
75 Jahre Gymnasium Hohenschwangau
Mit dem Schuljahr 2022/2023 feiert das Gymnasium Hohenschwangau mit Internat sein 75-jähriges Bestehen. Im Königswinkel, vor den Vorgebirgsketten der Ammergauer Alpen und am Fuße der Königsschlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau liegt die traditionsreiche Bildungseinrichtung. Schulleiter Thomas Schauer freut sich, das Jubiläum gemeinsam mit den rund 770 Schülern, der Lehrerschaft, Freunden und Ehemaligen feiern zu dürfen. Am Freitag, 14. Juli, beginnt die Feier mit einem Festakt für geladene Gäste. Am Samstag, 15. Juli, gibt es ein großes Schulfest für die gesamte Schulfamilie.
Es handelt sich beim Gymnasium Hohenschwangau um ein staatliches naturwissenschaftlich-technologisches und sprachliches Gymnasium mit angeschlossenem Internat. Personal- und Sachaufwandsträger ist der Freistaat Bayern. Über den normalen Unterricht hinaus bietet die Schule unter anderem Informatikkurse, ein chemisches Praktikum, den Grundkurs Psychologie und Wahlkurse Italienisch und Spanisch.
Für kreative Schülerinnen und Schüler gibt es Chöre, das Orchester, eine Big Band, Musical und Theater. Großgeschrieben wird in Hohenschwangau zudem die Sportförderung, insbesondere im Wintersport. Für Thomas Schauer gibt es neben dem Schuljubiläum auch ein persönliches zu feiern. Seit zehn Jahren ist er der Rektor des Gymnasiums.

„Was diese Schule so besonders macht, ist, dass nach der sechsten Stunde mit dem Gong nicht alle Schüler schnell nach Hause gehen. Hier ist immer was los, hier ist 24/7 pro Woche Leben und Lernen von jungen Menschen.“ Was stark mit dem Internat zusammenhängt, welches von den ersten Tagen an diese Schule und den Schulbetrieb prägte. „Es führt dazu, dass hier ein ganz besonderes Gemeinschafts- und Zusammengehörigkeitsgefühl vorhanden ist.“
Zwar leben von rund 770 Schülern aktuell nur 101 im Internat. Dieses Gefühl übertrage sich jedoch auf alle, sagt Schauer. An „seiner“ Schule herrschen Toleranz und Offenheit und das Miteinander sowohl zwischen den Schülern als auch mit den Lehrern sei sehr harmonisch.
Besondere Förderung gehört zum Schulalltag in Hohenschwangau. „Dazu gehört der sportliche Bereich, da wir auch Stützpunktschule für mehrere Sportarten sind“, berichtet der Schulleiter. Skialpin, Skilanglauf, Sportklettern und Eishockey, wie auch Biathlon seien da zu nennen. „Das Sportgelände ist integraler Bestandteil der Schule.“ Hier wäre Lena Einsiedler aus Pfronten zu erwähnen. Die Langläuferin gehört zum Landeskader des Bayerischen Skiverbands und ist aktuell die beste deutsche Nachwuchssportlerin in ihrer Disziplin. Auf der anderen Seite gibt es besondere Unterstützung für jene, die Defizite mit dem Lernpensum haben.
Aber auch für ausländische Schüler, die eine besondere Deutschförderung bekommen. Integration sei der Schulfamilie ein großes Anliegen. „Das ist auch etwas, das uns auszeichnet. Es kommen immer wieder neue junge Menschen, die ganz verschiedene Bildungsbiografien mitbringen.“ So mancher Schicksalsschlag gehe einem Schulstart an seiner Schule und dem Internatsleben voraus, weiß der Rektor. Freude und Stolz empfinde er dann jedes Mal, wenn sich insbesondere diese jungen Menschen mit Eifer und Engagement bis zum Abitur durchkämpfen.
Für die Schülerschaft sei es eine Selbstverständlichkeit, neue Gesichter willkommen zu heißen und schnell in die Schulgemeinschaft integrieren zu wollen. 16 Nationalitäten zählen die Internatsbewohner. Was die Hohenschwangauer Schule unter den elf staatlichen Internatsschulen in Bayern auszeichnet: Diese Einrichtung ist die Einzige, die tatsächlich jedes Wochenende geöffnet hat. „Die Kinder können immer hier sein“, betont Schauer. Ein Vorteil für Schüler von weiter her, aber auch für Sporttalente, die somit dem Training die nötige Zeit einräumen können und gleichzeitig die schulischen Anforderungen bewältigen.
Circa 30 der insgesamt 83 Lehrkräfte arbeiten neben dem Unterricht auch im Internat. Ein weiteres, zusammenschweißendes Element also. „Auch lebenslang“, betont der Schulleiter. Bestes Beispiel dafür ist wohl der Verein „Alt-Hohenschwangauer Schulgemeinschaft“ (AHSg). Gegründet 1955, zählt der Verein heute 450 Mitglieder.
Von prominenten ehemaligen Schülern kann die Internatsschule ebenfalls zeugen. Einer, der sogar Pate der Schule ist und das Projekt „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ ins Leben rief, ist der Autor Benedict Wells. Er absolvierte 2003 sein Abitur und kehrt noch immer regelmäßig nach Hohenschwangau zurück. Im Spitzensport sind hier Katja Seitzinger, Jörg Mayr, Tobias Barnerssoi und Luis Stitzinger zu nennen. Aber auch Baden-Württembergs Kultusministerin Theresa Schopper.

