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Der Weg ist das Ziel – Bergsteiger Thomas Lipp

Auf einem Berggipfel zu stehen und das Gefühl zu haben, dem Himmel und der Sonne ein Stück näher zu sein, die Grenzenlosigkeit zu spüren, seine eigene Stärke zu fühlen und der Stille zu lauschen, das sind Momente die Thomas Lipp, ein passionierter Bergsteiger, nicht missen möchte. „Das ist für mich Freiheit“, sagt der 28 jährige Füssener.
Als Thomas Lipp mit dem Bergsteigen anfing, war er fünf Jahre alt. Sein Vater, Franz, nahm ihn auf Touren mit, zeigte ihm wie schön es in der Natur ist und wie man eins mit ihr wird. „Schon als kleiner Junge hatte ich immer das Bedürfnis mich viel zu bewegen“, erinnert er sich zurück. Leichte Klettertouren standen auf dem Programm genauso wie Skifahren im Winter. Zwischendurch hörte Thomas Lipp mit dem Bergsteigen auf. Andere Dinge hatten in seinem Leben Priorität, bis er wieder zum Sport in den Bergen und in der Natur zurückfand.

Schnelligkeit und Spaß
Es sind die sportlichen Aktivitäten, die man draußen machen kann egal ob Klettern oder  Mountainbiken, die ihn so faszinieren. „Für mich sind es sportliche Herausforderungen, die auch eine gewisse Gefahr mit sich bringen – man kann es mit Fußball spielen nicht vergleichen“, erklärt der Werkzeugmacher. Dass er mit dem Sport fit bleibt, ist für ihn erst einmal Nebensache. Der Spaß daran, das ist es und das Gefühl der Freiheit und Unabhängigkeit, das er damit verbindet. Schon nur die Vorstellung an Ballspiele und Fitness-Studio sind für ihn ein rotes Tuch. „Das löst bei mir Unbehangen aus.“
Es gibt wohl kaum einen Berg in der Gegend, ob nun in den Lechtaler- oder Allgäuer Alpen, den Thomas Lipp nicht bestiegen hat, sei es im Sommer oder im Winter. Letzte Saison ist der Bergsteiger fast 30 Mal mit den Tourenskier auf den Tegelberg gewesen. Zwischen 50 und 55 Minuten braucht er für den Aufstieg. „Ich bin mir sicher, dass es noch schnellere als mich gibt – aber wie gesagt, es zählt nicht immer die Schnelligkeit, sondern auch der Spaßfaktor.“  Vor besonders anspruchsvollen Klettertouren überkommt den jungen Mann schon eine gewisse Vorfreude und Spannung. Wenn es dann so weit ist, sind Konzentration und Ruhe mitunter die wichtigsten „Begleiter“. Leichtsinnigkeit darf man sich in dieser Sportart nicht erlauben. Dass trotz bester Vorbereitung immer wieder was passieren kann, hat auch Thomas Lipp erfahren: „Wir haben eine ziemlich lange Klettertour über 20 Seillängen gemacht. Da hat es zum Regnen angefangen. Zurückgehen ging nicht mehr, also sind wir weitergegangen. Gott sei Dank ließ der Regen dann später nach, so hat sich die Gefahr, dass etwas passieren könnte, verringert“.  Thomas Lipp gehört zu jenen Bergsteigern, die ihr Kletterwissen eher unterschätzen als überschätzen. „Ich kann mich gut einschätzen, ob ich einer Tour gewachsen bin oder nicht. Man entwickelt sich ja immer weiter und versucht besser zu werden, schneller zum Beispiel.“

Wichtig ist die Route
Spricht man den jungen Mann darauf an, ob er nur schwierige Touren unternimmt, schmunzelt er leicht: „Schwer ist immer relativ. Der Name des Berges ist nicht das wichtigste, sondern die Route. Ich bin kein Mainstream-Mensch, der mit der Masse mitschwimmt. Ich will Freiheit und Unberührtheit. Das kann man mit 40 Leuten, die auf Tour sind nicht erleben“.

Im Pamirgebirge
Durch eine seiner Trekkingreisen kam der Füssener nach Nepal, hier hatte er seinen ersten Sechstausender bestiegen. Das war auch der Anfang für mehr. Letztes Jahr führte ihn sein Weg nach Tadschikistan. Innerhalb von fünf Wochen bestieg er dort im Pamirgebirge zwei Berge, einmal den Peak Korshenewaskaja (7105 Meter) und den Peak der Vier (6290 Meter). Das Basislager liegt auf ca. 4200 Meter in einer großartigen Umgebung zwischen Moskwin- und Walter-Gletscher umrahmt von Sechs- und Siebentausendern. Eigentlich ist man dort am Ende der Welt, früher war dieser Ort nur durch einen mehrtägigen beschwerlichen Fußmarsch über Pässe und den Muksu-Canyon zu erreichen. Heute lässt man sich mit dem Hubschrauber einfliegen. „Es war ein tolles Land. Die Landschaft war ganz anders wie in Nepal. Diese Touren, die man machen kann, sind in der Einsamkeit. Man hat alle Berge nur für sich“, schwärmt der sportliche, junge Mann. Es war eine besondere Erfahrung, die er in diesem rauen Land mit weiteren zehn Bergsteiger machen durfte. Noch in besonders guter Erinnerung hat Thomas Lipp das Basislager, das jede Menge Komfort bot unter anderem eine Sauna und eine Bar.
Welches Projekt er als nächstes angehen wird, will der 28-jährige noch nicht verraten. Eins ist jedoch sicher, ein Achttausender steht noch auf seiner Wunschliste. Der Mount Everest wird es wahrscheinlich nicht sein. Nicht deswegen, weil er keine Kondition hat. „Der Mount Everest ist für mich kein Ziel, weil es purer Kommerz ist. Wenn man sich so einen Berggipfel erkaufen muss, dann ist es für mich nicht interessant. Die Höhe ist reizvoll – aber mir ist dann  ein Siebentausender mit einer interessanter Route lieber. Viele gute Bergsteiger können sich den Berg nicht leisten, weil er zu teuer ist – und das ist es, was ich ablehne.“ Klare Worte eines jungen Bergsteigers, für den die Natur ein kostbares Gut ist.

Text: rie, Bilder:privat

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