FrauenMenschen

Soulsisters

Sie sollen beständig an unserer Seite sein. Auf unsere Soulsisters müssen wir uns verlassen können. Egal, was ist und was kommt. Das wollen wir so. Und doch ist nichts fragiler als eine Frauenfreundschaft. Umso schöner, wenn sie alles überstehen: Karriere, Männer, Kinder, … Hier erzählen uns Frauen, warum ihre Freundschaft so besonders ist.

„Blindes Vertrauen“

Die enge Beziehung zwischen Elba Gomez Gonzalez-Hindelang und ihrer besten Freundin Monika besteht schon seit 40 Jahren

Sie selber sind der Meinung, dass ihre Beziehung anderen Menschen möglicherweise „langweilig“ erscheinen könnte. Schließlich haben Elba Gomez Gonzalez-Hindelang und ihre beste Freundin Monika laut eigener Aussage „eigentlich nie etwas Spektakuläres“ zusammen unternommen. Dabei kennen sie sich bereits seit 40 Jahren. Damals ist die aus der chilenischen Hauptstadt Santiago stammende Elba frisch verheiratet mit ihrem Füssener Mann Wolfgang in der Spitalgasse fast gegenüber dem Haus ihrer späteren Freundin Monika eingezogen, die sie denn auch bald kennen lernte. Diese war schon vorher in einer Clique mit Elbas Mann, den sie daher gut kannte. Und so haben sich auch die beiden Frauen zum ersten Mal getroffen, als Elbas Mann Wolfgang seine Frau zu Besuch bei Monika mitgenommen hatte. Von da an verstanden sich die heute 61 Jahre alte Elba und die 64-jährige Monika trotz der anfänglichen Sprachprobleme der jungen Chilenin auf Anhieb gut, auch wenn ihre Freundschaft erst rund ein Jahr später, 1983, „richtig in Schwung kam“, wie Elba erklärt. Damals kam nämlich ihr Sohn Matthias auf die Welt, bevor Monikas erstes Kind, Simon, 1985 geboren wurde. Das war quasi der Startschuss für die enge und innige Verbindung, die heute noch zwischen Elba und Monika besteht.

Das besondere Verhältnis der beiden zeichnet sich dabei dadurch aus, „dass wir fast wie eine Familie sind“, betonen die Freundinnen übereinstimmend. „Wir haben die gleiche Wellenlänge“, unterstreicht Elba Gomez Gonzalez-Hindelang und Monika ergänzt: „Bei uns muss keine der anderen etwas vormachen, wir brauchen uns nie zu verstellen oder zuschauspielern, um vielleicht besser als die Freundin dazustehen.“ Dazu passt denn auch Elbas Beschreibung, dass sie und Monika sich in der Regel nur ansehen müssten und sofort wüssten, wie die andere „drauf“ ist. Dieses gegenseitige Gefühl, sich genau zu kennen, hat sich vermutlich am stärksten entwickelt, als sich die beiden Frauen in den achtziger Jahren mit ihren kleinen Söhnen eine Zeit lang jeden Tag getroffen haben. „Da sind wir viel zusammen spazieren gegangen, oder die Kinder haben miteinander gespielt, während wir uns vor allem über alles, was die Kinder betraf, ausgetauscht haben. Schließlich hat die eine sich mehrmals genauso um das Kind der anderen gekümmert wie umgekehrt und das blinde Vertrauen, das eigentlich von Beginn an zwischen den Frauen existierte, wurde immer größer. Später wurde es dann zu einer Tradition, dass Elba und Monika am letzten Tag des Schuljahres mit ihren Kindern zusammen essen gegangen sind. Zu Silvester haben sie sich aber ebenso abwechselnd gegenseitig eingeladen wie zum Geburtstag.

Irgendwann gab es dann jedoch mal eine Zeit, da haben sie sich „gut ein Jahr lang“ nicht gesehen, erzählt Elba und sagt weiter: „Als wir uns dann doch wieder getroffen haben, kam es uns so vor, wie wenn wir uns vorgestern zuletzt gesehen hätten.“ Laut Monika geriet die große Freundschaft so auch „niemals in Gefahr, auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung sind.“ Ein bisschen angesäuert war sie einmal allerdings schon, als sie eines Tages wegen eines goldfarbenen Gürtels, den sie damals trug, von Elba mit den Worten bedacht wurde: „Der passt nicht zu dir. Tu den weg!“ Umgekehrt hat Monika Elba nach einer gut fünfstündigen Suche nach einem passenden Mantel in München jedoch auch schon mal klar gemacht, was sie davon hielt und gesagt: „Ich fahre nie wieder mit dir nach München, um einen Mantel zu kaufen.“ Richtig zerstritten haben sie sich in all den vielen Jahren indes nie.

