Menschen

Im Gespräch mit Lars Doppler

Fast wie im Film – Ein Kinobetreiber vor der Kamera

Wer kann schon sagen wann es zu spät ist, etwas neues anzufangen? Kann es überhaupt zu spät sein, um in ein fremdes Land auszuwandern, sein eigenes Restaurant zu eröffnen oder vielleicht bloß eine neue Sprache oder ein Instrument zu erlernen? Das Gegenteil bewiesen Künstler wie Leonard Cohen, der sein Debütalbum als Musiker mit 33 Jahren herausbrachte, oder der Ire Brendan Gleeson, der sich mit 34 Jahren das erste Mal vor die Kamera stellte und heute mit den Größen Hollywoods mithalten kann. Vor wenigen Jahren entschied sich der Besitzer des Alpenfilmtheaters, Lars Doppler dazu, eine Schauspielschule zu besuchen. Ein Wunsch den er schon von klein auf hatte, sich aber bis dato nie erfüllte. Vor kurzem bekam er sogar seine erste größere Rolle in einem deutschen Kriegsdrama.

Es ist schon ein paar Jahre her, seit Lars Doppler das Alpenfilmtheater in Füssen übernahm, als ein Anruf seiner alten Lehrerin Gisela Panitz reinkam, mit der der gebürtige Kasseler bis heute noch stetigen Kontakt hält. Doch dieses Telefonat verlief etwas anders als sonst und sollte eine Veränderung in seinem Leben einleiten. Sie sprachen nämlich über Lars damaligen Wunsch Schauspieler zu werden. Ein Wunsch, der ihn trotz Familie und festem Job nie los ließ und so schaffte es die pensionierte Lehrerin nach einem langen Gespräch den Kinobesitzer zu überreden, sich an einer Schauspielschule zu bewerben, um, falls es auch scheitern würde, einen Haken daran setzen zu können. So bewarb sich Lars Doppler, trotz großer Zweifel aufgrund seines Alters, an der Schauspielschule der Münchener Film Akademie (MFA). Und das mit Erfolg.
Noch einige Jahre zuvor, als der heutige Vater dreier Kinder das erste Mal den Wunsch Schauspieler zu werden gegenüber seinen Eltern äußerte und sie mit großer Skepsis und den üblichen Leiern wie: „Aus dir soll doch etwas richtiges werden“ erwiderten, mussten seine eigentlichen Ambitionen vorerst ruhen. So begann er eine Lehre bei Volkswagen in Kassel, die er aber schnell abgebrochen hatte, um danach in einem Kino zur Zeit-überbrückung auszuhelfen. Dort gefiel es ihm, wohl sicherlich auch, weil es ihn ein paar Schritte näher an die Welt der Schauspielerei brachte. Und so entschloss er sich eine Ausbildung als Filmtheaterkaufmann anzunehmen. Nach einer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung bei „Mathäser“ in München folgten die Führung einer Handvoll Kinos in Worms, Sigmaringen, im Schwarzwald und schließlich in Füssen, wo der heute 41-Jährige bis heute blieb.

Die Kunst des Schauspielens

Es war 2009, als der Kinobesitzer nach zwei Jahren Ganztagesunterricht an der MFA seinen langjährigen Traum letztendlich verwirklichen konnte. „Ich hatte einen kleinen Vorteil, da ich schon eine kleine Existenz mit dem Kino aufgebaut hatte, die mir den Rücken stärkte und ich somit meine Ausbildung ohne Druck genießen konnte. Natürlich war es schwer, Familie, Arbeit und die Akademie unter einen Hut zu bringen, aber man entwickelt Energie, wenn man etwas gerne macht“, resümiert der große Mann über die Zeit in München. Die Reaktionen von Freunden und Verwandten zu seiner Ausbildung reichten von Freude und Begeisterung bis hin zu Neid und Verständnislosigkeit. Doch der Enthusiasmus zur Schauspielerei ist groß, als er erklärte: „Wenn man einen Charakter spielt muss man sämtliche Schubladen seines eigenen Lebens öffnen, damit man eine Verbindung zu den eigenen Emotionen aufbauen kann. Natürlich begegnet man auch einem Fach, das man nur ungern öffnet und kommt schnell an seine Grenzen, aber nur so lernt man viel über sich selbst.“ Auf die naheliegende Frage, ob Schauspielerei den Kinobesitzer verändert hat, muss er aber zunächst nachdenken. „Vielleicht sehe ich manche Dinge heutzutage offener. Dennoch ist es wichtig, das private Leben von diesem Schaffen zu trennen, obwohl das manchmal schwierig ist und sogar das Eine in das Andere überfließen kann. Trotzdem bleibt das eigene Ich wichtiger als die zu spielende Figur, ansonsten würde man den eigenen Charakter verlieren.“

