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Füssen on Ice

BLZ-Leiter Helmar Erlewein im Porträt

Füssen.    Finanzbuchhalter, IT-Spezialist, Nationaltrainer. Helmar Erlewein hat viele Facetten. Der gebürtige Baden-Württemberger lebt seit 30 Jahren in Füssen und ist seit September 2010 als Verwaltungsleiter des „Bundesleistungszentrums für Eissport“ in Füssen tätig. Hier kommt zusammen, was zusammen gehört – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so scheint. Im Füssener BLZ war früher die deutsche Eishockey-National-Mannschaft zu Hause. Heute trainieren hier Jung und Alt aus dem Allgäu und erfreuen sich gemeinsam an Sportarten wie Eishockey, Eiskunstlauf, Curling oder Eisstockschießen.

Der 59-jährige Helmar Erlewein war schon immer sportlich sehr aktiv. Egal ob Skifahren, Schwimmen oder einfach nur Bewegung an der frischen Luft. Bis vor zwei Jahren spielte er in seiner Freizeit noch leidenschaftlich gern Curling. 2008 formierte Erlewein die deutsche National-Mannschaft im Rollstuhl-Curling, die schon zwei Jahre später bei den Paralympics in Vancouver erste Erfolge verbuchen konnte.Zwar war der jungen Mannschaft kein Platz auf dem Siegertreppchen vergönnt, doch der große Erfolg der Mannschaft brachte ihr bereits den Titel der besten deutschen „Behindertensportmannschaft des Jahres 2009″ ein. Auf die Frage, warum er sich so aktiv im Behindertensport einbringt, weiß er keine richtige Antwort. „Aber ich finde es schlimm, dass das Thema in Deutschland totgeschwiegen wird“, meint er dazu. „Hierzulande wird Behindertensport noch stiefmütterlich behandelt, aber die Akzeptanz steigt zusehends. In Zukunft kommt man daran wohl nicht mehr vorbei. Die Arbeit mit den Rollstuhl-Curlern macht für mich einfach Sinn.“

Änderungen sind gut

Im Alter von 19 Jahren verließ der junge Erlewein sein Elternhaus, um in Hessen das Abitur abzulegen. Anschließend arbeitete er einige Jahre als Finanzbuchhalter, bis er sich vor 30 Jahren dazu entschloss, in Füssen Fuß zu fassen. „Es war Juni, als ich nach Füssen gezogen bin. Zu dieser Zeit regnete es sechs Wochen am Stück. Da fragte ich mich schon, ob es wirklich eine gute Entscheidung war, hierher zu kommen“, erinnert sich Helmar Erlewein lächelnd. Letztendlich gab es nichts zu bereuen. Er gründete eine Familie, führte über viele Jahre eine eigene Firma und arbeitete freiberuflich in der IT-Branche. Dabei lernte Helmar Erlewein die eigene Flexibiltät sehr zu schätzen. „Ich will arbeiten, die Rente interessiert mich nicht“, meint der 59-Jährige. „Ich nehme gerne Änderungen an. Die Arbeitswelt hat sich radikal geändert. Heute muss man flexibel sein, egal wie alt man ist, denn es gibt keine Firmen mehr mit Garantie auf einen lebenslangen Arbeitsplatz.“ Glücklicherweise ist seine Familie genauso flexibel. Sein Sohn studiert beispielsweise inzwischen an der LMU in München. Wenn es erforderlich ist, steht Helmar Erlewein zur Stelle, ganz gleich, ob es nachts um elf oder Sonntag ist. Als Leiter des BLZ ist er Angestellter der Stadt Füssen, aber einfach den Stift hinlegen und Feierabend machen, kommt für ihn nicht in Frage. Dabei kommen ihm in seiner neuen Position die Erfahrungen seiner beruflichen Laufbahn sehr entgegen. Als Finanzbuchhalter musste er viel mit Zahlen agieren, IT ist allgegenwärtig und durch die Liebe zum Eissport machte er im September 2010 letztendlich sein Hobby zum Beruf.

„Ich liebe die typische alte schwäbische Küche“

Seine schwäbischen Wurzeln hat Erlewein nie vergessen. Aber die Mentalität der typischen „Spätzle-Schwaben“ hat er in seiner Zeit in Füssen längst verloren. Fragt man ihn heute, was er aus seiner Jugendzeit am meisten vermisst, muss er spontan an die Kochkunst seiner Großmutter denken. „Ich koche eher selten. Es wäre schön, wenn ich die Spätzle meiner Oma zubereiten könnte. Ich liebe die typische alte schwäbische Küche.“

Dafür ist Erlewein viel herum gekommen. In seiner aktiven Curling-Zeit war er als deutscher Vizemeister mit seiner Mannschaft unter anderem in Japan, Tschechien und den USA unterwegs. Durch seine Position als Nationaltrainer der deutschen Rollstuhl-Curler verschlug es ihn zuletzt nach Kanada. Er bezeichnet sich selbst als reisefreudig und gesellig. Aber genauso braucht Helmar Erlewein es auch allein zu sein. Dieser Vielseitigkeit hat er es vielleicht zu verdanken, dass er trotz der vielen Erfolge in seinem Leben ein bodenständiger Mensch geblieben ist. Und Dank seiner vielseitigen beruflichen Laufbahn kann er sich zukünftig als Leiter des BLZ beweisen, ohne auf seine Flexibilität verzichten zu müssen.

Text: Sven Köhler / Bilder: Hubert Riegger

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