Außer ein paar Reisen nach Südtirol haben die Freundinnen dabei kaum einmal etwas vermeintlich einigermaßen Aufsehen Erregendes zusammen gemacht. „Das brauchen wir aber auch nicht“, erzählt Elba. Wie vielleicht bestimmte, gemeinsame Hobbies oder Unternehmungen andere Freundschaften zusammenschweißen, ist es bei Elba und Monika das „gegenseitige Interesse an dem anderen Menschen“, wie Monika betont und Elba ergänzt: „Wir können manchmal stundenlang einfach nur so zusammensitzen, Kaffee trinken und uns unterhalten.“ Dazu passend fügt Monika hinzu: „Der Tag, an dem wir uns nichts zu erzählen haben, wird niemals kommen.“ Dabei bestätigen beide, dass sie sich „auch ohne Worte“ verstehen. So versichert Monika, dass sie manchmal genau weiß, was Elba meint, auch wenn diese nichts sagt. Dementsprechend untermauert Elba schließlich „Wir kennen uns gut.“

Text · Foto: Alexander Berndt


„Erlebnisse, die geprägt haben“

Pam und Shelley

Pam und Shelley (Bild von links).

Egal über welchen Zeitraum und über welche Distanz hinweg. Es gibt Freundschaften, die halten trotzdem ein Leben lang an. So wie bei Pam und Shelley. Die eine lebt seit nunmehr 42 Jahren im Ostallgäu, die andere nach wie vor im 8.360 Kilometer entfernten Surrey in der Nähe der kanadischen Metropole Vancouver. Im Sommer 1974 hatten sich die beiden im Teenageralter von 16 Jahren in ihrem Heimatort kennen gelernt. Bei einem Baseballspiel saßen sie nebeneinander auf der Tribüne. „Von da an waren wir best Buddies forever“, sagt Pam. „Wann auch immer wir zusammenkommen, es ist immer wie in alten Zeiten, als ob wir nie getrennt wären. Sie hat zu unserer Familie gehört und ich zu ihrer. Auch unsere Männer haben sich immer bestens verstanden.“ „Pam akzeptiert mich so wie ich bin, ohne Beurteilung, immer unterstützend und immer verfügbar. Das ist eine beste Freundin“, ergänzt Shelley. Die beiden Frauen haben viel miteinander erlebt, vor allem in jungen Jahren. Erlebnisse, die sie irgendwie geprägt und auch zusammengeschweißt haben. Sie ergänzen und verstehen sich einfach.

Als Pam Fichtl damals nach Deutschland kam, war die Kommunikation mit ihrer Familie und ihrer Freundin zu Hause eher noch sehr schwierig. Ein Telefonat über diese gewaltige Distanz war viel zu teuer, so dass viele Briefe über den Atlantik geschickt werden mussten. Heute telefonieren die beiden Freundinnen regelmäßig oder schreiben sich über Social-Media Kanäle wie Facebook. Außerdem treffen sie sich gut alle zwei Jahre, wenn Pam ihrer Heimat einen traditionellen Besuch abstattet. „In dem Augenblick, wenn sie wieder in Kanada ist, ist es, als ob sie nie weg war“, betont Shelley. „Außer ihr deutscher Akzent, den sie mittlerweile hat.“ Es gibt nichts, worüber die beiden nicht miteinander reden. Höhen und Tiefen, Enkelkinder, Männer, Schicksale, Erlebnisse, eben alles. Und es gibt auch nichts, was Pam und Shelleys Freundschaft in irgendeiner Art und Weise gefährden könnte, da sind sich beide sicher. Auch nicht der Fakt, dass Shelley es bis heute nicht geschafft hat, Pam in ihrer Wahlheimat Lechbruck auch nur ein einziges Mal zu besuchen. „Ich mag das lange Fliegen nicht“, lacht Shelley. „Ich fliege doch lieber Richtung Süden, da wo Palmen sind.“

Text: Lars Peter Schwarz · Foto: privat


„Einfach wertvoll“

Meine längste Freundschaft ist nun fast 50 Jahre alt, sie begann mit der Freundschaft unserer Eltern. Wir sind miteinander aufgewachsen, sind durch die Pubertät gegangen, haben Beziehungen erlebt und gemeinsam überlebt, konnten uns immer alles sagen und gehen nun Hand in Hand ins Alter. Diese Freundschaft ist so wertvoll und ich bin so dankbar darüber.

