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„Es war die richtige Entscheidung“

Seit einem Jahr ist Stefan Fredlmeier Tourismus-Chef in Füssen

 Füssen.    Füssen hat gesucht und es scheint so, dass die Stadt dieses Mal Glück bei der Wahl ihres Tourismusdirektors hat. Seit einem Jahr ist Stefan Fredlmeier Tourismus-Chef in Füssen und kaum wie ein anderer Tourismusdirektor zuvor, hält er die Balance zwischen Hoteliers, Einzelhandel und Verwaltung. Er will Füssen auf dem großen Tourismusmarkt etablieren. Füssen aktuell traf sich mit dem 45-jährigen und seiner Frau Christa Fredlmeier zum Gespräch.

Sie sind seit einem Jahr in Füssen. Wie fühlen Sie sich? Großartig! Ich bin sehr gerne hier. Es war die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Ich kann mir nichts anderes vorstellen.

Als Sie den Job als Tourismusdirektor hier annahmen, gab es viele Baustellen, wie Sie es kürzlich nannten. Wie sieht das Resümee nach einem Jahr aus? Ich glaube, dass wir viele Dinge auf pragmatischer Weise gelöst haben, die anfangs sehr schwer schienen, wie zum Beispiel die Kurtaxe, der Informator an der Morisse, die Touristinformation in Hopfen. Die Zusammenarbeit hat sich mit den Akteuren sehr verbessert. Sie ist konstruktiv und kooperativ, dadurch wurden viele Altlasten abgebaut. Wenn mir etwas noch im Magen liegt, dann ist es definitiv die Königskarte.

Warum gerade die Königskarte? Bei der Masse an Vermietern ist die Botschaft noch nicht angekommen, dass sie dem Gast einen Nutzen bringt und dem Gastgeber die Möglichkeit gibt, bessere Geschäfte zu machen. Trotz der positiven Erfahrungen der Gastgeber und Begeisterung der Gäste ist hier der Knoten noch nicht geplatzt. Das wird sicherlich noch eine Zeit dauern. Ich sehe, dass es eine positive Entwicklung gibt, aber sie dauert länger als ich mir das vorgestellt habe.

Was haben Sie während diesem einen Jahr verändert oder umstrukturiert? Wir haben personelle Veränderungen vorgenommen auf der Grundlage der Verschiebung oder auch Intensivierung in verschiedenen Bereichen. Wir haben eine neue Stabstelle für Informations- und Kommunikatonstechnologie geschaffen, die mit dem bisherigen Veranstaltungsmanager Philipp Hoffmann intern besetzt wurde. Seine Stelle übernahm als Neuzugang Yvonne Strobel. Die Arbeit mit den Produktmanagern wurde intensiviert.

Können Sie diese Intensivierung im Produktbereich konkretisieren? Es geht darum, wie wir Füssen touristisch definieren und was wir tun müssen, um beispielsweise die Prädikate zu halten und unser Profil zu schärfen. Zum Beispiel: Hopfen am See begleiten wir auf dem Weg vom Kneippkurort zum Kneippheilbad. In Weißensee müssen wir eine grundsätzliche Diskussion führen, ob es um den Familientourismus geht und ob die Infrastruktur das hergibt oder ob die Grundausrichtung sich verändern muss. Wir haben diesbezüglich schon Analysen gemacht. Bei der nächsten Sitzung werden wir das vorstellen und gemeinsam mit den Gastgebern einen Beschluss fassen. Bad Faulenbach – dort gibt es eine Verkehrsproblematik, die bei der Entwicklungsdiskussion ausgeklammert werden muss, um den Prozess nicht komplett zu lähmen. Bad Faulenbach ist ein Mineral- und Moorheilbad und ein Kneippkurort. Die Frage ist wie man diese Prädikate und wie man die Heilmittel nutzt? Sie müssen so entwickelt werden, dass man wieder leicht erkennbar und nachweislich zu den kompetentesten Gesundheitsanbietern gehört. In Füssen Stadt haben wir organisatorische und strukturelle Aufgaben vor uns. Weil alles so organisiert werden muss, dass Veranstaltungen und Ziele gemeinsam definiert und nicht bei jeder Aktivität immer wieder jeder Einzelne angesprochen und begeistert werden muss. Hier geht es vor allem um die Einbindung und Integration der Gastronomie. Bisher ist es noch nicht möglich, sie als Organisation anzusprechen. Anders als bei den Geschäften und Gewerbetreibenden, die zum großen Teil in der Werbegemeinschaft organisiert sind, was uns die Ansprache und Zusammenarbeit enorm erleichtert.

