Menschen

Man muss das Jetzt genießen

Der Allgäu-Düsseldorfer Gregor Lang

Füssen/Halblech. Er ist kein Freund von Superlativen und erst recht nicht, wenn es um seine Person geht. Er ist ein Düsseldorfer im Allgäu, der die Landschaft, aber vor allem die Menschen hier schätzt. Vor Jahren hätte sich der Musiker und Weinhändler ein Leben im Allgäu nicht vorstellen können. Düsseldorf, das war seine Stadt – eine pulsierende, rastlose, in der Kneipen neben Mode, Glamour und Kultur auf einer Ebene stehen.

Gregor Lang hat es sehr früh gelernt, selbständig zu werden. Als er elf Jahre alt war, starb seine Mutter. „Der Tod meiner Mutter hat mich sehr geprägt, ich hatte ein sehr enges Verhältnis mit meinem Vater. Meine Mutter war eher konservativ und mein Vater eher locker. Nach dem Tod meiner Mutter habe ich nie wieder Hausaufgaben gemacht“, sagt er ruhig. Er war einer von sieben Jungs, die auf eine Mädchenschule, ein ehemaliges Nonnengymnasium, gingen. Irgendwie war die Schule nicht so sein Ding, erst Recht nicht, als er mit seinem Vater nach Fulda zog. „Ich kam einfach nicht mit dem Schulsystem in Hessen zurecht“, nennt er den Grund. Nach der 11. Klasse ging er von der Schule ab und zog nach Düsseldorf zurück. Die Gastronomie-Szene faszinierte ihn sofort. „Da kommt man richtig in einen Hype. Ich habe viel verdient und auch viel ausgegeben. Irgendwann wurde es mir zuviel, ich musste einfach einen Schnitt machen. Ich wollte mein Leben leben, am liebsten in Italien und Kunst studieren. In Düsseldorf habe ich dann Wohnung und Job gekündigt und düste auf meinem Motorrad in die Toskana, dort hatte ein Gast von mir, den ich gut kannte, ein Haus. Ich durfte dort umsonst wohnen. Der Anfang war somit gemacht“, erinnert sich Gregor Lang.

Von Düsselforf nach Siena

In Siena, der Universität für Ausländer, lernte er Sprache, Kultur und Menschen näher kennen. „In Italien brauchte man kein Abitur, um Kunst zu studieren, dafür umso mehr die italienische Sprache“, erklärt der 33-Jährige. Das gesparte Geld wurde immer weniger und der damals 20-Jährige musste sich nach einer Arbeit umsehen, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. „Ich hatte Glück. Ein Bekannter erzählte mir von einem jungen Weinbauer, der einen Arbeiter suchte. Also stellte ich mich vor und bekam auch sofort die Stelle. Es passte wunderbar – ich machte Führungen durch das Weingut und arbeitete auf dem Hof mit. Dort lebte ich ein ganzes Jahr.“.Heute ist Gregor Lang dankbar für diese Zeit, die ihm das wirkliche Leben näher brachte, die Ruhe, Gelassenheit und ihm für das Wesentliche um ihn herum die Augen öffnete. Sein Kunststudium hat er zwar nie begonnen, aber dafür hatte er fürs Leben gelernt. Ob er das bereut hat? „Nein, es gibt immer wieder Lebensabschnitte. Es war für mich immer klar, dass es ein weiterer Schritt in meinem Leben ist. Aber man hat ja Ziele, Visionen – man will sich entwickeln. Es waren Schritte, um an sich selbst zu wachsen“, so seine Definition.

Mehr Zeit für die Familie

Seine Tochter Gioia hat ihn zur Ruhe gebracht. Er ist nicht mehr so rastlos auf der Suche. „Ich bin ein Mensch, der sehr viel nachdenkt, dabei würde ich mir wünschen, auch mal abzuschalten. Manchmal tendiere ich dazu, Dinge für die Zukunft zu konstruieren. Man vergisst oft, das Jetzt zu genießen – aber ich denke, es ist generell ein menschliches Problem“, meint Gregor Lang. Wenn er über seine Tochter Gioia spricht, dann mit Stolz und großer Freude. Sie war es auch, die ihn ermutigte kürzer zu treten, um für die kleine Familie mehr Zeit zu haben. Sein Bistro-Restaurant Destino gab er auf, nicht aber seine Selbständigkeit. „Ich wollte in der Region bleiben und mich auf das Produkt Wein konzentrieren“, erzählt der Familienvater. Seine Idee ist gut angenommen worden, auch mit seinem Partner Getränke Zimmermann. „Ich möchte dem Gast Qualität geben, mit dem Wein setze ich mich seit zehn Jahren auseinander. Wenn man an einer Sache interessiert ist, bekommt man auch ein gewisses Wissen. Ich lerne jeden Tag. Wein fasziniert mich und das möchte ich auch rüber bringen. In der Gastronomie geht es um die Philosophie des Weines, die ganze Kultur, die dahintersteckt. Entscheidend ist, dass man Gefühl hat. Je mehr man Gefühl für eine Sache hat, desto besser versteht man es auch. Egal in welchem Bereich. Der eine fühlt mehr, der andere weniger“, erklärt Gregor Lang seine Arbeit.

„Ich möchte später nicht sagen, warum habe ich es nicht versucht.“

Wenn Gregor Lang von einer Sache überzeugt ist, dann zieht er seinen Plan durch. „Das ist sehr wichtig. Ich möchte später nicht sagen wollen, warum habe ich es nicht versucht.“ Als er 1993 vor 30.000 Menschen bei einer Demonstration in Düsseldorf auftrat, war er von der politischen Sache nicht unbedingt überzeugt, aber von seinen Bandmitgliedern, die deutsche politische Texte sangen. „Wir waren ‚The Foolish Victims‘ und die Vorgruppe vor der Ansprache eines nordrheinwestfälischen Landesministers. Die Anlage hatte 80.000 Watt und war zum Schluss mit Eiern beworfen worden.“ Selbstgeschriebene politische Texte und Rock-Punk Musik waren bis zu seinem 17. Lebensjahr prägend. Erst später interessierte sich der Klavier- und Gitarrenspieler für Jazz und Funk. Heute vergleicht er die Musik mit einem Wein. „Musik ist so wie der Wein. Vielfältig, nur gut muss er sein.“

 

Text · Bild: Sabina Riegger

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