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Nachgefragt! Bei Thomas Günter

Marketingleiter beim Wittelsbacher Ausgleichfonds in Hohenschwangau

Die tiefe Krise der letzten zwei Pandemie-Jahre hat bei vielen Verantwortlichen in der Tourismuswirtschaft und in den Destinationen zu einem gewissen Umdenken geführt: Echte Nachhaltigkeit ist für die Tourismusbranche nicht nur notwendig, sondern bringt auch echte Wettbewerbsvorteile mit sich. Umweltschutz und Nachhaltigkeit könnte der Antrieb für eine ständige Erneuerung der Branche, für mehr Resilienz in Zeiten, in denen die Zahl der Krisen zunimmt und häufig auch und gerade Umwelt- und Naturkatastrophen vieles verändern. Füssen aktuell sprach mit Thomas Günter, Marketingleiter des Wittelsbacher Ausgleichsfonds in Hohenschwangau, über die Veränderung im Tourismus. Günter, der Akquise für Hohenschwangau in verschiedenen Ländern betreibt und mit Reiseveranstaltern zusammenarbeitet, ist sich sicher, dass die Sehnsucht nach Reisen noch ausgeprägter ist, als sie schon war.

Wie hat sich die Akquise um den Tourismus in den letzten zwei Pandemie-Jahren verändert?
Während der beiden Lockdowns gab es zum Glück die Möglichkeit, per Videoschalte miteinander zu kommunizieren. Über das Internet konnte man seine Produkte mit Video-Filmen, Power Point-Präsentationen und digitalen Broschüren präsentieren, das war schon eine große Hilfe, denn man hat dadurch die Kontakte nicht verloren. Seit diesem Jahr ist es wieder möglich, an Präsenzveranstaltungen teilzunehmen und Reisebüros bzw. Reiseveranstalter direkt zu besuchen. Die Einreiseregeln sind in den meisten Ländern wieder vereinfacht worden. So praktisch eine Videoschalte auch ist, es geht jedoch nichts über den persönlichen Kontakt und Austausch, da man seine Produkte einfach besser vorstellen kann.

Ist die Nachhaltigkeit nur im höherpreisigen Segment ein Thema oder betrifft es mittlerweile alle Bereiche der Hotellerie?
Dazu möchte ich gerne Molière zitieren: „Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun“. Nachhaltigkeit betrifft alle Bereiche, dies erfordert aber teilweise sowohl bei Anbietern, als auch beim Verbraucher noch ein Umdenken, das sind wir der Umwelt schuldig. Jedoch ist auch der Staat gefragt, Nachhaltigkeit bürokratisch zu erleichtern. Ein Beispiel wäre, die Verpackungsvorschriften zu überarbeiten. Es muss sicherlich nicht alles in Plastik eingeschweißt sein. Nachhaltig und umweltbewusst reisen verbinde ich auch mit entschleunigt reisen. Es ist doch viel schöner, einen Espresso aus heißen Porzellantassen zu trinken und den Augenblick zu genießen, anstatt ihn als „Coffee to go“ aus dem Pappbecher rasch im Gehen zu trinken und damit zusätzlich unnötig Müll zu produzieren.

Wie stark beeinflussen der Ukraine-Krieg und die Inflation den Tourismus jetzt speziell in Hohenschwangau?
Momentan „brummt“ der Ort, da absolute Hochsaison ist. Das heißt, im Augenblick spüren wir die Auswirkungen nicht. Das ändert sich mit Ende der Sommerferien aber wieder. Die Corona-Pandemie hat uns touristisch gut und gerne 35 – 40 Jahre zurückgeworfen. Damals hatte der Ort auch in der schwachen Saison zumindest noch amerikanische und japanische Gruppen. In diesem Jahr, sind – bedingt durch die Passionsspiele, seit Mai ebenfalls wieder amerikanische Gruppen hier, die ohne Oberammergau nicht hier gewesen wären, aber heuer auch nur noch bis Oktober. Japanische Gäste fehlen noch gänzlich. Verstärkt durch Inflation und Ukraine-Krieg, wird die Neben- und Wintersaison wieder schwach ausfallen, da asiatische Märkte entweder noch ganz fehlen bzw. erst langsam anlaufen, da man ja für dieses Jahr pandemiebedingt noch keine Sommerreisen anbieten konnte. Die Planung erfolgt ja immer etwa ein Jahr vorher.

Haben Gruppenreisen noch die Intensivität wie vor einigen Jahren oder hat sich das auf den Individualtourismus verlagert?
Abgesehen von den US-Gruppen, die sich noch bis Oktober die Passionsspiele in Oberammergau ansehen, hat die Intensivität von Gruppenreisen sehr stark abgenommen. Nehmen wir nur zum Beispiel chinesische Gruppen. China fährt ja die Null Covid-Strategie, das spürt der Ort Hohenschwangau natürlich. Auch andere Märkte konnten für 2022 aufgrund Covid noch nicht oder nur sehr kurzfristig planen. Der Tourismus hat sich in diesem Jahr tatsächlich mehr und mehr auf den Individualtourismus verlagert oder auf kleinere Gruppen. Reiseveranstalter planen jedoch für die Saison 2023 wieder Gruppenreisen, allerdings auch mit verkleinertern Gruppengrößen und mit mehr Zeit und höherer Qualität. Wie sich der Tourismus entwickelt, ist im Augenblick jedoch nicht vorhersehbar, da ja Corona noch nicht aus der Welt ist und man auch nicht weiß, wie sich die Energiekosten und die Inflation weiterentwickeln.

Vielen Dank für Ihre Zeit.
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse.

Text: Sabina Riegger · Foto; privat

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