KulturLeben

Robert Wilhelm – Das Leben ist analog

8. Juni bis 20. August 2023

Robert Wilhelm durchleuchtet in seinen speziell für die Ausstellung erschaffenen Werken die vielen Facetten der Digitalisierung sowie der zukünftigen Künstlichen Intelligenz. Mit Einflüssen aus dem Füssener Totentanz und der magischen Realität, stellt er uns vor Augen, dass Technologien und deren Anwendungen nicht nur unsere Sichtweise erweitern, sondern auch begrenzen.

Unabhängig von dem Wissen, dass unsere Daten durch Soziale Medien als kommerziell oder politisch nutzbare Informationen sorglos im Internet hinterlassen werden, befürchten Netzkritiker eine „paradoxe Welt der neuen digitalen Normalität“, die durch eine mittlerweile feste Implementation von digitalen Kleinstgeräten in jeder Nische unseres Alltags bedingt ist. Das Internet ist durchkommerzialisiert und die frühen kreativen Freiräume sind nur noch Experten vorbehalten. Die Digitalisierung ist mittlerweile in alle Bereiche unseres Lebens vorgedrungen. Daher werden die jüngsten und zukünftigen Entwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz intensiv diskutiert und es wird von Forschenden an Öffentlichkeit und Politik appelliert, diese Ergebnisse kritisch zu hinterfragen.

Wilhelm untersucht vor diesem Hintergrund in seinen großformatigen Arbeiten die Folgen unserer Abhängigkeit von digitalen Medien und einer scheinbar inneren Trägheit gegenüber ethischen Erwägungen. Im analogen Medium der Malerei wirft er zahlreiche Fragen auf: Wie gestaltet sich ein Alltag, in den digitale Kleinstgeräte bereits fest installiert sind? Welche Auswirkungen hat unsere ‚digitale Normalität‘ auf uns Menschen, unsere Beziehungen und unsere Umwelt? Was geht uns verloren, was gewinnen wir mit der Digitalisierung und welche Bedenken bestehen gegenüber der K. I.?

Seine Werke berühren diese Fragen in allegorischen Bildern, arbeiten sich jedoch auch an konkreten, alltagsbezogenen Wahrnehmungen ab: So haben die wie in einem Wolkenkuckucksheim sitzenden Kinder und Jugendliche in dem Gemälde Totalitäre Übergangszonen die Augen auf die Geräte in ihren Händen gerichtet. Sie sind sich der Konsequenzen ihres Medienkonsums nicht bewusst, obgleich ein gezielter Blick dazu ins Internet genügen würde. In einem anderen Werk, Am Brotmarkt, tragen Touristen VR-Brillen, wodurch es aussichtslos erscheint, dass sie sich von der Schönheit des Ortes – der Altstadt Füssens – bezaubern lassen. Gerade der Blick auf das Display, mit dem Neues erfahren werden und die Welt noch näher rücken soll, macht das Leben ereignislos, indem er die eigene Erfahrung verhindert.

In Wilhelms Arbeiten ist das analoge Dasein in vielen Facetten sichtbar und hier scheinbar sinnlich erfahrbar, indem er auf die Wirkung der Farben setzt: In dem Werk Das Panoptikum, dessen Titel auf die Bentham’sche Kontrolle durch das Sehen verweist, tropfen von den schmutzigen Wänden Schlieren. Der Boden in Gemälden wie Kriegstanz und Am Brotmarkt ist in fleischiges Rot getaucht. In dem Werk Verteidigung des Menschen öffnen sich Münder und strecken sich Gliedmaße durch die vertikal gestaffelte Komposition. In der Arbeit Totalitäre Übergangszonen liegt eine trockene, dreckige Landschaft bleischwer über einem Himmel, dessen strahlendes Blau geradezu ins Auge sticht. Und mit einem Blick auf das Werk Zielkonflikte lässt sich der Brandgeruch des verbrennenden Elektroschrotts erahnen.

Hören, Riechen, Sehen, Schmecken, Tasten – Robert Wilhelm malt in analogen Bildern gegen die abstrakte Datenwelt an, die er als Hintergrund seines Selbstporträts Soylent Green in den bekannten grünen Datenkaskaden aufscheinen lässt.

Der Künstler lädt das Publikum in den letzten Raum der Ausstellung ein, um gemeinsam über unseren Umgang mit digitalen Medien und sozialen Netzwerken zu diskutieren. Hier sind wir eingeladen, unsere Gedanken, Gefühle, Ideen und Ängste über die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz auszudrücken. Diese Ausstellung bietet darüber hinaus einen Einblick in das Gesamtwerk des Künstlers.

Robert Wilhelm wurde 1977 in Heidelberg geboren und schloss 1999 ein Studium in Malerei und Grafikdesign an der Höheren Fachschule in Mannheim mit einem Diplom ab. In der Graffiti-Szene als „TrusOne“ bekannt, wurde er Anfang der 1990er-Jahre stark von der Heidelberger Szene beeinflusst, die sich vorwiegend am ‚klassischen‘ New Yorker Stylewriting orientierte. Seit Ende 1999 lebt und arbeitet er im Allgäu, seit 2011 in Füssen.

Eröffnung der Ausstellung:

Mittwoch, 7. Juni 2023, 19 Uhr.
Die Ausstellung läuft vom 8. Juni bis 20. August 2023, täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr.


LeseZeit am Montag, 3. Juli 2023

17.30 Uhr Robert Wilhelm führt durch die Ausstellung
18.15 Uhr Martin Harbauer liest aus „Die Maschine steht still“ von E. M. Forster

Eine Veranstaltung der Stadtbibliothek Füssen im Rahmen der LeseZeit in Zusammenarbeit mit dem Museum der Stadt Füssen
Ort: Refektorium im Museum der Stadt Füssen, Eintritt: 8,50 €

Fotos: Simon Toplak

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