Menschen

„Ich bin ein dankbarer Mensch geworden“

Kleine Ziele mit großer Wirkung

Stockach/Lechtal.    Doreen ist ein Wirbelwind, eine kleine Entdeckerin, die ihre Umwelt ganz genau beobachtet. Ihre kleinen Hände wollen ertasten, fühlen und spüren. Dann, wenn sie etwas fasziniert, lacht sie fröhlich. Es ist die Unbeschwertheit eines kleinen Kindes. Maritta Moosbrugger nennt sie „mein kleiner Sonnenschein“. Sie sagt: „Meine Tochter hat aus mir einen zufriedenen und dankbaren Menschen gemacht. Sie hat mir beigebracht, das Leben zu leben. Davor kannte ich es so nicht.“ Die 25-jährige Mutter war nach der Entbindung Doreens glücklich, erleichtert und traurig zugleich. „Dieses Gefühl kann man gar nicht beschreiben. Als sie mich mit ihren großen Augen ansah, war ich zutiefst berührt und wusste zugleich: Ich habe ein behindertes Kind zur Welt gebracht.“ Doreen hat Trisomie 21.

Als Maritta Moosbrugger mit 20 Jahren schwanger wurde, dachte sie nicht im Entferntesten daran, dass sie vielleicht ein behindertes Kind zur Welt bringen würde. Es gab ja keine Anzeichen dafür, außer dass die Ärzte meinten, sie bekäme ein kleines, zierliches Baby. Doreen ist mittlerweile fast vier Jahre alt. Sie ist zierlich, aber sehr aufgeweckt und neugierig. Für die junge Mutter ist nicht die Tatsache, dass Doreen behindert ist, schlimm. Vielmehr der Papierkrieg, den sie ständig mit den Behörden hat. Für alles gibt es einen Antrag, ob nun für Medikamentenbefreiung oder Windeln. Für beides bekam Maritta Moosbrugger eine Ablehnung. Sie bekommt keine Windeln, weil man sagt, „normale“ Kinder tragen mit vier Jahren auch noch welche. Und eine Medikamentenbefreiung kommt nicht in Frage, weil die alleinerziehende Mutter freiwillig sozialversichert ist und deswegen keinen Anspruch darauf hat.

Viel Geld hat die kleine Familie nicht, es reicht gerade so zum Leben. Klagen will die gelernte Einzelhandelskauffrau jedoch nicht. „Ich habe das Glück, dass ich Doreen habe. Das gibt mir viel Kraft und Mut“, so die junge Mutter. Nicht immer ist Maritta Moosbrugger, die aus Stockach kommt, so optimistisch. Auch sie hat manchmal ihre Tiefs. Dann hadert sie mit ihrem Schicksal, allerdings nur kurz. „Doreen ist so sensibel. Sie spürt es wenn ich traurig bin, dann tröstet sie mich. Normalerweise müsste ich sie trösten“, erzählt Maritta Moosbrugger. Unterstützung findet die 25-Jährige bei ihrer Familie. Oftmals verbringt sie das Wochenende bei ihren Eltern in Stockach, im Lechtal. Jedes Wochenende wäre nicht möglich, weil Doreen einen geregelten Tagesablauf braucht. Diese Regelmäßigkeit und die Rituale geben ihr ein gewisses Maß an Sicherheit. Jeden Morgen zum Beispiel stehen Mutter und Tochter um halb sieben auf. Es wird gefrühstückt, Therapieübungen werden gemacht, sich angezogen und dann geht es in den Kindergarten zu den „Wühlmäusen“. Schwimmen, Spazierengehen oder auch Radfahren stehen dann am Nachmittag auf dem Programm. Der Abend ist für Doreen sehr wichtig. Er beginnt bereits um fünf Uhr. Essen, Baden, Übungen und eine Kuschelstunde, bevor es dann ins Bett geht, gehören zum abendlichen Ablauf, der auch nicht verändert werden darf. Hält sich Maritta Moosbrugger nicht daran, kommt die heile Welt von Doreen ins Schwanken. Schreien ist dann der einzige Weg, um auf ihre Angst aufmerksam zu machen.

Eine richtige Unterhaltung ist mit Doreen noch nicht möglich. Mutter und Tochter kommunizieren miteinander mit der GUK-Sprache (Gebärden unterstützte Sprache). Damit kann sich Doreen leichter mitteilen und ihre Bedürfnisse und Emotionen äußern beziehungsweise zeigen. Irgendwann wird sie auch sprechen können, weiß Maritta Moosbrugger: „Wir haben mit den Logopädiestunden angefangen. Das wird Doreen sicher weiter helfen.“
Maritta Moosbrugger hat viele kleine Ziele, die sie gemeinsam mit Doreen erreichen will: Ihre Tochter soll Sprechen und Fahrradfahren lernen. „Wenn wir das geschafft haben, dann kriegen wir auch das Skifahren hin. Ich habe von meiner Therapeutin gelernt, dass ich mir immer nur kleine Ziele setzen soll. Wenn man sie erreicht hat, dann freut man sich und kann dann das nächste Ziel verfolgen.“

Delphintherapie
Wenn Maritta Moosbrugger es möglich machen könnte, würde sie mit ihrer Tochter eine Delphintherapie machen, weil besonders Down-Syndrom-Kinder gut auf Interaktion mit Delphinen reagieren. Ihre Recherchen ergaben, dass es in der Türkei, Marmaris, ein Delphintherapiezentrum gibt. Finanziell kann sie das alleine nicht stemmen, denn ein Aufenthalt kostet etwa 6000 Euro.  Doch wer weiß, vielleicht wird dieser Wunsch wahr mit Ihrer Hilfe. Wenn Sie Maritta und Doreen Moosbrugger helfen möchten, ob nun durch Informationen oder persönlicher Erfahrung, dann nehmen Sie bitte mit der Redaktion Kontakt auf.  

Trisomie 21
Jährlich werden in Österreich zwischen 100 und 120 Kinder mit Down-Syndrom geboren. In Deutschland kommen jährlich etwa 1.200 Säuglinge mit Down-Syndrom zur Welt.  Weltweit sind es um die vier Millionen.
Im Kern jeder menschlichen Zelle befinden sich 46 Chromosomen, zusammengefasst zu 23 Paaren. Bei Menschen mit Down-Syndrom jedoch ist das anders. Sie haben ein Chromosom zu viel, denn das Chromosom Nr. 21 liegt dreifach vor, daher spricht man auch von Trisomie 21. Es handelt sich dabei sowohl um körperliche als auch um geistige Abweichungen. Doch vor allem dieses geistige Potential ist lange unterschätzt worden, denn gibt man ihnen die Chance sich zu entfalten, zeigen Kinder mit Down-Syndrom, dass sie erstaunlich lernfähig sind.
 

Text/Bilder: rie

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