Menschen

Wir wurden herzlich aufgenommen

Dr. Thomas Koeth, Chirurg

Füssen.    Menschen, die in einer besonders schönen Region oder Stadt geboren wurden, gehen zwar oft zwangsläufig zum Studieren und zur Weiterbildung für ein paar Jährchen in die Fremde, kehren als Erwachsener aber gern zu ihren Wurzeln zurück und bleiben dort, wo sie sich zugehörig fühlen – von Anfang an. Bei Dr. Thomas Koeth jedoch liegt der Fall ganz anders. Der 46-jährige Facharzt, der erst seit knapp über zwei Monaten im Füssener Krankenhaus im OP arbeitet, hat seinen Eltern einen von Sonne verwöhnten Geburtsort zu verdanken, denkt aber nicht einmal im Traum daran, als Chirurg nach Kalifornien auszuwandern. „Ich bin 1963 in der Universitätsstadt Stanford geboren, aber daran habe ich keine Erinnerungen“, sagt er und lächelt. Im Büro von Chefarzt Dr. Kai Scriba berichtet der „Kalifornier“ über die wichtigsten Stationen auf seinem Weg, der in Füssen ein Ziel gefunden hat. Es ist nicht nur die Stellung als Leitender Arzt, die ihm hier Zufriedenheit schenkt, weil er mit chirurgischem Know-how das „denkbar Sinnvollste“ für erkrankte oder verletzte Menschen leisten kann – wie er erklärt. „Es passt hier für mich alles, die überschaubare Stadt und ihre Gassen, die von Bergen und Seen geprägte Landschaft und dass wir sehr herzlich aufgenommen worden sind.“

Dr. Thomas Koeth kam nicht allein. „Ich bin schon länger geschieden, zweifacher Vater und allein erziehend“, legt er die Karten offen auf den Tisch. Mit den Buben – sie sind elf und zwölf Jahre alt – praktiziert er auch am neuen Wohnort in Schwangau-Horn den „Männerhaushalt“, der schon immer gut funktioniert hat. Ein Beispiel: „Wir haben gemeinsam die neue Wohnung gesucht und gefunden“, so der dieses Frühjahr aus Hessens Hauptstadt Wiesbaden „zugereiste“ Wahl-Allgäuer über den Status quo. „Der Zeitpunkt des Wechsels der Arbeitsstelle und des Orts liegt günstig für meine schulpflichtigen Kinder. Das ist wichtig.“

Dass familiär die Ortsveränderung mit gegenseitigem Verständnis gut geregelt werden konnte, spielt eine große Rolle, denn für Dr. Thomas Koeth gab es am neuen Arbeitsplatz keine Anlaufzeit.
Als Leitender Arzt für Visceralchirurgie (Eingriffe im Bauchraum) stand er einige Stunden nach Arbeitsbeginn schon am seinem ersten Füssener Tag im OP.
Dr. Thomas Koeth über die Operation: „Der Patient kam vom Hausarzt mit Verdacht auf Darmverschluss zu uns. Der Verdacht hat sich in den Untersuchungen bestätigt, so dass sofort operiert werden musste.“ Die Teamarbeit habe super funktioniert. „Mein erster Füssener Patient ist wieder wohlauf.“ Beifall für die Lebensrettung will Dr. Thomas Koeth überhaupt nicht hören. „Die OPs in den Krankenhäusern sind gleich. Ich hatte somit in Füssen die Voraussetzungen, wie wir Chirurgen sie praktisch überall vorfinden.“ Chefarzt Dr. Kai Scriba, der mit Oberarzt Dr. Jürgen Knee die Füssener Unfallchirurgie betreut, schätzt den sachlichen Ton seines auf Schlüssellocheingriffe (minimal invasive Chirurgie) spezialisierten neuen Kollegen. Er selbst aber kommentiert den Einstand von Dr. Thomas Koeth mit Begeisterung: „Er hat eingeschlagen wie ein Komet.“

Den Füssener Chirurgie-Chef freut, dass seine Abteilung „den Mann fürs Feine“ einsetzen kann. Sein Know-how schont „unsere Patienten“. Seine Kunst kuriert vom Leistenbruch bis Blinddarm akute Beschwerden. Es bestätigen beide: Die Chemie stimmt. „Da verbringt man auch Freizeit miteinander“, betont Dr. Thomas Koeth. „Ich brauche ganz dringend hier einen Fremdenführer – viel habe ich noch gar nicht gesehen“, lacht er. „Wir haben schon fest vereinbart, dass wir bald eine längere Mountain-Bike-Tour machen.“
Radfahren, Laufen, Squash, Schwimmen, Tennis sind seine Ausdauer verlangenden Disziplinen. „Bestimmt nicht Fußball!“ Was natürlich nicht heißt, dass er sich für die aktuelle WM in Südafrika überhaupt nicht interessieren würde. „Ich bin lieber draußen an der frischen Luft als vor dem Fernsehapparat.“

Der bis zu seinem zehnten Lebensjahr in Hamburg lebende Sohn eines Amerikaners und einer Ostpreußin, der in Freiburg aus disziplinarischen Gründen von der Schule flog und später dennoch locker das Abitur baute, bleibt nach seiner Zeit als Student in Heidelberg und beruflichen Stationen im Schwarzwald, Schleswig-Holstein und Hessen aktiv. Er unterstreicht damit sein Motto: „Wo ich meinen Hut hinlege, bin ich daheim.“

Entspannung bringe ihm auch Bildhauerei in Stein und ein gutes Buch. Er liest gern Romane und historische Bücher. Wie sein Lieblingsautor heißt? „Es gibt da ziemlich viele.“ Er mag unter anderem Golo Mann und Joachim Fernau.


„Mich fasziniert Michelangelo. In Italien war ich bereits bei einem Steinbildhauer-Kurs dabei.“
Dr. Thomas Koeth
über ein Hobby

Studierende der Humanmedizin vertiefen sich bekanntlich in naturwissenschaftliche Werke, die ziemlich dick sind. „Theorie zu lernen hat mir noch nie Probleme gemacht, doch die Medizin an der Universität sollte im Grunde viel praxisnäher ausgerichtet werden. Das kann aber nur eine Reform leisten“, blickt er auf seine „wunderbaren, doch arbeitsreichen“ Semester zurück. „Das Studium habe ich mir zum größten Teil selbst über die Klinik-Nachtwachen finanziert.“ Er lacht: „In Heidelberg als Medizinstudent war ich jeden Monat in sieben Nächten die Krankenschwester.“ Ferienjobs fand er im Schwarzwald im Sägewerk

Bleibt noch die Frage zu klären, warum er vor 1980 zeitweise vom Unterricht am Gymnasium ausgeschlossen worden ist. „In Freiburg hatte ich Lehrer, die ich vergöttert habe. Aber ich hatte auch andere…“
Um diesen Satz zu ergänzen, muss man nicht mit dem neuen Füssener Klinikarzt in die Schule gegangen sein.
Text: bh · Bild: privat

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