KulturLeben

Musik baut Brücken

Lechufer Anno 1800

Das neue Theaterstück auf der Geierwally-Freiluftbühne erzählt über die Beliebigkeit von Grenzen und wie sie die Menschen verändern. Lediglich acht Monate war das Lechtal im Jahr 1800 geteilt. Das nördliche Lechufer wurde von der napoleonischen Armee mit 40.000 Soldaten besetzt, während das südliche Lechufer noch in österreichischer Hand war.

Familien und Freunde wurden auf einen Schlag getrennt und bei dem Versuch den Lech zu überqueren bestraft. Obwohl oder gerade weil die Österreicher dazu aufgefordert wurden, die Franzosen in ihren Häusern aufzunehmen und zu verpflegen, bestand die Möglichkeit, sich und die fremde Kultur kennen zu lernen und so Spuren zu hinterlassen. „Im Allgemeinen hatte man wenige Klagen über die Franzosen, sie waren lustige Leute, entwendeten wenig (…), den schönen Mädchen waren sie nicht feind, wenn die Mädchen auch auf dem rechten Lechufer waren.“ So schildert der Universalgelehrte Falger (geb. 1791) seine Erfahrung während der Belagerung. Basierend auf den historischen Fakten, angereichert mit einer geschickt erzählten Liebesgeschichte über die Grenzen hinweg und verfeinert mit berührender Musik. So entwickelten Bernhard Wolf, künstlerischer Leiter und Schauspieler, zusammen mit dem Musiker Christof Kammerlander das diesjährige Stück auf der Freiluftbühne in Elbingenalp.

Der in Elbingenalp geborene und über die Landesgrenzen hinaus erfolgreiche Regisseur Hubert Spiess durfte das Drehbuch anschließend in Szene setzen und bekam dabei Unterstützung von den Lechtalern Ernst Schneller und Michael Bachnetzer, die bemerkenswerterweise das komplette Bühnenbild aus Holz entworfen und geschnitzt haben. Das ganze Team, inklusive der 23 Schauspieler und Musiker, kommt aus der Region und die Euphorie und Freude auf die Vorstellungen ist jetzt schon allgegenwärtig. „Das Lechufer wird Zeuge einer Geschichte über Freundschaft, Liebe, Verrat – und viel Musik.“ Im Interview haben die Beiden verraten, dass auch sie beim Entstehungsprozess Grenzen in ihren professionellen Genres überschritten haben. So wird der Musiker plötzlich mit Sprechrollen auf der Bühne konfrontiert und der Schauspieler und Autor mit der Aufgabe, Liedtexte zu schreiben. Man könne nicht sagen, dass erst der Text oder die Musik da war, „es ist immer Hand in Hand gegangen“, darum „ist es wirklich ein Guss und nix reingeflickt“, so Christof Kammerlander. Obwohl dieses Jahr auf der Bühne viel gesungen und musiziert wird, bezeichnen die Künstler es nicht als Musical, auch weil es keine Choreografie gibt, sondern lieber als Musiktheater. „Wir haben versucht, dass wenn gesungen wird im Stück, es immer einen Grund hat.“ Laut Bernhard Wolf ist die Musik immer eine Hilfe zur Verständigung zwischen den Figuren. Etwa 10 Lieder hat Christof Kammerlander mit dem befreundeten Elias Walch komponiert und produziert und durch die neue Tonanlage kann man dieses Jahr die Musik auf der Bühne noch besser genießen. Man wollte sichergehen, dass man an möglichst allen Plätzen des imposanten Schauplatzes Text und Musik gut verstehen kann. Für zuhause zum Nachhören gibt es dann alle Lieder auf CD und zum Download. Eine erste Hörprobe gibt es schon jetzt auf der Homepage.

Bei jeder Eintrittskarte ist dieses Jahr zusätzlich der Eintrittspreis für das nahgelegene Museum WUNDERKAMMER inklusive. Dieses besondere Museum über die Lechtaler Kultur und Geschichte bezaubert mit all seinen Kuriositäten, wie z.B. einem Nachtstuhl von König Ludwigs Mutter Königin Marie und vielen weiteren Fundstücken z. B. über den Leonardo da Vinci des Lechtals Johann Anton Falger und Anna Steiner Knittel, der Geierwally.

Wie jedes Jahr können die Besucher auch eine Sonderausstellung besuchen, welche angelehnt an das Theaterstück der Freiluftbühne die historische Seite noch genauer beleuchtet. Der ehemalige Schulrat Mag. Peter Friedle ist der Leiter der Sonderausstellung und hat mit seinem Team aus ehrenamtlichen Helfern ein buntes Potpourri zusammengestellt. Brücken der damaligen Zeit sowie eine genaue Landkarte von 1800, ein riesengroßes französisches Bajonett und eine Uniform der französischen Armee werden zu sehen sein, um nur einen Bruchteil zu nennen und nicht zu viel zu verraten. Im Moment ist er auf den Spuren des Waffenstillstands von Parsdorf (Bayern) unterwegs, welcher den Franzosen die Besetzung des nördlichen Lechufers überhaupt erst ermöglichte. Der Einfluss der Franzosen auf die Region war schwer nachzuweisen, aber laut dem Erfahrungsbericht von Falger sind seither Geisterbräuche und Geschichten verschwunden, sowie die damalige Haarmode, der lange Zopf. Man vermutet, dass im Sinne der franz. Revolution 1789, bei der die Vernunft vor den Glauben gestellt wurde, die Franzosen den Lechtalern ihre Geschichten ausgeredet haben.

Weitere Highlights der WUNDERKAMMER werden die verschiedenen Vorträge und Veranstaltungen im Rahmen der Sonderausstellung sein. So kann man im Juni und September mehr über die Franzosen im Außerfern erfahren, sich bei dem Kabarett “Mademoiselle Mirabelle“ amüsieren und z. B. vorgelesenen Zeitungsartikeln aus der damaligen Zeit lauschen.

Genaue Informationen wie Preise und Öffnungszeiten ind auf den Homepages der Wunderkammer und der Geierwally Bühne ersichtlich.

www.geierwally.at · www.wunderkammer.tirol

Text · Bilder: Ela Engel

Verwandte Artikel

Das könnte Dich auch interessieren
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Nacht der Musik 2024