Kolumne

Nicht aufschieben

Da gab es diese Dokumentation über Uruguay. Mit jeder Minute, die ich mehr über Land und Leute sah, war ich Feuer und Flamme, sofort meine Taschen zu packen, um dorthin auszuwandern. 

Ich besorgte mir ein Buch über Uruguay. Ein Buch, das alles Wichtige Zeile für Zeile beschrieb. Ich fing an, die Kapitel zu studieren und arbeitete mich vom Gesundheitssystem, über die Steuerpolitik bis hin zum Klima durch. Ich sah mich schon mit meinem großen Rucksack auf den Schultern und dem Buch unter meinen Arm auf den Flug in mein vermeintlich größtes Abenteuer warten. 

Damals war ich bereit für dieses Abenteuer. Ich war hoffnungslos romantisch. Vielleicht auch ein bisschen naiv. Aber ich denke, auf eine sympathische  Art. Ich war nicht zu leichtgläubig. Aber ich hatte meine rosarote Brille auf, mit der ich mich unverwundbar fühlte. Ich hatte keine Angst vor dem  “Was passiert, wenn…” .

Heute ist das anders. 

Inzwischen habe ich dazugelernt. Zum einen, dass die Frage “Was, wenn…?” ihre Berechtigung hat. Aber ich habe auch gelernt- und lerne es noch immer- der eigenen Intuition zu vertrauen und dem Bauchgefühl den nötigen Raum zu geben, um von äußeren Einflüssen und Stimmen nicht übertönt zu werden. 

Ich mache es kurz: Ich versuche, mich in meinen Vorhaben nicht beeinflussen zu lassen und mich auch nicht mehr von Ängsten bremsen zu lassen. Und das ist nicht einfach. Ehrlich gesagt ist das sogar ziemlich schwer. Vor einigen Jahren habe ich eine wunderbare Frau kennengelernt. Sie wird bald 90 und hat das Leben in all seinen Facetten kennengelernt und gelebt. 

Wir waren wieder gemeinsam spazieren. Unsere Nasen waren von der Kälte draußen schon ganz rot. Aber die Sonne schien und trieb uns an, weiter zu laufen. Dieses Mal gab sie mir etwas Bleibendes mit, als sie sich an ihrer Gehhilfe festhielt, mich anlächelte und sagte: “Mein Schatz, du musst die Ärmel hochkrempeln und dir holen, was du dir wünschst, und zwar jetzt, nicht später.”

 Ich nahm ihren Rat sehr ernst. 

Inzwischen bin ich seit über einem Jahr selbstständig. Ich hatte Angst vor diesem Schritt und mir gingen viele Gedanken durch den Kopf. Aber ich habe die Ärmel hochgekrempelt. Und das sind sie noch immer. Außerdem habe ich jetzt auch noch eine Liste. Manche würden es eine Bucket-List nennen, ich nenne sie die “Nicht-aufschieben-Liste!”. Vor allem anderen steht folgendes ganz oben drauf:

Mutausbruch, jetzt!

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