Menschen

Der Straßenreiniger Luis Gast

„Von Mülltrennung verstehen viele Menschen nichts“

Füssen.      Es gibt Menschen, die gehören einfach zu einem Stadtbild dazu, so wie Luis Gast, der jeden Tag seinen Müllwagen vor sich her schiebt, den Müll einsammelt und die Mülleimer leert.  Keine angenehme Arbeit, ganz zu schweigen von den Gerüchen. Luis Gast nimmt das gelassen hin – für ihn ist es eine Arbeit, die ihm Spaß macht. „Ich bin draußen an der frischen Luft, und das gefällt mir“, so der gebürtige Riedener, der eigentlich Alois heißt.

Es gibt keinen Winkel der Lechstadt, den der Straßenreiniger nicht kennt. 1963 zog er mit seiner Mutter nach Füssen, in die Hanfwerksiedlung. Auch heute noch ist dort sein Zuhause. „Ich fühle mich hier wohl“, sagt er lachend. Luis Gast entgeht nichts, auch wenn er manchmal so tut, als ob er das eine oder andere nicht sehe. Es ärgert ihn, wenn die Menschen Brot und ähnliches in die Mülleimer werfen. „Ich kann das nicht verstehen. Brot schmeißt man nicht weg. Andere Menschen hungern“, sagt er verärgert.  Von Mülltrennung verstehen viele Menschen nichts und dass der Hausmüll in den Mülleimern der Stadt nichts verloren hat, genauso wie Kartonagen, scheint in den Köpfen mancher nicht angekommen zu sein.  Wenn es um das Thema Müll in der Innenstadt geht, versteht der Straßenreiniger keine Entschuldigung. „Vieles vom täglichen Müll könnte man reduzieren“, meint Luis Gast – nur müssten alle mitmachen.

Schnelllebige Zeit ohne Werte

Dass die Mülleimer auch manchmal als „Erleichterungseimer“ benützt wird, hat der Füssener schon oft erlebt. Ohne Handschuhe greift er deshalb keinen Mülleimer an, denn wer weiß was ihn wieder erwartet. Manch ein anderer hätte diesen Beruf schon längst an den „Nagel“ gehängt. Nicht so Luis Gast. „Ich kann selbstständig arbeiten, das finde ich gut. Jeder Job hat seine Vor- und Nachteile. Es ist alles eine Sache der Gewohnheit“, lacht er wieder. Wie viele Kilometer er am Tag zurück legt, weiß er nicht, „es müssen aber schon einige sein“, nickt er nachdenklich. Um sieben Uhr in der Früh beginnt der Dienst von Luis Gast. Um fünf Uhr ist dann sein Dienst beendet, mit dem Gefühl, viel für das Wohl der Stadt getan zu haben.

Nicht immer war Luis Gast Straßenreininger. Zuerst war er 20 Jahre Maurer und sein bester Freund war der Alkohol. „Ich habe mit meinem Körper Raubbau betrieben bis der Hausarzt meinte, wenn ich so weiter machen würde, gebe es mich in zwei Jahren nicht mehr. Ich sollte mich entscheiden zwischen Alkohol und Leben.“ Luis Gast entschied sich für das Letztere und machte eine Entgiftung. Seit 26 Jahren ist er „trocken“. Natürlich hätte in seinem Leben vieles anders laufen können, „doch es ist so wie es ist und das ist gut so“, sagt er ernst. Für ihn ist die Stadtarbeit ein Glücksfall gewesen, „ich bekam eine Chance und ich nutzte sie“, lacht er abermals. Dreißig Jahre lang war Luis Gast auf Volksmärschen dabei. Jetzt sitzt er lieber auf der Couch und schaut Fernsehen. Von „Kleineuropa“, wie er selbst sagt, hat er schon vieles gesehen. Doch Füssen hat ihm immer noch am besten gefallen.

Wenn Luis Gast durch die Straßen geht und Papier oder Zigarettenstummel mit der Greifzange aufhebt, wundert es ihn immer wieder, in was für einer Wegwerfgesellschaft wir leben. „Es ist alles viel schnelllebiger geworden. Es gibt nicht wirklich Werte, weil alles ersetzbar ist. Früher war das ganz anders“, weiß er aus eigener Erfahrung.

Nicht mehr lange muss er sich um die Mülltrennung anderer Menschen ärgern. Nächstes Jahr im Frühjahr geht Luis Gast in die Rente.

Text · Bild: Sabina Riegger

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