Kolumne

Sikkerhed – Geborgenheit

Mein Freund Jan ist waschechter Däne, Architekt und Latzhosenträger der ersten Stunde. Ich weiß noch, dass ich damals sofort an die Beatles und an Peter Lustig denken musste, als ich ihn zum ersten Mal sah.

Jan fährt einen roten, alten Traktor, er baut Tomaten an und lebt nur wenige Kilometer vor Kopenhagen, zwischen Vogelgezwitscher, alten Eschen und Linden, auf einem Vier-Seiten-Hof mit hellgrünen Fensterläden.

Mit jeder Pore lebt Jan die Liebe für schöne Gebäude, Materialien und Möbel. Design ist sein zweiter Vorname. Und er weiß, dass ich seine Leidenschaft teile. Im Herzen bin ich eine Innenarchitektin, jedenfalls glaube ich das. Manchmal wäre ich gerne die weibliche Jake Arnold – mindestens. Eines Abends haben wir zusammen gegessen. Es gab Gemüse aus seinem Garten und Æbleskiver- kleine, runde Apfelbällchen. Im Hintergrund lief Musik. Auf jeden Fall war es Jazz. Irgendein experimenteller Sound. Fast schon chaotisch.

Die letzten Sonnenstrahlen des Tages fielen durch die große Glasfront in den Raum. Inzwischen waren wir im Wohnzimmer auf der alten hellbraunen Ledercouch gelandet. Wir saßen da, inmitten von Schlichtheit und Geradlinigkeit, Geschichte und Seele, zwischen altem Schallplattenspieler und Vinyls, bodentiefen Fenstern, Holzdielenboden und feinsten Möbelstücken made in Danmark.

Jan erzählte mir von seinen neuen Ideen. Wir redeten über Häuser und Möbelstücke. Dann steckte er sich das letzte Stück seiner Æbleskiver in den Mund, lächelte mich mit dicken Backen an und sagte: „Weißt du, was richtig gutes Design ausmacht? Es gibt dir etwas zurück!“

Jahrelang glaubte ich, verstanden zu haben, was er damit meinte. Bis zu diesem einen Tag neulich. Ich stand an der Rezeption eines Hotels und wollte schnellstmöglich einchecken. Ich träumte schon seit Stunden von einer Dusche und einem gemütlichen Bett.

Dann stand ich da, in meinem Zimmer im dritten Stock. Ich knipste das Licht an, und da sah ich ihn sofort stehen: Einen schwarzen Lederstuhl mit wunderschönen Holzlehnen und Füßen. Ich ließ alles fallen, und setzte mich. Es war, als würde ich auf einer Wolke sitzen, auf meiner ganz eigenen. Es war nicht einfach nur ein gemütliches Möbelstück.

Ich ging an dem Abend nicht mehr duschen. Ich verbrachte die halbe Nacht in diesem Sessel. Ich machte mir Musik an. Jazz natürlich. Ich sah meiner Familie beim Schlafen zu. Ich war erfüllt von Liebe und Dankbarkeit. Ich weinte und lachte, ich dachte an so vieles. Ich schmiedete Ideen und sinnierte vor mir her. Aber vor allem dachte ich mit vollem Herzen an Jans Worte. Jetzt erst habe ich verstanden, was er meinte.

Ich wollte den Sessel abkaufen. Ich versuche es noch immer. Weil er mir etwas zurückgegeben hat. So vieles.

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