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Flechten

Tolle Heilmittel aus der Natur

Flechten? Doch, Sie kennen sie garantiert alle, besonders durch ein sehr bekanntes Produkt zum Lutschen aus dem Isländisch Moos, das es schon seit vielen Jahrzehnten zur Linderung bei Heiserkeit, Halsbeschwerden und Hustenreiz, aber auch gegen Mundtrockenheit vielfältiger Art gibt, z.B. durch die Einnahme bestimmter Medikamente. Aber was sind eigentlich Flechten? Sie sind eine sehr interessante sogenannte „Symbiose“, das bedeutet eine Lebensgemeinschaft zu gegenseitigem Nutzen, zwischen einem Pilz und einer Alge.

Namensgebend ist für die Flechte meist der Pilz, da er die Form und Struktur der Flechte bestimmt. Wie diese beiden sich wohl zusammen gefunden haben, um sich gegenseitig das Leben zu erleichtern, liegt nun wirklich in sehr grauer Vorzeit. Wissenschaftler konnten zwar nur sehr wenige fossile Überreste finden, aber vermutlich besiedelten Flechten die Erde bereits seit Ende des Präkambriums, also sprich vor rund 600 Millionen Jahren.

Möglicherweise besiedelten sie sogar noch vor den „normalen“ Pflanzen das Festland und haben sich bis heute erfolgreich durchgesetzt. Heute gibt es immer noch weltweit mehr als 25000 Arten, so sind z.B. in Österreich etwa 2800 heimisch. Tatsächlich geht die Entstehungsgeschichte nicht auf eine gemeinsame Stammart zurück, aber dieses Modell des Zusammenlebens hat sich wohl durch die ganzen Zeiten einfach super bewährt.

So, jetzt kommen wir wir mal im naturheilkundlichen Sinne zu den zwei „Superstars“ aus dem Bereich der Flechten, nämlich dem Isländisch Moos und der Bartflechte.

Isländisch Moos (Lichen islandica) gehört zur Gruppe der sog. Schüsselflechten. Der Name „Islandica“ verweist vermutlich auf die erste Benutzung als Heil- und Nahrungspflanze durch die Isländer. Rentiere können übrigens nur durch die Abweidung von Flechten den harten Winter überleben – mit ihren Hufen graben sie diese aus, damit sie etwas zu fressen haben.

Die Verwendung als Heilpflanze hat doch eine erstaunlich lange Tradition: Bereits seit dem Altertum verwendeten die Chinesen und Ägypter Flechten als Heilpflanzen. Und, wie bereits oben schon erwähnt, setzten die Isländer als erste Europäer das „Isländisch Moos“ medizinisch ein.

Generationen von isländischen Frauen sammelten es für den häuslichen Bedarf. Sie nannten es damals „Ffjällagrös“, übersetzbar etwa mit „Felsengras“. Erst später wurde seine Heilkraft in Mitteleuropa bekannt. Urban Hjärne (1641-1724), ein schwedischer Arzt und Naturforscher, führte erste chemische Untersuchungen durch und empfahl es als Arzneimittel.

Aber danach dauerte es nochmal gut 100 Jahre, bis es auf Empfehlung Carl von Linnés, des berühmten Botanikers, in den allgemeinen Gebrauch aufgenommen wurde. Daraufhin gehörte diese „Pflanze“ besonders zu Ende des 18. Jahrhunderts zu den wichtigsten Heilmitteln.

Wie können wir heutzutage das auch sogenannte Lungen- oder Fiebermoos (obwohl, wie Sie ja schon erfahren haben, gar kein Moos ist) verwenden? Die beste Methode ist einfach, daraus herstellte Pastillen zu lutschen. Der Hauptbestandteil sind die zwischen 50-70% enthaltenen Schleimstoffe, die besonders beruhigend sind und sich reizlindernd wie ein Schutzfilm auf die Schleimhäute, nicht nur im Rachenraum, sondern sogar in den Magen-Darm-Bereich legen.

Gerade im Halsbereich werden wir alle, besonders in der Herbst-Winter-Zeit, gerne mit Krankheitserregern bombardiert. Durch die Atemluft, aber auch durch das Zusammentreffen mit vielleicht nicht so ganz gesunden Mitmenschen werden unsere Abwehrkräfte jeden Tag aufs Neue herausgefordert. Kommen dann noch die trockene Heizungsluft oder andere negative Faktoren wie z.B. Smog oder Tabakrauch dazu, haben die Erreger ein sehr leichtes Spiel.

Die Folgen sind dann klar: Hals-und Rachen-Reizungen, trockener Husten und die überaus lästige Heiserkeit. Hier legen sich die wohltuenden Wirkstoffe wie eine Art Balsam über die geplagte Schleimhaut, beruhigen und regenerieren. Gerade die Stimmbänder profitieren im besonderen Maße davon, also daher auch ein ganz prima „Sängermittel“.