Vom Projektorraum auf die Leinwand

Die Münchener Akademie unterrichtet Schauspielerei nach Sanford Meisner und Michael Chekhov. Beides eher jüngere Lehren, die im Gegensatz zu früher auf das Verhalten des Partners eingehen, als sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen. Der wichtigste Lehrsatz Meisners: „Unter vorgegebenen, fiktiven Umständen wahrhaftig zu (er-)leben ist das Wesen guten Schauspiels“, wird dabei nie außer Acht gelassen. Doch wie geht es nach so einer Ausbildung weiter? Klopfen schon die ersten großen Produzenten an? „Nach der Prüfung wollte ich erst mal nach Hause, um abzuwarten was passiert. Als ich plötzlich ins Büro gerufen wurde und MFA mich fragte, ob ich als Dozent bleiben und selbst unterrichten möchte, war ich aber erst mal etwas angeschlagen. Ich fragte mich, ob ich für das Schauspielen etwa nicht gut genug sei, doch man versicherte mir, wer die Thematik richtig verstünde und verinnerliche, der sei auch bereit zu unterrichten, was im Grunde ein großes Lob für mich war“, erzählt er lachend. Gelernter Schauspieler und jahrelanger Kinobetreiber. Was ist man dann eigentlich als Beruf? „Ich bin natürlich beides. Dass ich aber Schauspieler bin erwähne ich nur sehr selten, da manche Menschen schnell Ruhm und Berühmtheit damit in Verbindung bringen und Fragen wie ‚mit wem ich schon mal vor der Kamera stehen durfte‘ nicht weit sind.“

Bis heute hat Lars Doppler durch seine Agentur einige Castings für diverse Filme und Sendungen vermittelt bekommen und auch schon einige Wochen Drehtage hinter sich. Somit hat er sich und seinem Umkreis erfolgreich bewiesen, dass es nie zu spät ist seine Träume zu verwirklichen. Vor kurzem erst drehte er mit dem Regisseur Ed Ehrenberg ein Kriegsdrama, bei dem deutsche Soldaten in Russland von ihrem Bataillon abgekapselt wurden und in ein Dorf von Russlanddeutschen gelangen. „Was den Film interessant macht ist, dass zwei unterschiedliche Menschengruppen in einer Notsituation aufeinandertreffen. Zum einen die Soldaten, die ihre Truppe suchen und zum anderen das Dorf, das aufgrund einer Deportation der Männer nur aus den hinterbliebenen Frauen, Kindern und alten Menschen besteht. Ich spielte einen Leutnant und musste in einer Szene sogar einen Menschen umbringen, was für mich eine große Herausforderung war.“

Für den Familienvater ist die Schauspielerei nicht unbedingt eine Notwendigkeit, aber sie erfüllt ihn. Man durchlebt Dinge, die in Wirklichkeit unvorstellbar sind und kann den Zuschauer so träumen lassen. Sobald man sein Publikum trifft, es berührt und Emotionen aufkommen, ist seine Arbeit getan. Der Film gehörte immer schon zu seinem Leben und nun hat er  die Gelegenheit, das Gesamtwerk auch von der anderen Seite der Kamera zu sehen. Was seine persönlichen Lieblingsfilme sind, kann er aber nur schwer benennen. „Einen Film wie ein normaler Zuschauer zu konsumieren, das kann ich gar nicht, da ich meistens die großen Schauspieler bei ihrer Arbeit analysiere und deren Techniken erforsche“, erzählt er uns zum Abschluss lachend, und fügt hinzu „doch einen Film mag ich besonders gerne: „Magnolien aus Stahl“.

Text: Felix Schmid · Bilder: privat

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