Menschen

Die Reuttener Station der ARA Flugrettung

RK-2 – Die roten Engel

Reutte.    An insgesamt 31 Stationen setzt die DRF Luftrettung in Deutschland, Österreich und Dänemark rund 50 Hubschrauber für Notfalleinsätze und den Transport von Intensivpatienten zwischen Kliniken ein. Die ARA-Flugrettungs GmbH als Teil der DRF Luftrettung wurde 2001 gegründet und betreibt in Österreich an zwei Standorten professionelle Notfallmedizin mit Notarzthubschraubern. Einer dieser Standorte ist die ARA-Luftrettungsstation in Reutte. Hier verrichten abwechselnd zwei Piloten, elf Notärzte, drei Notfallsanitäter und 16 Flugretter ihren Dienst. Füssen aktuell stattete dem diensthabenden Personal einen Besuch ab, um sich ein Bild von der täglichen Arbeit verschaffen zu können.

Jeden Morgen um 6.30 Uhr ist Dienstbeginn für das eingeteilte Personal, denn ab 7 Uhr muss der Helikopter bei der Leitstelle Tirol als einsatzbereit gemeldet sein. Während der ersten halben Stunde  wartet bereits viel Arbeit auf die Diensthabenden. Pilot Jörg Straub, 46 Jahre alt, ist seit fünf Jahren in Reutte stationiert. Jeden Morgen checkt er den Wetterbericht, berechnet die voraussichtlich benötigte Treibstoffmenge und ermittelt den Schwerpunkt des Hubschraubers. „Die sogenannte „Weight and Balance-Berechnung“ dient vor allem zur Berechnung der Schwerpunktlage und zur Kontrolle des Abfluggewichts“, erklärt der Friedrichshafener. „Außerdem kontrolliere ich jeden Morgen die technische einwandfreie Funktion des Helikopters. Schließlich trage ich eine große Verantwortung gegenüber meiner Crew und den Patienten, die wir befördern.“ Die Piloten der ARA Flugrettung sind jeweils sieben Tage am Stück im Dienst, in seiner freien Zeit wird Jörg Straub von Stationsleiter und zweitem Piloten Christian Brunnlechner abgelöst. Eingeteilter Notarzt an diesem Tag war Dr. Sebastian Rössger, der auch als Anästhesist in einer Regensburger Klinik beschäftigt ist. Seine ersten Handgriffe bestanden darin, die medizinische Ausrüstung zu überprüfen und fehlendes Material aufzufüllen. „Ich bin für fünf Tage hier, dann geht es wieder zurück nach Regensburg“, erklärt er. „Ich mache meinen Job sehr gerne. Ärzte, die im Luftrettungsdienst fliegen wollen, müssen hohe Qualifikationsanforderungen erfüllen, z.B. neben der Facharztausbildung über notfall- und intensivmedizinische Kenntnisse sowie alpine Tauglichkeit.“ Immerhin gibt es öfter Situationen, an denen der Arzt per Seilwinde zum Patienten herabgelassen wird, müssen Notärzte im Luftrettungsdienst spezialisiert sein in den Fachrichtungen Anästhesie, Chirurgie und Innere Medizin. Das vierköpfige Team – neben Pilot und Notarzt auch noch Winch Operator und Flugretter – trägt sehr große Verantwortung. Während der Pilot entscheiden muss, ob das Wetter einen Flug zulässt oder eine Landung an einer Unfallstelle möglich ist, muss der zuständige Notarzt, neben der Behandlung des Patienten vor Ort, festlegen, wie er den Verunglückten für den Flug stabilisiert und in welcher Klinik dieser am Besten abgeliefert werden sollte. „Zwischen den Einsätzen muss immer wieder an  der stationseigenen Tankstelle aufgetankt werden. Es können jedoch auch mehrere Einsätze hintereinander geleistet werden. Auch das Wetter kann einem einen Strich durch die Rechnung machen und uns gelegentlich sogar dazu zwingen, am Boden zu bleiben. Dann müssen zur Not andere Rettungskräfte unsere Arbeit übernehmen“, berichtet Jörg Straub. „Manchmal kann ein Einsatz mehrere Stunden dauern. Es gibt Tage, da fliegen wir von einem Einsatz zum nächsten. An anderen Tagen passiert gar nichts. Wenn ein besonders schlimmer Unfall dabei war, ist es besser, wenn wir viel zu tun haben. Am Abend machen wir meistens noch ein De-Briefing, um die Einsätze des Tages nachzubesprechen.“ Etwa 700 Einsätze werden von der Station jedes Jahr geflogen, das sind im Schnitt zwei pro Tag. Eingesetzt wird der Helikopter mit dem Funkrufnamen RK-2 in einem 50 Kilometer großen Umkreis um Reutte. Dazu gehören das Tannheimer Tal, das Lechtal, sowie Immenstadt, Kempten, Garmisch-Partenkirchen und Murnau. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn er den schnellsten Notarztzubringer darstellt, und wird häufig zu schwerverletzten Patienten angefordert. Aber auch Bergungseinsätze und schnell und schonende Intensivtransporte zwischen Kliniken gehören zum Aufgabengebiet.

