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Lebendiger Brauch

Scheibenschießen in Pinswang am 14. Februar um 18 Uhr

So genau  weiß man nicht, wann das Scheibenschießen und die Hexverbrennung ihren Ursprung hatten – aber eigentlich ist das auch egal. Wichtig ist, dass man dabei ist. Scheibenschießen in Pinswang ist ein Brauchtum, an dem alle Bewohner des Ortes teilnehmen. Man ist immer wieder aufs Neue gespannt, wer die Scheiben am weitesten schießt.

Ganz früher, es war in den frühen 50er Jahren, hatte Pinswang ein Alleinstellungsmerkmal. Nirgendwo im streng katholischen Ausserfern, noch im benachbarten Allgäu, war es in der Fastenzeit erlaubt, Musik zu machen, geschweige denn zu Tanzen. Trotz des Verbotes bekam Pinswang als einziges Dorf von der Diözes, am Hexensonntag die Erlaubnis für Musik und Tanz.

Von der ersten bis zur achten Klasse Volksschule werden die jungen Pinswanger „Scheibenbuben“ genannt. Sie haben gemeinsam mit dem Hauptmann Sorge zu tragen, dass das Holz für den Scheiterhaufen gesammelt wird und die Hexe in Lumpen angezogen ist. Sie muss streng bewacht werden, damit sie die Dorfjugend nicht stiehlt – das wäre nämlich keine gute Sache. „Dann wird man richtig nervös“, erzählt der Dorfchronist Gebhard  Haller.

Lukas Wechselberger ist 14 Jahre alt und Hauptmann in Unterpinswang. Zur Zeit ist er der „Chef“ von 12 Kindern, die das diesjährige Scheibenschießen und Hexverbrennen organisieren. In Oberpinswang sind es gerade mal drei Kinder, die diesen alten Brauch darstellen und vor allem leben. Sowohl Ober- als auch Unterpinswang haben einen sogenannten Scheibenbichl, auf dem der Scheiterhaufen aufgebaut wird und die Hexe verbrennt wird. Der Weg dorthin wird Scheibenweg genannt, der im Winter geräumt werden muss, damit man mit den Dörflern, den Besuchern und vor allem mit der Hexe, die auf einem Holzkreuz gehalten wird, mühelos zum Bichl laufen kann. Aus Stroh und alten Lumpen wird die Hexe angefertigt, dazu bekommt sie einen Regenschirm, einen Korb und eine lange Wurst angenäht. „Sie bekommt a Gwand um das ned schad ist“, erklärt Gebhard Haller. Am Hexensonntag, im Allgäu auch Funkensonntag genannt, ist es dann endlich soweit, und Jung und Alt treffen sich kurz vor dem Betläuten um 18 Uhr am Aufstellungsplatz. Erst wenn die Glocke vier Mal geschlagen hat, setzt sich der Zug fröhlich und lautstark in Bewegung mit folgendem Spruch:

„Vivat hoch, d‘Hex hat Durscht,
will a lange, lange Wurscht
Vivat hoch … „

Woher der Spruch kommt und was er bedeutet, dass weiß auch der Dorfchronist nicht. „Der Spruch ist eine mündliche Überlieferung und wird uns immer ein Rätsel bleiben“, erzählt Gebhard Haller. Bevor es zu Scheibenbichl geht, kehren die Kinder noch ins Gastlokal ein. In Unterpinswang ist es der „Gasthof zum Schluxen“. Dort werden die Kinder und Zuschauer mit Funkenkiachl, Punsch und Glühwein versorgt. Auf dem Scheibenbichl angekommen, wird die Hexe durch den Hauptmann auf dem Scheiterhaufen aufgestellt und der Scheiterhaufen angezündet. Viele kleine Funken fliegen durch die Dunkelheit, und jeder schaut wie gebannt auf das Feuer. Nach einer Zeit werden die Scheiben auf die langen Stöcke gesteckt, im lodernden Feuer angeglüht und schwungvoll in die Nacht geschleudert. Nach dem Scheibenschießen kehrt man dann noch ein auf „Hexenkost“  und lässt den bezaubernden Abend ausklingen.

Text: Sabina Riegger · Bilder: Hubert Riegger

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