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Hohenschwangau – eine Reise in die Vergangenheit

Unbestreitbar ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftszweig im Schwangauer Land. Jährlich reisen tausende Besucher nach Füssen, Schwangau, Hohenschschwangau und Umgebung. Die Königsschlösser, gelegen in einer einmaligen Alpenkulisse, sorgen schon bei der Anfahrt für begeistertes Staunen.

Grüne Wiesen, nicht selten schon im August verschneite Berge, glasklare Flüsse und azurblaue Seen sind hier sehnsuchtsgeladene Realität. Eine Reise in die, vermeintlich, heile Welt, die „Gute alte Zeit“, in scheinbar unberührter Natur, nur eine kurze Fahrt aus den Großstädten München, Stuttgart und Augsburg entfernt.

Selbst bei sommerlichem Dauerregen und in wolkenverhangenem Grau, besticht diese Landschaft noch durch ihre Schönheit und löst, weit über die Landesgrenze hinaus, Begeisterung aus.

Touristische Reisen in diese Gegend gab es allerdings schon, bevor auch die bayerischen Könige Maximilian II. und sein Sohn, der wohl berühmteste Wittelsbacher, König Ludwig II., diese Orte für sich entdeckten.

Der erste, nachweislich touristische, Reisende hier in der Region war der bayerische Gelehrte Franz de Paula von Schrank, der seine Reiseerlebnisse aus dem Jahr 1784 in den folgenden Jahren veröffentlichte. Er besuchte insbesondere Hohenschwangau vom 6. bis 14. Juli 1784 und reiste vor allem der Natur wegen an. Der promovierte Theologe und spätere erste Direktor des Münchener Botanischen Gartens lehrte an der Universität Ingolstadt, später in Landshut Kameralwissenschaft. Kern seiner Lehrtätigkeit waren insbesondere Naturgeschichte, Landwirtschaft, Bergbau und Forstwirtschaft.

Bei seinem Aufenthalt in Hohenschwangau untersuchte er vor allem Flora und Fauna, interessierte sich aber auch für die hiesigen Berge und deren geologische Zusammensetzung. Aus seinen Aufzeichnungen geht aber auch hervor, dass es Besuchern wohl schon immer etwas schwerer fiel, die hiesige Mundart zu verstehen. In seinem Schreiben vom 14. November 1785 kommt er zu dem Urteil, dass die Sprache in der Gegend „… für einen Fremden unverständlich…“ ist.

Der für heutige Besucher obligatorische Besuch der Königsschlösser war für Schrank noch eine Besichtigung der Ruinen, der ehemaligen Ritterburgen Vorder- und Hinterhohenschwangau sowie Schwanstein, die er vor allem der schönen Aussicht wegen lobte. 1829 entdeckte dann der bayerische Kronprinz Maximilian, auf einer Fußwanderung, die Burgruine Schwanstein und ließ sie in den folgenden Jahren zum Schloss Hohenschwangau, als Jagd- und Sommerresidenz, wieder errichten.

Ab 1837 verbrachte die bayerische Königsfamilie jedes Jahr mehrere Wochen in Hohenschwangau. Gäste der Familie kamen zumeist nicht im Schloss, sondern im Ort Hohenschwangau, namentlich im „Hotel Alpenrose“ unter. Das Hotel, in dessen Räumlichkeiten sich heute das Museum der bayerischen Könige befindet, beherbergte beispielsweise das sächsische Königspaar.

102 Jahre nach dem ersten Touristen, berichtet dann ein anderer Reisender, der französische Fotograf Hugues Krafft aus Reims, von den Veränderungen, die der Ort Hohenschwangau bis dato erlebte. Krafft war einer der ersten ausländischen Besucher, der im September 1886, nach dem plötzlichen Tode König Ludwigs II. im Juni desselben Jahres, die für die Bevölkerung geöffneten Schlösser des Märchenkönigs besuchte.

Zu seiner Zeit einmalig, brachten seine sich durch eine hervorragende Beobachtungsgabe und detailverliebte Beschreibungen auszeichnenden Berichte diese einem breiten Publikum weit über die Landesgrenze hinaus nahe. Kraffts Reisefotografien und Berichte sind im Jahr 2009 durch den Historiker und König-Ludwig-II.-Biografen Marcus Spangenberg (M.A.) wiederentdeckt und im Jahr 2011 publiziert worden. Näheres hierzu können Sie am 7. September 2023 um 18 Uhr im Museum der bayerischen Könige bei Spangenbergs Vortrag „1886. Ein Franzose entdeckt Hohenschwangau, die Königsschlösser und Ludwig II.“ erfahren.

Text: Louise-H. Meinicke, Kulturvermittlerin im Museum der bayerischen Könige

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