Sie haben über die Produktpalette Füssens gesprochen. Was beinhaltet dann der Slogan „Füssen, die romantische Seele Bayerns“? Er drückt das Lebensgefühl aus, dass sich an den Angeboten widerspiegeln soll. Egal ob im sportlichen, gesundheitlichen oder kulturellen Bereich. Es soll dem Urlauber die Möglichkeit geben, die Stadt genussvoll zu erleben.

Der eine oder andere sieht Füssen als eine „Fressmeile“ an. Wie stehen Sie dazu?
Ein Tourismusdirektor strebt immer nach den kulinarischen Highlights und will die regionale Küche fördern, weil Gäste die Allgäuer Küche suchen. Dabei geht es elementar darum, die regionalen Wirtschaftskreisläufe zu fördern und beim Gast immer den Eindruck zu erwecken, dass mit regionaler Küche hohe Qualität verbunden ist.

In letzter Zeit gab es immer wieder Diskussionen, welche Aufgabenfelder Füssen Tourismus und Marketing (FTM) finanziell abdecken muss. Wie soll das in Zukunft geregelt werden? Wir werden für den Haushalt 2011 klar festlegen, was die Aufgabe von FTM und was die der Stadt ist, so dass das ewige Feilschen um die Kosten ein Ende hat.

Über welches Budget verfügt FTM?
Die Einnahmesituation ist klar. Wir verfügen über ein Budget von zwei Millionen Euro, das sich aus Kurtaxe, anteiliger Fremdenverkehrsabgabe und Eigeneinnahmen, zum Beispiel durch Ticketing oder den Verkauf von Werbeartikeln, Wanderkarten und mehr zusammen setzt. Mit diesem Geld finanzieren wir das Marketing, die Infrastruktur, die Sachkosten und natürlich auch die Mitarbeiterkosten.

Was bleibt dann tatsächlich für das Marketing übrig? Für einen Ort, der international tätig ist und viele Märkte bedienen muss, sind 300.000 bis 400.000 Euro nicht viel. Denn so viel bleibt uns übrig. Das bedeutet, wir müssen Prioritäten setzen und gerade jetzt im Zuge des Allgäuprozesses auch elementare Umschichtungen durchsetzen. Wir finanzieren keinen Luxus. Füssen ist der einzige Ort im Allgäu, der in allen fünf sogenannten touristischen Geschäftsfeldern dabei ist. Keiner ist so facettenreich aufgestellt wie Füssen. Wir bearbeiten die Geschäftsfelder Wandern, Gesundheit, Winter sowie Rad und Kultur. Rad ist ein Boomthema. Es hat ein sehr hohes Potential im Ostallgäu, ähnlich stark anzusetzen wie das Wandern.

Kann man mit diesem Geld arbeiten? Für einen Touristiker wird es niemals ausreichend Geld geben. Aber wenn wir die verfügbaren Mittel vernünftig einsetzen und uns der unterschiedlichen Dachmarken und Kooperationen bedienen, kann man damit gut arbeiten.

Bislang kam immer wieder die Forderung nach einem Fünf-Sterne-Hotel. Braucht Füssen das wirklich? Als Flaggschiff wäre es sicher kein Schaden. Es würde zu keiner Verdrängung führen, sondern zu zusätzlichen Übernachtungen. Zielsetzung muss es sein, dass das Volumen des Tourismus‘ größer wird und alle ein gutes Auskommen haben. Für Füssen ist es so, dass wir augenblicklich über sehr gute und aktive Vier-Sterne-Häuser verfügen und damit weitestgehend die Touristen befriedigen können.

