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Projekte sollen den Standort Füssen noch mehr prägen

Bauliche Veränderungen sind geplant

Laut einer im Oktober veröffentlichten Studie des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen drohen den Krankenhäusern schwere Jahre. Zunächst hatte die «Rheinische Post» darüber berichtet. „Die Pandemie hat diese Herausforderungen noch verschärft“, warnten die Ökonomen Boris Augurzky und Christoph Schmidt in ihrer Studie.

Die Finanzspritzen des Bundes zur Bewältigung der Corona-Krise verschafften den Krankenhausern zwar derzeit eine Atempause. „Dies gilt allerdings nicht für jedes Krankenhaus und hält bestenfalls bis zum Jahr 2022 an.“ Ein drohender Mangel an Nachwuchskräften im Gesundheitswesen sorgt für zusätzliche Herausforderungen. Deshalb müsse die Attraktivität der Gesundheitsberufe weiter erhöht werden, um die drohenden Engpässe bei Fachkräften zu vermeiden. «Dabei geht es nicht nur um das Lohnniveau, sondern auch um die Verlässlichkeit von Arbeitszeiten und flexible Arbeitszeitmodelle», heißt es in der Studie.

Auch das Krankenhaus Füssen wurde von Covid-19 stark dominiert. Das Haus, das zu den Kreiskliniken Ostallgäu gehört, geht neue Wege in punkto Gewinnung von Fachpflegepersonal. Füssen aktuell sprach darüber mit der Vorstandsvorsitzenden Ute A. Sperling

Ute A. Sperling ist Vorstandsvorsitzende der Kreiskliniken Ostallgäu.

Wenn Sie auf das Jahr 2020 zurückblicken, wie sehr hat Covid-19 den Alltag im Füssener Krankenhaus dominiert?
Covid-19 hat den Alltag in der Klinik Füssen ganz stark dominiert, bedingt durch die ersten Patienten Anfang des Jahres waren wir gezwungen bauliche Veränderungen im Haus vorzunehmen. Zudem mussten Patientenzimmer anders hergerichtet werden mit Schleusenfunktionen und ähnlichem mehr. Auch die Beschaffung der großen Anzahl an Schutzkleidung innerhalb kürzester Zeit war eine Herausforderung. Es musste eine ganze Menge an Materialien beschafft, zusätzlichen Kosten und Investitionen bewältigt werden, um mit der Thematik Covid-19 umzugehen.
Im klassischen Klinikalltag gab es ebenfalls wesentliche Veränderungen für alle Mitarbeiter. Angefangen an der Pforte, wo das Personal nun anders mit Besuchern und Patienten umgehen musste bis hin zum bürokratischen Aufwand, der durch diverse Registrierungen, Anmeldeformulare etc. enorm zunahm. Man kann sagen, dass es keinen Mitarbeiter im Gesamtunternehmen gibt, unabhängig vom Standort Füssen, der mit der Thematik nicht zusätzlich belastet wurde. Ganz besonders stolz und dankbar bin ich der gesamten Belegschaft, das herausfordernde Jahr 2020 mit diesen extrem schweren Aufgaben und Situationen so gut gemeistert zu haben.

Der Mangel an Pflegepersonal entwickelt sich in vielen Krankenhäusern zum zentralen Problem bei der Versorgung von Covid-19-Patienten. Ist dieses Thema auch im Krankenhaus Füssen und den Kreiskliniken Ostallgäu ein akutes Problem?
Wir haben die Pflegepersonalthematik seit Jahrzehnten in Deutschland. Seither wird darauf hingewiesen, dass das Pflegepersonal immer einer der ganz wesentlichen Engpässe ist. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel in die Pflegekräfte investiert und viele Pflegekräfte für alle drei Häuser gewinnen können. Zudem haben wir in die Ausbildung investiert und 2019 die Pflegehelferschule in Buchloe etabliert. Pflege ist nach wie vor ein ganz wichtiges Thema, welches in der Öffentlichkeit oftmals nicht so richtig wahrgenommen wird. Zwar gab es zur ersten Welle Applaus und durch den Tarifvertrag auch eine Tariferhöhung. Nichtsdestotrotz ist aber die Herausforderung des Berufes und die damit oftmals fehlende Wertschätzung und Anerkennung ein laufendes Thema, das uns auch die nächsten Jahre noch beschäftigen wird.

