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Pfarrer Kneipps-Hausapotheke

Am 17. Mai jährt sich der Geburtstag von Sebastian Kneipp zum 200. Mal. Ein Grund mehr, auf seine vielfältigen und zum Teil bahnbrechenden Erkenntnisse einzugehen. Viele kennen ihn ja oft nur als „Wasserdoktor“, aber das ist nur ein Teil seiner 5-Säulen-Therapie, die aus eben der Wasserbehandlung, der Ernährung, Bewegung, Lebensführung und ganz wichtig, auch den Heilpflanzen besteht.

Kneipps Mutter Rosina war eine kräuterheilkundige Frau und legte somit den Grundstein um das große praktische Wissen ihres Sohnes und die Kraft der Pflanzen. In seiner Grönenbacher Zeit lernte er dann den damaligen Ortspfarrer und Botaniker Ludwig Köberlin kennen, der ihn in die wissenschaftliche Pflanzenheilkunde einführte. Das kam gerade recht in der Periode, da die aufkommenden synthetischen Arzneimittel das alte Heilpflanzenwissen, gerade der heimischen Kräuter, zu verdrängen drohten.

Was sagt Kneipp selbst über eben dieses: „Je länger ich mich mit den Kranken abgebe, umso klarer wird mir, dass Gott, der Schöpfer aller Dinge, uns die halbe Apotheke im Wasser und die andere Hälfte in den Kräutern bestimmt hat.“
Viele dieser Pflanzen kann man, so wie er vorschlägt, sogar auf der eigenen Fensterbank anbauen, das ist praktisch und die gute Qualität ist gewährleistet. Gerne möchte ich Ihnen einiges aus seinem Wissensschatz vorstellen, und so wie er schreibt, die Kräuter „jederzeit und kostengünstig verfügbar sind.“ Eine kleine Auswahl möchte ich diesmal treffen:

Bockshornklee/-samen (Trigonella foenum graecum)

Wetten, dieses Samenpulver kennen Sie garantiert alle, denn es ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Gewürzes Curry. Der Bockshornklee aus der Familie der Schmetterlingsblütler zählt mit Sicherheit zu den ältesten Kultur- und Arzneipflanzen. Bereits die alten Ägypter kultivierten das einjährige Kraut zu religiösen und heilkundlichen Zwecken. Die Samen wurden tatsächlich als Grabbeigabe des Tutenchamun gefunden! Die im östlichen Mittelmeerraum beheimatete Pflanze, hier auch Griechisches Heu genannt, aufgrund ihres markanten Geruches (lat. fenum = Heu, graecum = griechisch, auf griechisch Trigonum = Dreieck) wurde damals schon z. B. in Form von heißen Breiumschlägen bei Furunkeln und anderen Hauterkrankungen, bei Katarrhen der oberen Luftwege, Magenschleimhautentzündungen, als Tonikum bei Schwächezuständen, außerdem bei Haarausfall eingesetzt. Die Philosophen der Antike pflegten die Samen zu kauen, daher auch der Name Philosophenklee. Nachdem die Pflanze über die Alpen gelangt war, erfreute sie sich wachsender Beliebtheit. Selbst Karl der Große hielt den Bockshornklee für derart wichtig, dass er ihn in seiner Landgüterverordnung als eine der Pflanzen aufnahm, die die Bürger seines Landes anbauen sollten.
Bei Hildegard von Bingen steht geschrieben: „Wer tagtägliche Fieber hat, welche ihn viel schwitzen lassen und ihm das Essen verleiden, der nehme im Sommer den Bockshornklee samt Samen und mache ihn in Wein warm und trinke das oft nüchtern und es wird ihm besser gehen.“ Dieses Mittel hat so auch absolut gewisse Anklänge an die in der Volksüberlieferung beschriebene Behandlung von Tuberkulose. Auch Kneipp war seit 1846 daran erkrankt, was ihn aber nicht daran hinderte, innerhalb von 4 Jahren sein Abitur zu machen. Mit Hilfe seiner eigenen Wasserkur – und des Bockshornkleesamens? – war er 1852 vollständig geheilt.

Hauptsächlich enthalten die meisten Pflanzenteile Schleimstoffe, pflanzliche Steroide, Alkaloide und Gerbstoffe, aber auch das Vitamin Niacin, Bioflavonoide und Bitterstoffe, um nur einiges zu nennen.