Was fehlt dann tatsächlich in Füssen?
Wo wir eine Schwäche haben, ist der Bereich der klassifizierten regional-typischen Häuser bei denen jeder sagt: „Ja das ist das Allgäu.“ Wir brauchen mehr Landhotels und Berggasthöfe.

Füssen soll eine Wanderdestination werden. Ihre Frau ist im Wandertourismus tätig. Hat das was damit zu tun? Nein. Ich beschäftigte mich selbst seit 1998 intensiv mit diesem Thema. Stationen dabei waren unter anderem, natürlich mit Partnern, die Schaffung eines 4.000 Kilometer umfassenden Wanderwegenetzes im Naturpark Frankenwald. Aktivitäten zur Zertifizierung von vier überregional bedeutenden Fernwanderwegen und das Engagement bei der Gründung der Top Trailes of Germany als bedeutendste Marketingkooperation im deutschen Wandertourismus.
Die Entscheidung, dass Füssen das Potential hat, als Portalort im Allgäuer Wanderwege-Konzept eine herausragende Bedeutung zu gewinnen, hat daher nichts mit privaten Beziehungen zu tun, sondern mit einer Analyse des Potentials und einer fundierten Entscheidung. Die im Übrigen mit sehr vielen und sehr erfahrenen Partnern vor Ort ausgiebig diskutiert wurde. Nichtsdestotrotz ist es inspirierend und mit Sicherheit für Füssen von Nutzen, alle Impulse die von Allgäu Marketing und deren Vertreterin, meiner Frau, kommen, mit zu berücksichtigen und für die Entwicklung des Wandertourismus‘ für Füssen zu nutzen.

Frau Fredlmeier, Sie sind die Projektleiterin der Allgäuer Wandertrilogie. Ihr Mann ist hier Tourismusdirektor und Füssen ihr Partner in dem Projekt. Ist das für Sie eine ungewohnte Situation? Christa Fredlmeier: Also für mich war es eine gewohnte Situation, weil wir schon in der Vergangenheit gemeinsame Projekte bestritten haben und da auch gemeinsam aufgetreten sind. Da hat keiner Probleme damit gehabt, dass wir auch privat ein Paar sind. Wir haben durchaus dazu beigetragen, dass der Thüringer- und Frankenwald zusammenwächsen. Aber es wäre sicher ähnlich produktiv gewesen, wenn wir kein Paar gewesen wären.

Es wird mit Sicherheit die Frage auftauchen, ob Sie Füssen, eben durch die Verbindung zu Ihrem Mann, bevorzugt behandeln werden? Ch. F.: Mit Sicherheit nicht, dies wäre unprofessionell. Mir geht es um die Sache und um das Produkt das entwickelt wird. Ich bevorzuge hier keinen und dementsprechend auch nicht Füssen. Es sind alles Partner eines Verbundprojektes, dass nur gemeinsam ohne Bevorzugung einzelner Partner umgesetzt werden kann. Ich habe immer überregional gearbeitet. Ich denke immer im Sinne des Projektes.
S. F.: Füssen wird durch unsere private Beziehung weder Vor- noch Nachteile haben. Wenn eine andere, ähnlich kompetente Person wie meine Frau das Wanderprojekt voran treiben würde, würde es zu einem gleichen Ergebnis führen.

Wie empfinden Sie Füssen?
Ch. F.: Ich bin seit einem halben Jahr hier und genieße es sehr. Ich mag die Stadt und das Allgäu. Ich lerne wahnsinnig viel, nicht nur über die Region, sondern auch von den Partnern. Durch das Projekt lerne ich das Allgäu intensiv kennen, es macht sehr viel Spaß und ich freue mich, dass ich in solch einer traumhaften Region arbeiten kann.

Vielen Dank für das Gespräch.
Wir danken für Ihr Interesse.
Das Interview führte Sabina Riegger

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