Menschen

Die Leichtigkeit zu leben

Veronica Sequeira Krebentitscher

Trauchgau.   Ab und zu hat sie Sehnsucht nach dem Meer, dem Geruch der salzigen Luft, den warmen Sonnenstrahlen. Wenn sie nach Hause fährt, nimmt sie die Küstenstraße um ihr Meer zu sehen, das sie für die Berge im Allgäu eingetauscht hat. Es war die Liebe, die sie nach Trauchgau, einem typischen Allgäuer Ort, ziehen ließ. Veronica Isabel Sequeira Krebentitscher lebt zwei Kulturen und kommt gut damit zurecht. Sie hat die deutsche Pünktlichkeit und die portugiesische Leichtigkeit. 

Deutsch wollte Veronica Sequeira Krebentitscher nicht wirklich lernen. „Obwohl meine Mutter mit meinen beiden Geschwistern und mir deutsch sprach, interessierte mich die Sprache herzlich wenig. Erst viel später, da ging ich bereits in die Tourismusschule, merkte ich, dass meine Muttersprache doch von Vorteil ist“, erzählt sie offen und lacht dabei. Heute ist sie froh, dass ihre Mutter, eine gebürtige Rosenheimerin, hartnäckig blieb und mit ihnen immer Deutsch sprach. Dass sie irgendwann einmal im Land ihrer Vorfahren leben sollte, war für sie damals unvorstellbar. Heute, nach zwölf Jahren im Allgäu, zieht sie Parallelen zu sich, ihrer Mutter und ihrem Großvater. Alle drei verließen der Liebe wegen ihre Heimat. „Mein Großvater, Josef Heringer, war ein Trauchgauer und Zimmermann. Auf der Walz lernte er in Rosenheim seine Frau kennen und blieb dort. Ihre Tochter, meine Mutter, ging in den 60er Jahren als Au-Pair Mädchen nach Portugal und lernte meinen Vater kennen. Sie hatten lange Zeit Briefkontakt, bis meine Mutter erneut mit einer Freundin nach Portugal fuhr. Sie wollten eigentlich nur Urlaub machen. Aus dem Urlaub wurde ein ganzes Leben. Meine Mutter sagt immer, sie habe nichts bereut.“  Veronica Sequeira Krebentitscher lernte ihren Mann mit 17 Jahren kennen. Sie war zu Besuch bei ihren Großcousinen in Buching und sollte dort den Tourismus und die Sprache besser kennenlernen. „Ich weiß noch, wie ich mich dagegen sträubte. Ich wollte nicht ins Allgäu.“ Schließlich gefiel es der heutigen Tourismusfachfrau gut. Ihre Großcousinen nahmen sie überall mit, auch in ein Bierzelt, in dem sie ihren Mann Bernd alias Kotte kennenlernte. Auch sie verband eine jahrelange innige Brieffreundschaft bis sie heirateten.

Pacienca!

Das Lieblingswort der Portugiesen ist „paciencia!“, was soviel bedeutet wie Geduld haben und hinnehmen oder akzeptieren. „Wir Portugiesen nehmen das Leben um einiges leichter. Und das, obwohl sich die finanzielle Stimmung im Land verändert hat“, erklärt die 35-Jährige. Einmal im Jahr fährt sie zu Besuch zu ihren Eltern nach Portugal. „Ich bin Portugiesin, das werde ich wohl immer bleiben, jedoch mit dem Anspruch weltoffen zu sein, was wir Portugiesen sowieso schon sind.“ Die Vorstellung, für immer in Portugal zu leben, schreckt die junge Frau dennoch ab. „Ich habe hier meine zweite Familie, mein Leben, viele Freunde. Ich würde das alles vermissen.“ Sie will sich nicht auf ein Land, auf eine Kultur festlegen. „Es ist schön beide Kulturen leben zu dürfen. Das hilft andere Sichtweiten zu bekommen“, erklärt die Wahl-Trauchgauerin. Veronica Sequeira Krebentitscher liebt das Brauchtum. „Ich finde, wenn man in Bayern lebt und die Tradition schätzt, dann sollte man ein Dirndl haben und es auch tragen dürfen. Ich mag die bayerische Kultur, die Trachten und das Schuhplatteln. So etwas ist einmalig“, schwärmt sie. Durch ihren Mann Kotte hat sie viele gute Freunde kennengelernt. „Die Freundschaften sind hier beständiger als in Portugal. Als wir unser Haus bauten, kamen viele Freunde und halfen mit. Es sind Freunde, die mein Mann schon aus seiner Kindheit kennt. Das hat mich sehr bewegt und gleichzeitig fasziniert.“ Die sportliche Frau fühlt sich sichtlich wohl. „Ich habe wirklich Glück gehabt. Ich habe eine liebevolle Familie, eine Arbeit die mir viel Spaß macht“, sagt sie besonnen. Auch die Allgäuer Küche ist ihr nicht mehr fremd. „Ich koche zu Hause die einfachen portugiesischen Gerichte. Kässpatzen oder Kartoffelsalat kann ich zwar auch, aber die macht meine Schwiegermutter viel besser als ich. Sie kocht einfach sehr gut“, schwärmt sie lächelnd um ganz ernst zu sagen: „Wenn man seine Familie verlässt und weit weg ein neues Leben beginnt, dann ist man froh, dass man so liebevoll aufgenommen wird.“ 

Text · Bilder: Sabina Riegger

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