Pfarrer Kneipp schreibt über das Bockshornkleesamenpulver: „Nach innen wirkt dasselbe, als Tee zubereitet, kühlend bei hitzigen Fiebern. Bei Halsleiden mit starken Hitzen im Hals dient der Tee als gutes Gurgelwasser. Ein Kaffeelöffel reicht aus für eine mäßige Tasse Tee, die im Tage getrunken oder zum Gurgeln verwendet wird. Was die äußere Anwendung betrifft, ist Foenum graecum das beste von allen mir bekannten Mitteln zum Auflösen von Geschwülsten und Geschwüren. Es wirkt langsam, schmerzlos, aber bis zum letzten Tropfen Eiter ausdauernd und gründlich. Man kocht ähnlich wie beim Leinsamen den bekannten öligen Brei, den man in kleine Linnentüchlein bringt und auflegt. Bei offenen Füßen ziehen solche Auflagen die sog. „Zuschläge“, d.h. die Entzündungen um die Ränder der Wunde, aus und verhindern die Bildung des faulen Fleisches oder gar einer Blutvergiftung. Diese letztere Anwendung empfehle ich der besonderen Aufmerksamkeit aller, denen solche Fußwunden oft recht viel Leid und Sorge bereiten.“
Mein ganz persönlicher kulinarischer Tipp: probieren Sie doch einmal Käse mit Bockshornkleesamen, er schmeckt ganz hervorragend!

Schafgarbe (Achillea millefolium)

Eigentlich eine Heilpflanze, die viele kennen, aber sie oft nicht so recht zu nutzen wissen. Sie gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und ist auf vielen Wiesen, Weiden und Wegrändern zu finden. Ihre charakteristischen Merkmale sind die zarten filigran gefiederten Blätter (millefolium = Tausendblatt), aus denen man auch Wildgemüse und Salat zubereiten kann. Der lateinische Name „Achillea“geht auf Achilles, den sagenhaften Helden des Trojanischen Krieges zurück. Aphrodite riet ihm, seine Verletzung an der Ferse (Achillessehne) mit dem Kraut zu behandeln. Die umgangssprachlichen Namen für die Schafgarbe lesen sich wie eine Liste ihrer Anwendungsbereiche in der Volksmedizin bzw. der Personen, die am meisten von der blutstillenden und wundheilungsfördernden Kraft profitieren: Grundheil, Frauendank, Bauchweh-, Blutstill-, Soldaten-, Wundkraut, Kraut der Zimmerleute. In der Sprache unserer Vorfahren bedeutete „Garwe“ übersetzt „Gesundmacher“, denn es wurde beobachtet, dass sich Schafe bei Unpässlichkeit damit sozusagen selber heilten.

Was sagt denn nun Pfarrer Kneipp über diese wertvolle Pflanze? „Viel Unheil bliebe den Frauen erspart, würden sie ab und zu einmal nach Schafgarbe greifen!“ Er empfiehlt 20-minütige Sitzbäder mit Schafgarbentee für schwächliche Kinder, bei krampfartigen Verspannungen, Hämörrhoiden, Menstruations- und Wechseljahrsbeschwerden, Juckreiz im Intimbereich, Gebärmuttervorfall, unregelmäßigen Monatsblutungen und innerer Unruhe. Hier werden 2 Handvoll Schafgarbe mit 3 L Wasser übergossen, 20 Minuten ziehen gelassen, abgeseiht und dem Badewasser zugefügt.

Die Bitterstoffe wirken verdauungsfördernd und appetitanregend. Sie dienen gleichzeitig der Blutreinigung und der Leberstärkung. Für einen entgiftenden Leberwickel können Sie einen starken Teeaufguss zubereiten. Ein Baumwolltuch in den Sud eintauchen, auswringen und so warm wie möglich auf den rechten Rippenbogen auflegen. Mit einem Wolltuch und einer Wärmflasche abdecken. Etwa 20-30 Minuten unter dem Federbett bleiben und dann noch nachruhen.

Einen ganz speziellen Behandlungsansatz hat die Heilige Hildegard von Bingen. Sie schreibt: „Wenn ein Mensch durch einen Unfall verwundet ist, soll man, nach Auswaschen der Wunde mit Wein (Wundalkohol), Schafgarbe leicht in Wasser kochen und das Wasser etwas ausdrücken und sie so noch warm zart über den Verband binden, der auf der Wunde liegt, und so nimmt es der Wunde das Eitern und Geschwürigkeiten und heilt die Wunde. (…) Wer eine innerliche Verletzung erlitt, der pulvere die Schafgarbe und trinke dieses Pulver in warmem Wasser. Wenn es besser geht, trinke er das Pulver in warmem Wein bis zur Heilung.“
Schafgarbe als „klassisches“ Wundmittel, innerlich und äußerlich! Man sagt auch: Keine Operation ohne Schafgarbenschutz, sowohl zur Vorbereitung als auch zur Nachbehandlung und Beschleunigung der Heilung.

Ich hoffe, Sie konnten 2 sehr interessante Pflanzen, nicht nur nach Pfarrer Kneipp, schätzen, wenn nicht gar lieben lernen und sie, wenn nötig, fleißig anwenden.

Bleiben Sie fit & gesund,
Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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