Essen & TrinkenLeben

Gewürze

Viel mehr, als nur feine Backzutaten (Teil2)

Jetzt nähert sich Weihnachten wirklich mit ganz großen Schritten und auch, wenn es dieses Jahr immer noch nicht wirklich ganz rund läuft, lassen Sie sich hoffentlich die Stimmung nicht vermiesen und genießen diese besinnliche Zeit. Deshalb gibt es von mir nochmal spezielle Gewürze zum Genuss und ihrer Heilwirkung:

Muskatnuss (Myristica fragrans)

Die sogenannte „Nuss“ ist eigentlich gar keine im eigentlichen Sinn, sondern der vom Samenmantel und der Schale befreite und getrocknete Samen des Muskatbaums. Dieser Baum wächst auf den Banda-Inseln, einer indonesischen Inselgruppe, die zu den sogenannten Gewürzinseln (Molukken) gehört. Die Muskatnüsse wurden hauptsächlich im frühen 16. Jahrhundert von portugiesischen und später von niederländischen Kolonialisten nach Europa gebracht. Mittlerweile werden die Bäume auch in anderen Regionen angepflanzt, z. B. auf Java oder in der Karibik. Die Muskatnuss ist ein ganz tolles Gewürz, meine persönliche Vorliebe ist es, sie dezent über den Kartoffelbrei zu raspeln, aber man sollte mit der Dosierung schon etwas aufpassen, denn übermäßig genossen kann sie sogar zu rauschähnlichen Zuständen führen. Verantwortlich für die halluzinogene Wirkung ist hauptsächlich der Wirkstoff Myristicin, der bis zu einer Art Trance führen kann. Deshalb auch Vorsicht in Schwangerschaft und Stillzeit.

Aber, wie schon Paracelsus sagte: „Die Dosis macht das Gift.“ Interessanterweise wurde bereits 1576 in England von einer Frau berichtet, die 10-12 Nüsse zu sich genommen hatte (eine Nuss wiegt etwa 6-7 Gramm und entspricht einem Esslöffel). Ich glaube, ihr ging es danach wohl nicht mehr so gut. Fein,dass es die Muskatnussreibe gibt.

Aber jetzt wirklich genug von den „Horrorgeschichten“, denn eigentlich wollte ich Ihnen ja erzählen, welche guten Heilwirkungen die Muskatnuss haben kann. Allem voran steht hier wieder mal die Heilige Hildegard von Bingen mit ihren berühmten „Nervenkeksen“. Ihre unter dem Namen „Gewürzplätzchenpulver“ auch bekannte Mischung enthält neben der Muskatnuss auch Zimt und Nelken. Also, da sieht man, dass diverse Handelswege schon wesentlich früher bestanden haben müssen, als geahnt. Hildegard lebte schließlich im 12. Jahrhundert! Diese Kekse gibt es fertig, sie lassen sich aber ganz leicht selber backen, mit Dinkelmehl, Butter, Zucker, Mandeln, Eiern, etwas Salz, Wasser oder Milch, um nur eine der möglichen Rezepturen zu erwähnen. Diese Plätzchen schmecken ganz hervorragend und sorgen u.a. dafür, dass man sich den Weihnachts- und vielleicht auch den Corona-Stress nicht ganz so zu Herzen nimmt. Sie schaffen ein fröhliches Gemüt und stärken die Nerven. Aber auch Hildegard gibt ganz genaue Anweisungen, wie viele Kekse man täglich zu sich nehmen darf: Erwachsene 4-5 pro Tag, gerne auch mal mit einem Stamperl Petersilien-Herzwein, um dem Körper wieder Kraft und Energie zu geben. Den zweiten Satz, den sie hierzu noch schreibt, finde ich einfach nur köstlich: „Kinder dürfen nur bis zu 3 Kekse essen, denn sonst werden sie zu schlau!“ Waren halt noch andere Zeiten…

Aber auch das ist sehr schön: eine Muskatnussmilch für erholsamen Schlaf. Bei Einschlafproblemen durch kreisende Gedanken erwärmt man sich ein Glas Milch mit ¼ TL des geriebenen Gewürzes und vermischt es gut. Eine halbe Stunde vor dem Zubettgehen trinken. Die ätherischen Öle wirken hier beruhigend und lassen einen leichter in das Land der Träume gleiten. Bei Verspannungen und Muskelkater kann ein gutes Öl mit Muskatnuss verfeinert werden und so als wunderbares Massagemedium dienen. Ein Tropfen Öl auf 50 ml Pflanzenöl ist bereits genug. Hier könnte man auch ohne weiteres sogar an rheumatische Beschwerden denken. Bei Sportverletzungen kann ein Umschlag mit Muskatnuss Linderung verschaffen. Dazu werden 4 EL des frisch geriebenen Pulvers in einen Viertelliter heißes Wasser gegeben und verrührt. Ein darin getränktes Tuch wird dann um die schmerzende Stelle gewickelt.

