichkeiten für eine Außengastronomie verschärfte die prekäre Lage noch weiter.“

Das Hotel „Weinbauer“ in Schwangau verfügt immerhin über einige Sitzplätze im Außenbereich, trotzdem haben auch hier die erlaubten Belegungszahlen für erhebliche Verluste gesorgt. „Nach wie vor dürfen wir nur die Hälfte unserer insgesamt 160 Plätze belegen“, sagt Heiko Egger, Chef des Wirtshaus im „Weinbauer“. „Die 80 Plätze im Außenbereich werden jetzt im Winter allerdings wegfallen, Anfragen für Weihnachten und Silvester gibt es wenige. Es wird wohl mager, wir werden uns überraschen lassen und hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen.“ Diese Hoffnung gibt auch Florian Pfeiffer vom „Hechten“ nicht auf. „Es ist sehr stark zu befürchten, dass die eigentliche wirtschaftliche Krise für die Hotellerie und Gastronomie sogar erst in den kommenden Monaten so richtig beginnt. Drücken wir uns allen die Daumen.“

Veränderung der Gästestruktur

Einen extremen Rückgang der Übernachtungen von teils über 90 Prozent verzeichneten die Touristiker der Region bis einschließlich Mai. Auch der Monat Juni verlief als erster Monat nach dem Corona-bedingten Shutdown noch mit einem Minus von über 20 Prozent. „Im Juli näherten wir uns bei spürbarer Erholung dann der Situation dem Vorjahresniveau, das im August sogar leicht übertroffen wurde“, so Füssens Tourismuschef Stefan Fredlmeier. Wie in Füssen konnte auch die Gemeinde Pfronten im Juli und August sogar einen Zuwachs feststellen. „Hier haben wir die Ergebnisse aus dem Vorjahr übertroffen“, so Jan Schubert, Leiter Ortsentwicklung in Pfronten. „Deutlich erkennbar ist auch eine veränderte Gästestruktur“, sagt Fredlmeier. „Hier lag der Schwerpunkt auf Gästen aus dem Inland und dem nahen Ausland, während Überseegäste und Gruppen fast komplett ausfielen.“

So werden durch die immer noch ungewissen Aussichten auch die Erwartungen bezüglich der anstehenden Wintersaison dementsprechend gedämpft, obwohl gerade das Allgäu von dem Corona-bedingten innerdeutschen Reiseboom profitiert. „Selbst wenn ein zweiter kompletter Shutdown bei steigenden Infektionszahlen von vielen Experten eher ausgeschlossen wird, reichen schon lokale oder regionale Einschränkungen, um die dünner gewordene wirtschaftliche Substanz der Tourismuswirtschaft nochmals massiv anzukratzen“, warnt Stefan Fredlmeier. „Sollte unsere Corona-Situation stabil bleiben, dürfte auch die Nachfrage gut bleiben, was hoffentlich auch den Gastgebern zugute kommt, die sich entschieden haben, auf Betriebsferien, zum Beispiel im November, zu verzichten.“ Deutschland habe sich bisher als sehr sicheres Urlaubsland „gezeigt und bewährt“, so Fredlmeier. „Wenn diese Sicherheit auch weiterhin gehalten werden kann, dürfte sich dies sehr positiv auf die Reiseentscheidung des deutschen Gastes und auch weiterer Märkte für die nächste Zeit auswirken.“

Text: Lars Peter Schwarz · Fotos: rie, TI Pfronten, TI Füssen

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