Claudia Brammen


„Wir sind füreinander da“

Hyun-Jung und Annabel

Annabel und Hyun-Jung (Bild von links).

Zwei Frauen, die zwar in zwei völlig unterschiedlichen Kulturen aufgewachsen sind, aber doch irgendwie die gleiche Mentalität besitzen. Sie verstehen sich so gut, weil sie so viele nicht unbedingt alltägliche Gemeinsamkeiten haben, weil sich manche ihrer Lebenssituationen sehr ähneln und somit auch für den anderen gut nachvollziehbar sind. Würde man den Topf der Seelenverwandschaft füllen wollen, würde man wohl als größte Zutat uneingeschränktes Verständnis hinzugeben. So könnte man die enge Freundschaft zwischen Hyun-Jung Berger und ihrer Freundin Annabel beschreiben. „Wir lieben uns von ganzem Herzen“, sagt Hyun-Jung.

Hyun-Jung kam 1989 nach ihrem Studium im Alter von 17 Jahren nach Deutschland, um in Musik weiter ausgebildet zu werden, wodurch sie auch ihren späteren Mann, Cellist Professor Julius Berger, kennen lernte. Durch eine Gastprofessur, die dieser vorübergehend in der südkoreanischen Hauptstadt annahm, zog die Familie 2006 für einige Jahre in ihre Heimat um. Allerdings hatte sich Hyun-Jung in all den Jahren fern von Korea schon längst an die deutsche Mentalität gewöhnt. Die Rückkehr in ihre Heimat beschreibt sie ohne das echte Gefühl des Heimkehrens. „Ich fühlte mich sehr beengt“, erinnert sie sich. „In dieser Zeit traf ich dann Annabel. Mit ihr konnte ich so sein, wie ich will, ohne Zwänge, es war immer locker. Für sie auch.“ Immerhin waren es beide Frauen gewöhnt, schon allein durch die Tätigkeiten ihrer Ehemänner oft in der Öffentlichkeit zu stehen, bei Konzerten, Empfängen oder offiziellen Anlässen – obwohl Hyun-Jung Berger auch selbst als ausgezeichnete Cellistin gilt und bereits auf vielen großen Bühnen gespielt hat. „Annabel war die Frau des deutschen Botschafters in Seoul und Kinderärztin“, erzählt sie. „Ich glaube, wir haben uns deswegen von Anfang an so gut verstanden, weil wir beide nicht koreanisch, sondern eher deutsch gedacht und gefühlt haben. In Korea ist alles doch eher etwas distanzierter und steifer. Wir lachten oft nur mit unseren Augen.“

Nach ihrer Zeit in Korea trennten sich ihre Wege. Annabels Mann wurde als Botschafter nach Indonesien versetzt, während die Familie Berger wieder zurück nach Deutschland zog. Den regelmäßigen Kontakt haben die beiden immer gehalten, über all die Zeit und Distanzen hinweg. „Genauso wie unsere Gemeinsamkeiten“, sagt die Künstlerin und lacht. „Wir haben beide unsere eigenen Karrieren für unsere Männer ein bisschen nach hinten gestellt. Außerdem haben wir beide einen Gatten, der 17 Jahre älter ist. Wir müssen nicht oft miteinander sprechen, aber wenn einer den anderen braucht, sind wir füreinander da und verstehen uns. Es ist eine ganz besondere Freundschaft.“ Seit vielen Jahren schon lehrt Hyun-Jung Berger neben ihrer Tätigkeit als Musikerin als Professorin unter anderem am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg oder an der Kalaidos-Hochschule für Musik in Zürich. Ihre Freundin Annabel hat vor einigen Jahren in Berlin eine eigene Kinderarztpraxis eröffnet. Alle zwei, drei Jahre treffen sie sich. Irgendwo auf der Welt. Sie haben sich immer viel zu erzählen.

Text: Lars Peter Schwarz · Foto: privat

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