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Verwerten statt Wegwerfen

Ressourcen schonen, Bio kaufen, umweltbewusst leben: klingt ideal – und kostspielig. Doch kann nachhaltiger Konsum auch preiswert sein? Ja, kann er – etwa mit Foodsharing. Die Initiative der Lebensmittelretter existiert seit 2012 und setzt an einem immensen Verschwendungsproblem an. Sie „retten“ ungewollte und überproduzierte Lebensmittel in privaten Haushalten sowie von kleinen und großen Betrieben. Die Mitglieder der foodsharing-Community arbeiten ehrenamtlich und unentgeltlich, so wie Madeleine Ettinger und das foodsharing-Team in Füssen, die es seit einem halben Jahr in Füssen gibt. Füssen aktuell sprach mit Madeleine Ettinger über das Foodsharing.

Waren Sie schon vorher foodsharing-Botschafterin?
Foodsharing Füssen hat sich aus einer Projektgruppe im Rahmen des Jugendpolitischen Stammtisches im Jufo Füssen heraus entwickelt. Dort wurde im Winter 2019 über das Thema Lebensmittelverschwendung diskutiert. Daraufhin hat sich eine kleine Gruppe gebildet, zu der sich im Laufe der Zeit immer mehr Interessenten dazu gefunden haben. Mit der Zeit hat sich dann ein fester Kern aus fünf Menschen gebildet, von denen nun drei die Rolle als Botschafterin inne haben.

Wie viele engagieren sich in Füssen für das Foodsharing?
Momentan sind wir 3 Botschafterinnen und 2 Foodsaver. Foodsaver haben eine Ausbildung absolviert, die ihnen ermöglicht, ehrenamtlich überschüssige, aber noch genießbare Lebensmittel bei mit foodsharing kooperierenden Betrieben einzusammeln, um sie vor der Entsorgung zu retten. Wir sind also noch sehr klein und freuen uns über viele weitere Helfer*innen.

Was ist der Unterschied zur Tafel?
Die Tafeln sammeln vornehmlich für Bedürftige, foodsharing hingegen gibt allen Menschen die Möglichkeit, sich gegen die Lebensmittelverschwendung einzusetzen und sich von den überschüssigen Lebensmitteln zu versorgen. Die meisten Tafeln nehmen keine verarbeiteten Lebensmittel an, auch keine Lebensmittel, welche das MHD überschritten. Die Foodsaver dürfen alle Lebensmittel annehmen und tragen durch die Haftungsbeschränkung selbst Verantwortung für die Genießbarkeit. Die Tafeln holen ihre Lebensmittel vor allem bei großen Lebensmittelbetrieben ab, wir retten Lebensmittel bei kleinen und großen Lebensmittelbetrieben, vornehmlich jedoch bei jenen, bei denen es sich für die Tafeln wegen zu geringer Menge nicht lohnt. Bei den Tafeln müssen die Abnehmer*innen von den Lebensmitteln meist ein paar Euro für diese bezahlen. Bei foodsharing ist es verboten, Lebensmittel in irgendeiner Form zu veräußern. Alles Gerettete darf nur verschenkt werden. Was die Tafel und foodsharing gemeinsam haben: Die Tafeln engagieren sich seit 20 Jahren gegen die Verschwendung von Lebensmitteln. Es gibt derzeit in ganz Deutschland über 900 Tafeln. Viele Menschen engagieren sich ehrenamtlich bei den Tafeln. Die Tafeln und foodsharing setzen sich gemeinsam gegen die Verschwendung von Lebensmitteln ein und kooperieren, wo sie können. Wir sehen uns als Partner und nicht als Konkurrenten.

Was wird genau an Lebensmitteln weitergegeben?
Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) überschritten sind, dürfen geteilt werden. Wichtig und entscheidend ist das Verbrauchsdatum, dieses befindet sich z.B. auf frischem Fisch, Hackfleisch, verarbeiteten Speisen mit rohen Eiern, Geflügel etc. Merke: Lebensmittel, welche das Verbrauchsdatum überschritten haben, werden nicht weitergegeben bzw. abgeholt. Meistens besteht eine Abholung aus unterschiedlichen Backwaren, Gemüse und Obst, aber auch Milchprodukte wie Joghurt, Sahne, Milch und Käse. Es gab auch schon eine Lebensmittelabholung mit 240 Eiern und mehrere Metzgereiabholungen für Wurst.

Überlegter Konsum
Im Jufo in Füssen können die Lebensmittel aus den Regalen und Kühlschränken genommen werden.

Wo sind die Anlaufstellen?
Foodsharing Füssen hat bereits zwei Fair-Teilerstationen, das sind die Orte, wo alle Menschen Lebensmittel hinbringen und kostenlos mitnehmen dürfen. Das Jufo in Füssen ist eine davon, dort ist quasi auch die Geburtsstunde von foodsharing Füssen. Die Einrichtungsleiter haben dort eine schöne Fair-Teilerstation eingerichtet mit Regalen und einem Kühlschrank, der von „expert“ gesponsert wurde.

Zugänglich ist dieser Ort immer zu den Jufo Öffnungszeiten. Durch die Schließung des Jufo in Füssen auf Grund der Coronabestimmungen, waren wir auf der Suche nach einem alternativen Abholort. Sehr schnell und unkompliziert bot uns der Inhaber des „Peperoncino“ in der Bahnhofstraße 6 seine Hilfe an. Seitdem nutzen wir seinen Hinterhof als Abgabestelle, wofür wir sehr dankbar sind.

Unsere zweite Station befindet sich in Pfronten, in der Kienbergerstraße 1. Hinter dem Haus auf dem Parkplatz wurde uns eine Garage zur Verfügung gestellt und mit Regalen und Kühlschrank bestückt. Die Fair-Teilerstation ist täglich von 12-18 Uhr geöffnet.

Wie kann man unterstützen?
Besuche unsere öffentlichen Fair-Teiler, melde Dich an auf foodsharing.de und teile Lebensmittel mit Deinen Mitmenschen. Vernetze Dich mit der foodsharing-Gruppe vor Ort, werde Foodsaver und rette mit! Auch Betriebe, Hotels und Restaurants können helfen, indem sie ihre überschüssigen Lebensmittel abgeben.

Einfach melden unter: fuessen@foodsharing.network

Text: Sabina Riegger · Fotos: privat

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