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„Die Schule hat sich sehr verändert“

Nach so langer Zeit darf man sicher sagen, dass eine Ära zu Ende geht. Insgesamt 22 Jahre lang war Elmar Schmitt in der Schulleitung der Anton Sturm Mittelschule Füssen tätig. Seine Vorgänger lassen sich dabei an einer Hand abzählen. Denn in der nunmehr 52-jährigen Geschichte der Schule war er erst der fünfte Schulleiter. Zum Ende dieses Schuljahres verabschiedet er sich in den Ruhestand. Man könnte ihn durchaus als „einen vom alten Schlag“ beschreiben. Einer, der seinen Beruf und die damit verbundene Berufung zum Pädagogen stets mit voller Überzeugung und der dazugehörigen Leidenschaft ausgeübt hat. Und das, obwohl sich das Tätigkeitsfeld wie auch die Funktion und die allgemeine Bedeutung des Lehrers an sich in den letzten Jahrzehnten wohl immer mehr verändert haben. Sei es durch neue Regeln, Maßnahmen und Gesetze, vor allem aber durch einen spürbaren Wandel in der Gesellschaft. Die Schule hat allgemein enorm an Respekt verloren, so scheint es oft. Im Gegensatz zu früheren Zeiten gilt das Wort eines Lehrers heute oft eher als anmaßend oder wird gar als unerhört empfunden, anstatt als gut gemeinter Ratschlag oder Hinweis, bezogen auf die Fähigkeiten der Schützlinge, so dass es auch durchaus vorkommt, dass mit einem Anwalt gedroht wird. „Die Arbeit des Lehrers ist in der Tat über die Jahre hinweg viel schwieriger geworden“, bestätigt Elmar Schmitt. „Ich sehe das bei meinen Kollegen, die kämpfen gewaltig. Wir haben hier relativ große Klassen. Wir haben einige schwierige Schüler und auch Schüler, die psychisch belastet sind, wo wir die Hintergründe oft nicht kennen. Wir haben aber auch schwierigere Eltern. Vielen geht es oft nur noch darum, ihr eigenes Kind immer in den Mittelpunkt zu stellen, ohne dabei auf andere zu achten. Die Vielschichtigkeit der Probleme in den Klassen hat immer mehr zugenommen. All das erschwert die Arbeit des Lehrers heute.“ Dass zu einem angesetzten Elternabend dann oft nicht mal ein einziger Elternteil erscheint, spiegelt einige der besagten Probleme deutlich wider.

Elmar Schmitt ist im unterfränkischen Landkreis Haßberge aufgewachsen. „Eigentlich bin ich ja Oberfranke“, ergänzt er und lacht. „Mein Geburtsort, die Stadt Ebern, gehörte vor der Gebietsreform in Bayern noch zu Oberfranken.“ Nach seiner Zeit bei der Bundeswehr und dem Studium, das er in Bamberg erfolgreich absolvierte, wurde er schließlich 1989 an die Mittelschule nach Roßhaupten ins Allgäu versetzt. An die Anton Sturm Mittelschule wechselte Schmitt dann im Sommer 2000. Er bewarb sich auf die Ausschreibung als Konrektor unter dem damaligen Schulleiter Klaus Bielenberg, der seine Position zwei Jahre später an Schmitts direkten Vorgänger Karl Wittek übergab. Nach Witteks Ausscheiden im Februar 2009 übernahm Schmitt dann zuerst kommissarisch den Posten des Schulleiters, bevor ihm zum neuen Schuljahr 2009/2010 schließlich offiziell das Amt des Rektors übertragen wurde. „Natürlich ist der Rahmen eines Rektors immer sehr stark vorgegeben“, sagt er. „Aber man hat trotzdem kleine Spielräume, die sich mit zunehmender Erfahrung auch sehr gut nutzen lassen. Das Problem ist, dass auch die Arbeit in der Verwaltung durch viele zusätzliche Aufgaben immer mehr geworden ist. Allein die Erstellung von Statistiken, die wir dem Schulamt oder Kultusministerium heutzutage regelmäßig vorlegen müssen, nimmt sehr viel Zeit in Anspruch.“