Ein Rektor muss ja positiv über seine Schule sprechen, könnte man annehmen. Im Gespräch mit drei Schülerinnen und zwei Schülern werden die positiven Attribute der Hohenschwangauer Schulgemeinschaft jedoch bestätigt. Jule Hinterseer (Q 11, 17 Jahre), Kilian Klughammer und Lisa Brandl (beide ebenfalls Q11, 18 Jahre) sind die amtierenden Schülersprecher und externe Schulbesucher. Im Internat wohnen Kiwon Kim aus Südkorea (Q12, 19 Jahre) und die Schweizerin Helena Becker (Q11, 18 Jahre).
Alle fünf sind sich einig, dass das Gemeinschaftsgefühl in Hogau, wie sie die Internatsschule nennen, hervorzuheben ist. Lisa erzählte, dass sie das Gymnasium bewusst wählte. „Ich habe mich von Anfang an willkommen gefühlt. Man spürt hier unter den Schülern gegenseitig, aber auch mit den Lehrern, den engen Zusammenhalt.“ Jule bestätigte: „Natürlich gibt es an jeder Schule in gewisser Weise eine Zusammengehörigkeit. Bedingt durch das Internat aber, haben wir hier noch eine viel intensivere Auseinandersetzung mit Menschen aus anderen Kulturen. Das schafft eine hohe Toleranz und eine Gemeinschaft, die stärker auf inneren Werten basiert, als nur einem Klassenverband oder der Schule selbst.“
Kiwon war 13 Jahre jung, als er auf eigenen Wunsch hin nach Hohenschwangau kam. Anfangs habe er Angst gehabt, sich nicht einbringen zu können. „Ich konnte in Hogau sehr schnell und gut die deutsche und auch die bayerische Kultur kennenlernen. Wenn wir Internatler Probleme haben, sind die Erzieher und die Lehrer immer für uns da.“
Eine ukrainische Willkommensklasse und die Aktion „Schüler helfen Schülern“ sei ein persönliches Anliegen der Mädels und Jungs. „Wir alle hier sind sehr aufgeschlossen und integrieren neue Leute, damit sie sich wohl fühlen“, erzählte Jule. „In der Schweiz wurde ich an meiner alten Schule ins kalte Wasser geworfen. Hier habe ich aber sofort Anschluss gefunden, mir wurde immer Hilfe angeboten“, sagte Helena. Hier finde Integration tatsächlich und unkompliziert statt.
Die Schüler berichten von verschiedenen Förderprogrammen. „Für die Sportler zum Beispiel ist am Montag nach einem Wettkampf immer prüfungsfrei“, lobt Kilian. Auch die Lehrer nehmen bei Ausfällen Rücksicht und sorgen dafür, dass im Nachgang die nötigen Unterrichtsmaterialien nachgereicht werden, so Lisa. Im Internat gibt es Studierzeiten.
„Da sind immer Lehrer da, um Hilfestellung zu geben“, sagte Kiwon. Unter den zustimmenden Lauten ihrer Mitschüler sagte Jule: „Die meisten Lehrer hier, und ich denke, da kann ich für uns alle sprechen, investieren mehr Zeit in uns, als sie eigentlich müssten.“ Dabei gehe es laut Lisa nicht nur um das Schulische, sondern viel auch um persönliche Dinge. AGs und andere Angebote werden gerne angenommen: „Ich würde sagen, die Hemmschwelle, freiwillig etwas für die Schule zu tun, liegt hier deutlich niedriger als bei anderen Schulen“, sagte Kilian.

Die Gemeinschaft präge die kommende Festwoche. Die Schüler haben das Gefühl, dass nach der Coronapandemie die ganze Schule wieder richtig in Schwung kommt. Das Schulfest zur Jubiläumsfeier wird ein großes Wiedersehen. Der AHSg gestalte das Fest mit und viele weitere Ehemalige haben ihr Kommen angekündigt. Es gibt mehrere Aktionen in der Festwoche.
Am Dienstag, 12. Juli, beginnt es mit einer „Nacht der Musik und Literatur“, zu der jeder eingeladen ist. Daraufhin haben die Schüler Projekttage. Für den Festakt am Freitag sind gut 150 Gäste geladen. Darunter Bayerns Kultusminister Michael Piazolo, der sein Kommen zugesagt hat. Das große Schulfest beginnt am Samstag um 14 Uhr. „Mit Open end. Das wird eine lange Veranstaltung,“ lacht Schauer.
Text: Selma Hegenbarth
Fotos: Gymnasium Hohenschwangau, Selma Hegenbarth (1)