Aber es gibt noch andere, sehr interessante Inhaltsstoffe: Die sog. Cetrarsäure hat eine schwach antibiotische und tuberkulostatische Wirkung und die Usninsäure wirkt entzündungshemmend. Hier sind selbstverständlich wieder mal isländische Forscher an vorderster Front. Sie wiesen in den letzten Jahren bei Labortests sogar Aktivitäten gegen die Keime Helicobacter pylorus und Staphylococcus aureus nach, allein schon durch die immunstimulierende Wirkung. In dieser Richtung wird mit Sicherheit noch sehr viel Spannendes zu erwarten sein.

Jetzt kommen wir zum zweiten unserer „Flechten-Schätzchen“, nämlich der Bartflechte (Usnea barbata). Bevor es zu Verwirrungen kommt: Falls Sie im Internet unter dem Namen „Bartflechte“ suchen sollten, werden Sie mit Sicherheit auch auf eine Pilzerkrankung der behaarten Gesichtshaut des Mannes stoßen, die sich ebenfalls Bartflechte (Tinea barbae) nennt. Sie äußert sich mit teilweise großen, knotigen und entzündlich geschwollenen Hautveränderungen im Bartbereich, die sehr schmerzhaft sein können.

Das hat Gott sei Dank mit unserer „guten“ Bartflechte nichts zu tun, ganz im Gegenteil! Bartflechtenextrakt wird ähnlich wie das Isländisch Moos als Lutschpastillen bei Problemen des Hals-Rachen-Raumes eingesetzt. Hier wird gerne kombiniert mit Gummi arabicum aus Akazien und einem Birnensaft-Konzentrat als Süßungsmittel. Und, was natürlich ganz toll ist: Gut verträglich in der Schwangerschaft, denn das ist ja nicht immer ganz so einfach…

Aber wichtig: Das gilt nur für diese speziellen Lutschpastillen! Bartflechten werden eigentlich schon seit Menschengedenken als hochwirksame Heilmittel geschätzt. Soweit es meinem Kenntnisstand entspricht, waren sie sogar seit Tausenden von Jahren sehr bewährte „Wundauflagen“, aufgrund ihrer antibiotischen Wirkung. Also, Ötzi könnte diese Art der Behandlung durchaus schon gekannt haben.

Leider sind Produkte aus der Bartflechte sehr in Vergessenheit geraten – wie schade! Aber es gibt einen Schimmer am Horizont: Denn, je gravierender das Problem mit multiresistenten, sprich antibiotikaresistenten Keimen wird, desto eher könnten die Bartflechten eine Renaissance erleben, denn sie haben wirklich eine sehr starke Fähigkeit zur Behandlung von Infektionskrankheiten aller Art, sei es durch Bakterien, Pilze oder Viren.

Klar ist das alles noch Zukunftsmusik, aber ich finde es einfach super, dass Wissenschaftler sich die Mühe machen, da am Ball zu bleiben! Sogar in der Krebsmedizin sind die Bartflechten Hoffnungsträger, sie wären nicht die ersten, man denke nur an Eibe oder Mistel!

Wie schon gesagt, sind Bartflechten aufgrund der darin enthaltenen Usninsäure stark antibakteriell. Besonders gut ist die Wirkung eines daraus hergestellten Extraktes gegen Keime, die bei der Entstehung von Akne und unreiner Haut beteiligt sind. Des Weiteren konnte die anti-entzündliche Wirkung eines daraus zubereiteten Wundstreupulvers seit alters her nachgewiesen werden.

Dennoch gilt die Bartflechte als „Pflanze“ mit einem sehr geringen Reizpotential und ist deshalb für einen dermatologischen Einsatz besonders gut geeignet. Eine Bartflechten-Tinktur für den äußerlichen Gebrauch ist relativ leicht herzustellen: 2 TL getrocknete Bartflechte, zerkleinert oder pulverisiert (Aber bitte nichts den Rentieren wegnehmen!) mit 20 TL Wodka auffüllen. Ungefähr 2 Wochen durchziehen lassen.

Dann bei Bedarf abfiltrieren und in kleine Flaschen mit Pipette abfüllen. Verwendung: bei akuten Entzündungen im Mund- und Rachenraum, Reizhusten und Schluckbeschwerden wirkt diese Tinktur Beschwerden lindernd. Hierbei werden 20-50 Tropfen in ein Glas lauwarmes Wasser gegeben und damit mehrmals täglich gegurgelt oder der Mund ausgespült. In eine Sprühflasche abgefüllt, verdünnt mit etwas Wasser dient sie als ein hervorragendes Desinfektionsmittel.

Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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