So gab es in den vergangenen 22 Jahren natürlich auch viele Meilensteine, Höhepunkte und Momente, an die sich Schmitt sehr gerne erinnert. Besonders am Herzen lag ihm aber vor allem immer die Aufgabe, den schulübergreifenden Arbeitskreis Schule Wirtschaft, der bereits vor über 40 Jahren ins Leben gerufen wurde, zu leiten und dessen Arbeit und Fähigkeiten auszubauen und zu optimieren. Größtes Projekt der Einrichtung ist die jährlich stattfindende Berufsorientierungsmesse. „Früher hatten wir seitens der Schulen massive Probleme, die Schüler in Betrieben unterzubringen, weil zu wenig Lehrstellen da waren“, erklärt Elmar Schmitt. „Wir mussten uns damals noch bei den Unternehmern einsetzen, Lehrlinge zu nehmen. Heute ist das anders, heute sind wir als Schule für die Betriebe wichtiger. Auch das hat sich enorm verändert.“

„Eine rein digitale Schule wird es aber sicher nie geben“, sagt Schmitt. „Allerdings wird die grenzenlose Reizüberflutung, die jetzt schon herrscht, leider immer mehr zunehmen. Es sind nicht die Medien, auf die immer geschimpft wird. Es ist der Umgang mit ihnen. Heute haben sogar viele Kleinkinder schon ihr eigenes I-Pad oder Handy, mit dem sie ruhig gestellt und beschäftigt werden, was nicht wirklich zur Sozialisierung von Kindern beiträgt. Das macht mir Sorgen.“ Im Hinblick auf die Zukunft von Schule und Pädagogik ist sich Schmitt deswegen sicher, dass die Digitalisierung des Unterrichts niemals den persönlichen Kontakt zwischen Lehrern und Schülern ersetzen kann und wird. „Computer und Medien haben längst Einzug in den Alltag der Schulen gehalten, sie können dort vielfältig und sinnvoll eingesetzt werden. Aber Lernen basiert eben auch auf Beziehung. Eine weitere wichtige Aufgabe der Schule wird es deswegen in Zukunft sein, die Schüler verstärkt auf einen richtigen Umgang mit diesen Medien vorzubereiten.“

Schmitts offizielle Verabschiedung

Seine freie Zeit will der Familienvater jetzt vor allem nutzen, um alles weitere auf sich zukommen zu lassen. „Ich plane generell nicht großartig“, sagt er. „Ich weiß zumindest, dass ich am ersten Schultag nicht in der Schule sein werde.“ Was er sich aber ganz sicher vorgenommen hat, ist, seinem Hobby des Reisens mit seinem Wohnmobil etwas mehr nachzukommen. Vielleicht eine ausgedehnte Tour durch Italien oder Frankreich, wer weiß das schon. Vogelfrei zu sein bedeutet schließlich, nicht zu wissen, wo man am nächsten Tag sein wird. Am besten, wenn man auch noch seinen Partner mit dabei hat. Beide haben dafür künftig viel Zeit. Denn auch Elmar Schmitts Lebensgefährtin, die er hier vor vielen Jahrzehnten kennengelernt hatte und die als Lehrkraft an der Mittelschule Roßhaupten noch bis zum Sommer tätig ist, wird Ende des Schuljahres in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen. Für Lehrernachwuchs innerhalb der Familie ist auch schon längst gesorgt. Schmitts Tochter führt die Tätigkeit ihrer Eltern fort und lehrt an der Förderschule in Kempten. Ein bisschen nachsitzen wird der Pädagoge aber trotzdem noch, wenn er ab und zu mal vorbeischaut, wie der Bau der neuen Schule in den kommenden sechs Jahren wachsen wird. Für die letzten zwei Wochen seines Amtes wird er deswegen auch noch in einen Behelfscontainer umziehen müssen. Elmar Schmitts offizielle Verabschiedung ist am Montag, 25. Juli, im Füssener Soldatenheim. Seinen Posten des Rektors der Anton Sturm Mittelschule wird dann Benjamin Vötterle übernehmen, der, wie sein Vorgänger damals auch, der Schulleitung schon seit mehreren Jahren als Konrektor angehört.

Text/Foto: Lars Peter Schwarz

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