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Im Gespräch mit Ursula Lax und Jürgen Doser

„Wir brauchen einen Wirtschaftsförderer“

Füssen.   Sie verstehen sich gut, unterstützen den Rathauschef und haben Visionen für die Zukunft der Stadt. Das hört sich alles nach guter Zusammenarbeit an. Nur zwängt sich unwillkürlich die Frage auf, warum passieren dann so unnötige Fauxpas, die viel Geld kosten. Es scheint, dass der Informationsfluss doch nicht richtig läuft. Füssen aktuell traf sich zu einem Gespräch mit Ursula Lax (CSU) und Jürgen Doser (Freie Wähler) in unserer Redaktion.  

Die Kosten für die Kindertagesstätte und die Schule sind laut Stadtbaumeister höher als erwartet. Wusste der Stadtrat nichts davon oder wollte er nichts davon wissen?
Ursula Lax: Das ausführende Organ ist die Verwaltung – allen voran der Bürgermeister. Wenn da der Fehler passiert, sind wir nicht dafür verantwortlich. Die Aufgabenverteilung ist klar definiert.
Jürgen Doser: Wir bekommen gewisse Zahlen, die wir so nicht vertreten haben. Was mich an dieser Sache stört, ist die Art und Weise, wie man mit einer bestimmten Person in der Öffentlichkeit umgeht. So etwas grenzt an Mobbing. Dass Fehler passieren, ist Tatsache. Wie ich aber letztendlich mit dem Mitarbeiter umgehe und welche Konsequenzen das nach sich ziehen muss, ist eine interne Personalangelegenheit.

Die Fehler sind passiert, die Kosten sind immens gestiegen. Was passiert nun und welche Konsequenzen wird es geben?
Lax: Der Stadtrat ist nicht Chef der Verwaltung. 
Doser: Ich kann wenig dazu sagen. Unser Bürgermeister muss das abklären. Wir können auf Defizite hinweisen – aber das haben wir oft genug gemacht.

Die SPD und die CSU waren sich nicht immer grün. Jetzt scheinen die Parteianimositäten in weiter Ferne zu liegen. Woran liegt das?
Lax: Bei der Ferienbetreuung haben wir immer schon gut zusammen gearbeitet. Ein wichtiger Faktor für eine gute Zusammenarbeit sind nun mal die beteiligten Personen.
Doser: Vor einem Jahr gab es noch Verflechtungen zwischen der CSU und der SPD – man hat sich jetzt zusammengerauft. Jetzt wächst die Zusammenarbeit einiger Stadträte, deren Ansichten engmaschig waren. Ich glaube, dass nun alle begriffen haben, dass sie es dem Bürger schuldig sind, gemeinsam für unsere Stadt zu arbeiten. Ich meine, jeder von uns sollte sich die Fragen stellen, warum der Bürger gerade ihn oder sie gewählt hat? Für mich sehe ich es so, dass es personenbezogene Wahlen sind, die viel mit Sympathie und Vertrauen zu tun haben. Ganz ehrlich: Wir als Stadträte haben eine gewisse Bringschuld.

Vor kurzem gab der Bürgermeister in einem Interview an, dass in den letzten drei Jahren in Füssen viel erreicht wurde. Teilen Sie seine Meinung?
Lax: Wir bringen viel auf den Weg. Die Kita wird gebaut werden müssen, dazu sind wir gesetzlich verpflichtet. Die Schule steht an, die Straßen – nur wissen wir nicht, wie wir es finanzieren sollen. Wenn wir ehrlich miteinander umgehen, beim besten Willen, wir haben leere Taschen.
Doser: Ich sehe diese Frage diffiziler. Wenn ich mir etwas leisten will, muss ich wissen, woher das Geld kommt. Leider hat es den Anschein, dass dies manche Stadträte nicht wissen. Man kann sich keinen Ferrari kaufen, wenn man das Geld dafür einfach nicht hat. Hier sollte man sich vorher die Frage stellen: „Wie komme ich an das Geld heran?“. Wir brauchen deshalb meiner Ansicht nach dringend eine Wirtschaftsförderung/Stadtmarketing. Das wurde in Füssen seit Jahrzehnten sträflich vernachlässigt. Meine persönliche Meinung ist, dass diese Institution im Kommunalunternehmen Füssen Tourismus und Marketing angesiedelt werden sollte. Bitte nicht falsch verstehen: Stefan Fredlmeier ist ein guter Touristiker und das soll er auch bleiben. Da kann unser Bürgermeister nicht sagen: „Darum kümmere ich mich selbst, Herr Doser“. Das kann er schon zeitlich nicht darstellen, sonst wäre er eine eierlegende Wollmilchsau.
Lax: Es wird oft vergessen, dass in Füssen die Einkommenssteueranteile höher sind, als die Gewerbesteuer. Und gerade für diese Klientel bieten wir in Füssen zu wenig an. Wir müssen attraktive Wohngebiete ausweisen.