In ständiger Alarmbereitschaft

Während des Tages ist die anwesende Crew in ständiger Alarmbereitschaft. Spätestens zwei Minuten nach Alarmeingang muss der Hubschrauber in der Luft sein. Die restlichen Informationen wie GPS-Koordinaten und Unfallhergang kommen später per Funk von der Leitstelle. Mehrmals im Jahr sind Fortbildungen für die Einsatzkräfte vorgeschrieben. Dazu gehören das Winden- und Alpintraining, bei dem der Einsatz der Winde geübt wird. Dann noch stationsinterne Notfallübungen für das gesamte Personal und Flugtauglichkeitsprüfungen für die Piloten.

Seit Juli 2011 verfügt der Notarzthubschrauber der Station Reutte über eine fest installierte Seilwinde, mit der Einsätze im alpinen Gelände durchgeführt werden können, wenn die Landung am Einsatzort nicht möglich ist. Das flexibel einsetzbare Windenseil ist 90 Meter lang. Mit der Winde wurde das bisherige Fixtauverfahren, bei dem Seile mit festen Längen eingesetzt wurden, abgelöst. „Das ist viel praktischer“, erklärt Notfallsanitäter und Winchoperator Harald Marth. „Wir machen jetzt jeden Morgen ein kurzes Windentraining am Boden. Dabei stellen wir leicht fest, ob alles funktioniert, oder ob es irgendwelche Probleme mit der Ausrüstung gibt. Die Prüfung der Funktionstüchtigkeit der Winde erledigt der eingeteilte Winchoperator ohnehin jeden Morgen.“

Neben der Bedienung der Winde unterstützt der Notfallsanitäter wenn möglich den Arzt am Boden oder hilft dem Piloten beispielsweise bei der Eingabe der GPS-Daten ins Navigationsgerät. Komplettiert wird die Crew durch den Flugretter, an diesem Tag vertreten durch Alpin-Polizist Erik Abraham. Flugretter sind ausgebildete Bergretter und Rettungssanitäter. Sie unterstützen den Notarzt beim Abseilen, führen Bergungsarbeiten durch und geben im Winter Einschätzungen für die Lawinengefahr am jeweiligen Einsatzort.

Abends bei Sonnenuntergang ist regulär Dienstschluss für die Männer der Luftrettungsstation Reutte. Dann wird der Helikoper mit der Bezeichnung BK 117 zurück in den Hangar geschoben, wo er bis zum nächsten Tag auf seinen Einsatz zusammen mit dem Personal der Station Reutte wartet.

Text: Sven Köhler · Bild: Hubert Riegger

Verwandte Artikel

Das könnte Dich auch interessieren
Schließen
Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Nacht der Musik 2024