In der indischen Medizin Ayurveda wird die Nuss schon seit Jahrhunderten zur Bekämpfung von Magen-Darm-Beschwerden eingesetzt. Die Durchblutung im Verdauungstrakt wird angeregt, dadurch Schmerzen, Sodbrennen, Blähungen und Durchfall gelindert und die Nahrungsaufnahme verbessert.
Außerdem ist sie sogar gut für die Hautpflege: die Inhaltsstoffe sorgen für ein schöneres und gesünderes Hautbild und wirken sogar positiv gegen Akne – maximal 3 Tropfen auf 20 ml Basisöl wie z.B. Sonnenblumenöl geben und dann in eine beliebige Creme einarbeiten.
Lauter spannende Sachen, oder?

Ingwer (Zingiber offcinale)

Unheimlich beliebt in den letzten Jahren ist die inzwischen in fast allen tropischen Gebieten feldmäßig angebaute schilfähnliche Pflanze geworden. Ursprünglich stammt sie ja aus Südostasien, aber dort kann der Bedarf kaum noch gedeckt werden. Verwendet wird nur das sogenannte Rhizom, der knollige, fleischige Wurzelstock, über den auch die Vermehrung stattfindet.

Hierin sitzen die für uns so wertvollen Inhaltsstoffe wie 0,5 – 3 % ätherisches Öl sowie die sog. Gingerole, Scharfstoffe, die den Geschmack bestimmen, außerdem Harze, Stärke, Zucker und Fett. Als Gewürz kennen wir es sicher alle, sei es pur oder in Gewürzmischungen für Suppen, Soßen, Obstsalate, Geflügel, Wildgerichte oder Reisspeisen, zum Einmachen für Kürbisse und Gurken, um nur einiges zu nennen. Mein Opa liebte ganz besonders den kandierten Ingwer als Stäbchen mit Schokolade überzogen, das war immer das passende Geschenk für ihn! Inzwischen gibt es aber auch sehr interessante Studien, u.a. der naturheilkundlichen Abteilung des Uni-Klinikums Freiburg, die noch vieles mehr über die „Wunderknolle Ingwer“ herausgefunden haben. Er wirkt laut diesen Ergebnissen entzündungshemmend, aktiviert die Darmtätigkeit und war in Laborversuchen sogar gegen verschiedene Viren wirksam. Aktuelle Tests weisen zudem darauf hin, dass die Einnahme von standardisierten Ingwerpräparaten Perioden- und Muskelschmerzen lindern sowie Schmerzen bei Arthrose reduzieren kann. Sogar der Einsatz bei Nebenwirkungen einer Chemotherapie, die ja leider sehr häufig mit Erbrechen einhergeht, war durchaus erfolgreich. Was ich aber echt erstaunlich finde, dass Untersuchungen an Ratten darauf hinweisen, dass Ingwer die Entwicklung von grauem Star bei Diabetikern verhindern oder verlangsamen könnte. Andere aktuelle Ergebnisse berichten gar über eine mögliche blutzuckersenkende Wirkung. So unterstützen wohl die aus dem Ingwer gewonnenen Extrakte unabhängig von einer Insulingabe die Aufnahme von Glukose in die Muskelzellen, die beim Typ-2-Diabetes aufgrund einer gestörten Signalübertragung nicht in Ordnung ist. Dafür sind anscheinend wiederum die Scharfstoffe, die Gingerole, verantwortlich. Das mag vielleicht noch Zukunftsmusik sein, ist aber doch ein ganz toller Ansatz!
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und auch im indischen Ayurveda gilt ja der Ingwer schon seit Jahrhunderten als den Körper von innen wärmendes Heilmittel. Er wird gegen Erkältungskrankheiten, Schmerzen und auch gegen Übelkeit sowie Reisekrankheit (hier gibt es ein seit vielen Jahren bekanntes Medikament in Kapselform, das den großen Vorteil hat, dass es nicht müde macht) oder Migräne eingesetzt.
Mein persönlicher Favorit ist das sog. „Ingwerwasser“: Dazu werden dünne Scheiben der rohen Wurzel in heißem Wasser gekocht oder auch mit Tee aufgebrüht und dann gleich getrunken. Hilft hervorragend zur Vorbeugung und Behandlung gegen vieles, das uns jetzt so „anfliegen“ könnte!

Ich wünsche Ihnen eine ganz gute Advents- und Weihnachtszeit! Bleiben Sie gesund,
Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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