Über die Wirtschaftsförderung spricht man schon seit langem. An was scheitert die Realisierung?
Doser: Weil wir wahrscheinlich keine Lobby haben. Um es salopp auszudrücken: Der Wille ist noch nicht da.
Lax: Ein Wirtschaftsförderer muss in den Stellenplan aufgenommen werden. Bis wir eine adäquate Person gefunden haben, dauert es sicher Monate. Vor Oktober oder November könnte die Stelle sowieso nicht besetzt werden. Finanziell wäre das von Vorteil für die Stadt, weil sie dann nur zwei oder drei Monatsgehälter zahlen müsste, und das wäre für den Haushalt tragbar. Fakt ist, dass wir jemanden brauchen, der Lust und die richtigen Beziehungen zur Wirtschaft hat, um Füssen als Wirtschaftsstandort zu präsentieren. Das kann man nicht studieren, das muss man wollen und können.
Doser: Interessant ist, dass alle Tourismusstädte hoch verschuldet sind. Weil man sich hauptsächlich auf den Tourismus konzentriert – und das ist zu wenig.

Wie sieht die Zukunft von Füssen aus?
Doser: Es gibt einiges, was ich mir für die Zukunft Füssens vorstelle. Füssen erstickt im Verkehr, das Konzept dafür muss noch dieses Jahr realisiert werden. Wir müssen beim Thema Krankenhaus unsere Position richtig darstellen und wir dürfen die Umgehungsstraße nicht verschlafen. Was die Berufsmöglichkeiten anbetrifft, wird Füssen nie eine Großstadt werden. Aber wir können Jung und Alt nach Füssen bringen. Diese Kombination haben wir noch nicht. Nur betreutes Wohnen und Genussradler sind meiner Meinung nach zu wenig.
Lax: Ich stelle mir Füssen als Gesundheitsstadt vor. Wir haben schon vieles in dieser Richtung geschafft, siehe Fachklinik Enzensberg, Krankenhaus und unsere guten Fachärzte. Füssen muss auch eine Bildungsstadt bleiben. Wir brauchen hier die Berufsschule. Als Tourismusstadt ist Füssen gut aufgestellt, was wir aber sehr dringend brauchen ist die Steigerung der Wirtschaftskraft. Das wäre für mich das Wichtigste. Die finanzielle Lage der Stadt muss sich verändern. Wir können nicht nur sparen. Wir müssen auch investieren können.

Wäre da nicht ein Leitfaden sinnvoll, um zu erfahren, wo sich Füssen in einigen Jahren sieht. Kann man sich nur mit „wollen“ zufrieden geben?
Doser: Füssen braucht einen Leitfaden. Nehmen wir die Kurhausdiskussion als Beispiel. Wir sind in der Europaausschreibung und wissen aber trotzdem nicht, was wir wollen. Da muss eine Diskussion geführt werden. Man muss die städtische Entwicklung voran bringen.
Lax: Natürlich brauchen wir einen Leitfaden. Ich bin aber nicht bereit, große Kompromisse bei den Filet-Grundstücken, die wir an der Morisse, Kurhaus und Theresienhof haben, einzugehen. Es gibt noch Menschen, die nach uns kommen und da müssen Konzepte entwickelt werden.

Vielen Dank für das Gespräch.

Interview · Bilder: Sabina Riegger
 

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