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Das „Leaky Gut Syndrom“ – Der durchlässige Darm

“Der Tod sitzt im Darm” sagte schon Hippokrates. Tatsächlich ist es kaum zu glauben, mit wie vielen unserer Zivilisationskrankheiten ein kranker Darm in Verbindung steht. Häufig unerkannt ist das Leaky Gut Syndrom, eine Erkrankung des Dünndarms, der quasi Löcher bekommt und so Stoffe aufnimmt, die dem Körper schaden.

Unspezifische Beschwerden wie Muskel- und Gelenkschmerzen oder chronische Müdigkeit und Konzentrationsschwäche treten auf, aber auch schwere Erkrankungen wie Rheuma, Neurodermitis und Schuppenflechte, Reizdarmsyndrom, Migräne, Herzerkrankungen und Multiple Sklerose, Parkinson und sogar Autismus. Eine Therapie ist möglich, erfordert allerdings Konsequenz und Durchhaltevermögen.

Noch immer viel zu wenig Betroffene und Therapeuten wissen um den Zusammenhang zwischen einem durchlässigen Darm und verschiedensten chronischen Erkrankungen, von denen einige als unheilbar gelten. Besonders chronische Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis Ulzerosa aber auch Allergien, Asthma und Autoimmunerkrankungen nehmen ihren Anfang in einem Dünndarm, der häufig durch eine chronische Entzündung vorgeschädigt ist. Es entstehen Lücken in der dichten Schleimhaut und so gelangen Stoffe in den Blutkreislauf, die dort keinesfalls hingehören und normalerweise über den Stuhl ausgeschieden werden.

Wenn nun solche Giftstoffe, Pilze oder Toxine in den Blutkreislauf gelangen, kommt es zu einer Alarmreaktion im Immunsystem, die oft der Beginn einer allergischen Erkrankung ist. Eindringende Stoffe sind häufig den körpereigenen Substanzen sehr ähnlich und so reagiert der Körper mit der Zeit auch auf sie und sogenannte Autoimmunerkrankungen wie die immer häufigere Hashimoto-Schilddrüsenentzündung, Rheuma, Schuppenflechte oder Morbus Bechterew können entstehen.

Was aber macht die Löcher in unsere Darmschleimhaut? Vor allem eine fehlerhafte Ernährung mit einem hohen Anteil an Zucker und Weißmehl und einem zu geringen Anteil an Ballast- und Vitalstoffen sowie Mineralien.

Aber auch Medikamente wie Antibiotika, Entzündungshemmer wie Ibuprofen und Diclofenac, Cortison, Bestrahlung und Chemotherapie wirken sehr aggressiv auf die Darmflora, die Bakterienbesiedelung des Darms. Weitere Faktoren sind Alkohol, Stress, eine Candida-Pilzbesiedelung oder eine Entzündung im Verdauungsapparat. Für den Nachweis eines Leaky Gut Syndroms gibt es verschiedene Urin-, But- und Intoleranztests auf Gluten, Histamin, Fruktose oder Laktose.

Bei einer erhöhten Durchlässigkeit des Darms empfiehlt es sich Maßnahmen zu ergreifen, die die Schleimhaut schützen und regenerieren, die Darmflora aufbauen und Entzündungen abklingen lassen. Zum Schutz der Schleimhaut kommen Lein, Floh- und Chiasamen, aber auch Eibisch- oder Süßholzwurzeltees in Frage. Bei einer geschädigten Darmflora werden lebende Bakterien als sogenannte Prä- oder Probiotika eingesetzt, gegen eine Hefepilzüberwucherung braucht man eventuell zusätzlich Grapefruitkernextrakt oder Zistrosentee und sollte zudem Kokosöl zum Kochen verwenden. Zur Regeneration der Schleimhaut tragen Aminosäuren wie Glutamin, Antioxidantien aus grünen Säften, Traubenkernen oder Aroniabeeren bei.

Die Heilung eines zu großporigen Dünndarms sollte in Begleitung eines erfahrenen Arztes oder Therapeuten stattfinden. Sie ist möglich, allerdings nur bei strikter Beibehaltung einer naturbelassenen, frischen Ernährung mit einem hohen Vital-, Ballast- und Mineralstoffanteil und einer Ausheilung der Entzündung und einer Erneuerung der Bakterienbesiedelung. Nach einer Reinigung des Darms durch Heilfasten oder eine Colonhydrotherapie ist die Ernährung für mindestens 6 bis 18 Monate konsequent umzustellen. Sie sollte viel Wasser und Bitterstoffe enthalten, aber kaum Genussgifte wie Alkohol, Nikotin, Zucker und Süßstoffe. Kartoffel- oder Sauerkrautsaft mit einer hohen Anzahl rechtsdrehender Milchsäuren sowie probiotische Produkte wie Joghurt unterstützen den Heilungsprozess. Bevorzugen Sie bei der Wahl des Joghurts Naturjoghurt ohne Zusätze – auch hier sind probiotische Kulturen enthalten. Jeder weitere Zusatz wie Farbstoffe oder künstliche Aromen stellt eine erneute Belastung für Ihren Darm dar.

Vitalstoffe und Vitamine zusätzlich zu verabreichen macht erst dann Sinn, wenn der Darm sie aufnehmen kann, am besten ist es jedoch Obst und Gemüse zu essen, auch wegen der sekundären Pflanzenstoffe. Am Anfang einer Therapie sollte nicht zu viel Rohkost genossen werden, da sie noch nicht gut verdaut werden kann und zu weiteren Beschwerden und Blähungen führt. Liegt eine Pilzerkrankung des Darmes vor, muss ggf. eine sogenanntes Antimykotikum verabreicht werden. Zudem macht es Sinn langsam und gut zu kauen und sich ausreichend zu bewegen, und den Leber-Gallestoffwechsel anzuregen. Und natürlich das Leben zu lieben und zu genießen.

Der ganze Aufwand lohnt sich. Man fühlt sich wieder leistungsfähig und fit, hat weniger Infekte, Allergien oder Autoimmunerkrankungen. Und so manche langjährige Erkrankung bekommt überhaupt erst einmal die Möglichkeit heilen zu können.

Text: Judith Anne März · praxis@wisse-die-wege.de
Ärztin für Gynäkologie, klassische Homöopathie und Informationsmedizin

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