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Der Glaube sollte im Herzen sein

„Ich habe mich oft gefragt, wie Menschen dazu kommen, im Namen des Glaubens zu töten,
Menschen zu foltern, sie zu demütigen und ihnen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben.“

Farsane Hashemi lebt seit 2015 in Deutschland. Sie ist mit ihrem Mann aus dem Iran geflüchtet. Es ist ihre zweite Flucht. Als sie noch ein Kind war, floh sie mit ihrer Familie aus Afghanistan, wo der Krieg tobte. Während dieser ganzen Zeit hielt sie an ihrem muslimischen Glauben fest. „Ich habe mich oft gefragt, wie Menschen dazu kommen, im Namen des Glaubens zu töten, Menschen zu foltern, sie zu demütigen und ihnen vorzuschreiben, wie sie zu leben haben“, so die Mutter zweier Kinder.

Sie weiß, dass die meisten Frauen im Iran das Kopftuch oder die Burka aus Angst tragen und nicht, weil es ihr Glaube vorschreibt. „Meine Mutter und meine Schwiegermutter sind sehr streng. Eine Frau ohne Kopftuch ist für sie unvorstellbar. Dabei wird oft Tradition mit dem Glauben vermischt und man weiß gar nicht, wo dann die Grenze gezogen werden muss“, erzählt die 32-Jährige. Noch schlimmer sei es, wenn die Politik den Glauben instrumentalisiert, so wie es gerade im Iran passiert. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass sich die Männer so auf die Seite der Frauen stellen. Das ist schön und irgendwie beruhigend. Im Koran steht, dass sich Männer und Frauen ebenbürtig sind. Das wird leider oft vergessen“. Fersane Hashemi wohnt mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Eisenberg. „Mein Glaube an Gott ist stark. Er gibt mir Hoffnung, Zuversicht, Stärke. Das bedeutet mir sehr viel. Ich werde jetzt im Fastenmonat Ramadan fasten und auch beten, aber nicht, weil ich es muss, sondern weil ich es will. Ohne Zwang, ohne Belehrungen“, sagt sie. Als sie nach Deutschland kamen, wurden sie in ein Auffanglager gebracht. Dort waren auch afghanische Frauen, die erzürnt waren, dass Fersane Hashemi kein Kopftuch trug, und so redeten sie auf ihren Mann ein, wie er das nur erlauben konnte. „Für sie war es nicht verständlich, dass wir eine moderne und liberale Familie sind. Ich bin der Meinung, dass man den Glauben nicht nach außen tragen muss. Der Glaube sollte im Herzen sein“.

Fersane Hashemi möchte, sobald ihr Sohn einen Kindergartenplatz bekommt, eine Friseur-Ausbildung machen. Doch zuvor will sie noch einen Deutschkurs belegen und dann will sie durchstarten.

Text · Foto: Sabina Riegger

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