Kolumne

Esskultur

Meine Freundin ist mittelgroß, Tänzerin und Dauer-Studentin, Großstadtkönigin, Ende Zwanzig, Teilzeit-Single, Fast-Food-Verfechterin und in ihrem Kühlschrank findet man außer Baby Bell-Käse noch saure Gurken, die Reste von diversen Lieferdiensten und vielleicht noch Milch für ihr Nougat Müsli.

Ihr Essverhalten ist gewöhnungsbedürftig und so ziemlich alles andere als gesund. Zumindest sehe ich das so. Wie ich darauf komme? Hm… Wahrscheinlich liegt es an ihrer Mikrowelle, die die Aufgabe von Topf, Pfanne und Herd übernimmt. Und daran, dass sie Stammgast in sämtlichen Fast-Food-Ketten dieses Landes ist. Tahitian-Hazelnut-Moccachino-Latte mit Karamel-Schoko-Topping und Streuseln: ihre Definition von Kaffee. Trotzdem- sie ist eine tolle Frau. Und manchmal, da erinnert sie mich an Bill Murray und das Murmeltier.

Oh nein, sie sieht nicht aus wie er- ganz und gar nicht. Aber einen ganz bestimmten Charakterzug haben die Beiden gemein. Sie ist, naja, sagen wir: mürrisch?! Ja, das ist ein gutes Wort! Eine mürrische Ballerina mit Vorlieben für French Fries, Big Mac und Lakritze und einem unverschämt strahlenden Porzellan-Teint. Keine Ahnung, wie sie das macht. Also das mit der Haut. Da ist kein Pickel, keine Rötung, kein Fettfilm in der T-Zone. Nix. Und das bei einer chronischen Abneigung gegen Grünzeug. Und ihr Hintern? In Form. Top-Form. Ein Apfel-Typ. Eine Mischung aus Granny Smith und Pink Lady.

Sieht man sie, denkt man an eine russische Tänzerin aus Schwanensee oder dem Nußknacker, die zu Haydn, Bach und Mozart im reinweißen Tütü trainiert, genüsslich an Selleriestangen knabbert, ihr Getreide selber schrotet und sich drei Liter Detox-Wasser mit Grapefruit und Ingwer gönnt. Aber sicher nicht an eine fleischsüchtige Burger-Fanatikerin, Iron Maiden und Almdudler.

Aber das ist die Wahrheit: Kein Schroten, kein Sellerie, kein reinweißes Tütü- ihres ist schwarz und sie hat auch kein Detox-Wasser. Dafür aber Neuigkeiten am Telefon:
„Ich bin jetzt Veganerin!“
Ich bin verstört. Irritiert. Bestimmt nur ein Spaß. Ich frage nach:
„Wow. Das wird eine Umstellung für Dich. So ganz ohne Burger, Mayo und  Hazelnut-Moccachino-Latte… Chakka- Du schaffst das!“
„Hö? Wie jetzt?! Das hast du falsch verstanden!“
„Ich habe V-E-G-A-N verstanden!“
„Ja! Ich esse ab jetzt halt auch Salat. Den gibt’s zum Lunch-Menü dazu!“

Okay, also dann: Peace, Love, Burger UND Salat! Ein kleiner Schritt für die Menscheit und ein großer für ihre Esskultur…

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