Wie sieht die derzeitige Lage aus, wie viele Intensivbetten stehen im Krankenhaus Füssen bereit?
Die Frage kann man nicht pauschal beantworten, weil dies immer von der jeweils aktuellen Situation abhängt. Wenn heute zwei Intensivbetten frei sind, können diese innerhalb von Stunden oder gar einer halben Stunde wieder belegt sein. Das heißt die Intensivbettenkapazität orientiert sich an zwei Punkten: zum einen an der pflegerischen Versorgung, Intensivpflegefachkräfte sind genauso rar wie die anderen Pflegekräfte. Zum anderen hängt es auch davon ab, wie aufwändig die Intensivpatienten in der Versorgung sind.
Die Intensivkapazitäten im Haus Füssen sind überwiegend gut ausgelastet. Diese können natürlich entsprechend der Vorgabe eines maximalen Katastrophenfalles, so wie Ministerpräsident Söder das Anfang des Jahres gefordert hat, noch räumlich erweitert werden falls, dieser absolute Engpass tatsächlich auftritt.

Wie stark unterscheidet sich die zweite Welle von der ersten im Krankenhaus in Füssen? Wie viele Covid-19-Patienten wurden in den vergangenen Monaten stationär im Krankenhaus Füssen und in den Kreiskliniken Ostallgäu insgesamt behandelt?
Im Rahmen der ersten Covid-Welle war das Krankenhaus Füssen nicht ganz so stark belastet wie die anderen beiden Krankenhäuser Kaufbeuren & Buchloe. Inzwischen haben Füssen und Buchloe eine nahezu vergleichbare Anzahl von Covid-positiven Patienten zu versorgen. Die tatsächliche Zahl von Covid-positiven Patienten in den jeweiligen Häusern schwankt sehr stark, es sind immer Augenblicksituationen.

Planbare Eingriffe sollen bis auf unbestimmte Zeit verschoben werden, um so freie Kapazitäten für Corona-Patienten zu schaffen. Wie geht man mit Patienten um, die eine Krebserkrankung haben, chronisch krank sind oder gar akut operiert werden müssen? Wie wird da die Versorgung gewährleistet und was geschieht, wenn das Krankenhaus keine freien Bettenkapazitäten mehr hat?
Planbare, elektive Eingriffe am Standort Füssen sollen wir nach Maßgabe des Katastrophenschutzes auf jeden Fall soweit als möglich verschieben um die Kapazitäten freizuhalten. Krebserkrankte Patienten werden selbstverständlich auf jeden Fall versorgt und dies in allen drei Häusern. Auch andere akut zu versorgende Erkrankungen wie z. B. Herzinfarkt oder Schlaganfall werden immer sofort versorgt. Sollte das Haus komplett voll sein und keine freien Bettenkapazitäten mehr haben, dann werden diese dringenden Versorgungen im jeweiligen Krankenhaus zunächst notfallmäßig durchgeführt, bis der Patient entsprechend stabil ist, um dann in einem anderen unserer Krankenhäuser weiter behandelt zu werden.

Wie sieht die Zukunft des Krankenhauses Füssen 2021 aus?
Für 2021 haben wir für das Krankenhaus Füssen eine Reihe von Projekten geplant, die die medizinische und auch die bauliche Zukunft am Standort noch mehr prägen werden. Ob diese in Teilen oder vollständig umgesetzt werden können, hängt im Moment davon ab, wie sich die Covid-Situation aktuell und in den ersten drei Monaten des neuen Jahres darstellt und auswirkt. Diesbezüglich ist die Einschätzung etwas schwierig, da noch nicht abzusehen ist, wie sich die Bereitschaft der Bevölkerung gegenüber dem neuen Impfstoff darstellt. Ebenso hängt es davon ab, inwieweit wir auch in den ersten Monaten des kommenden Jahres noch Kapazitäten für Covid-Patienten freihalten müssen.

Wird es bauliche Veränderungen oder Vergrößerungen geben?
Ja, die wird es geben, ein Krankenhaus „ohne Baukran“ ist eigentlich kein Krankenhaus. Die medizinischen Anforderungen und die Versorgungsanforderungen an ein Krankenhaus bedingen ein ständiges Umdenken. Angefangen von den Funktionsbereichen, der Stationsaufteilung, der Krankenzimmeraufteilung bis hin zur medizinischen Ausstattung, ist alles verbunden mit Veränderungen. Auch Vergrößerungen wird es selbstverständlich geben, durch Anschaffung von medizinischen Geräten, dazu zählen nicht nur Großgeräte, sondern auch Veränderungen im Rahmen der Wohnbau-Bebauung oder auch Parkplatzsituation am Standort Füssen.

Das Gespräch führte Sabina Riegger
Quellen: dpa · Fotos: Kreikliniken Ostallgäu

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