Essen & TrinkenLeben

Kaffee

Unser beliebtester Muntermacher

Lange Zeit hatte er ja wirklich keinen besonders guten Ruf, er sollte schädlich und ungesund sein, galt gar als Suchtmittel. Aber aufgrund intensiver Forschungen ist er auf jeden Fall zumindest teilweise rehabilitiert, heilende und schützende Wirkungen wurden inzwischen auch nachgewiesen, die vielem widersprechen, von dem wir früher gehört haben. Die Ursprünge der Kaffeenutzung im nahen Osten liegen so weit zurück, dass sich um sie nur noch verschiedene Legenden ranken. Eine davon lautet so: ein Maronitenmönch namens Naironus Banesius beobachtete eine Viehherde, die sich sonderbar benahm. Wie die Hirten im Lande Kaffa beklagten, waren die Tiere außergewöhnlich lebhaft und fanden bis spät in die Nacht keine Ruhe. Der Mönch ging diesem Rätsel nach und fand auf der Weide eine dunkelgrüne Pflanze mit kirschähnlichen Früchten in grün, gelb und rot. Mit wissenschaftlicher Neugier bereitete er sich einen Sud daraus und stellte fest, dass seine Müdigkeit schwand und er problemlos nachts wach bleiben konnte, um seinem Gebet nachzugehen. Der Kaffeebaum existiert natürlich schon viel länger. Die in der Legende angesprochene Region Kaffa, die dem Getränk später ihren Namen geben sollte, liegt im abessinischen Hochland von Äthiopien und ist vermutlich die tatsächliche Urheimat dieser Pflanze. Einer anderen Deutung nach kommt das Wort vom altarabischen „qahwah“, was Wein bedeutet. Dieser war den Muslimen jedoch verboten – als der Kaffee mit seiner anregenden Wirkung den Wein ersetzte, bekam er den Namen des gemiedenen Getränks und wurde zum „Wein des Islam“.

Die anregende Wirkung des Kaffees entsteht durch die Substanz Trimethylxanthin und ist besser bekannt als Koffein. Sie ist auch in Kakao, Tee und der Cola-Nuss enthalten und wirkt auf das zentrale Nervensystem, so dass die geistige Wachheit stimuliert wird.

Im vorderen Orient fand der Kaffee seine erste Erwähnung vermutlich unter der Bezeichnung „Bunchum“ in den Schriften des Heilkundigen und Philosophen Ibn Sina, bekannt auch als Avicenna im 11. Jahrhundert. Diesen Namen kennen Sie sicherlich aus dem berühmten Buch oder auch dem Film „Der Medicus“. Allerdings verbreitete sich der Kaffee erst in der 2. Hälfte des 15. Jhds. über die aus religiösen Gründen von vielen Reisenden besuchten Städte Mekka und Medina in ganz Arabien und trat somit seinen Siegeszug an. Jetzt kam er endlich nach Europa: einer der Forscher, der Augsburger Mediziner Leonhart Rauwolf, beschreibt in seinem Reisebericht von 1582 ausführlich das Getränk, das er in Aleppo auf seiner Expedition in den vorderen Orient kennen gelernt hatte. Er lobte es als gut, nannte es schwarz wie Tinte und wies darauf hin, dass es dem Magen dienlich sei. Anfang des 17. Jahrhunderts war dann der Bann gebrochen. Nachdem zuvor nur kleine Mengen als Souvenir aus den arabischen Staaten mitgebracht wurden, begann nun ein schwunghafter Handel. Es wurde zu einem Modegetränk der weltgewandten Reichen. 1645 wurde das erste Kaffeehaus am Markusplatz in Venedig eröffnet, die Deutschen zogen 1673 in Bremen nach. Das einfache Volk konnte sich den Kaffee natürlich noch nicht leisten. Erst nach und nach, als es billiger wurde, setzte es sich auf breiter Ebene durch. Der Preußenkönig Friedrich der Große stellte das Kaffeetrinken sogar 1768 unter Strafe, vermutlich weil er seine aufrührerische Wirkung fürchtete. Aber er hatte auf Dauer keine Chance, Einfuhrzölle und Steuern waren dann doch lukrativer…
Übrigens: das größte Musikwerk, das dem Stimulans je gewidmet wurde, ist Sebastian Bachs „Kaffeekantate“!

Mit den bekanntesten Mythen über den Kaffee möchte ich doch gerne aufräumen, lieber seine guten Eigenschaften hervorheben. Was haben wir alle seit Jahrzehnten eingebläut bekommen? „Kaffee entzieht dem Körper Wasser.“ Der Wachmacher der Nation dehydriert, also entwässert den Körper, zum Ausgleich sollte man zu der Tasse Kaffee zusätzlich ein Glas Wasser zu sich nehmen, so lautet eine alte Volksweisheit. Nein, sagen heute die führenden Ernährungsexperten. Ein weiterer Mythos: „Kaffee erhöht den Blutdruck.“ Wenn man bei einer täglichen Höchstdosis von 4 Tassen pro Tag bleibt, stellte sich im Rahmen von Untersuchungen heraus, dass der Muntermacher den Blutdruck sogar langfristig senken kann, anstatt ihn, wie eben lange fälschlich propagiert, zu erhöhen. Es geht allerdings nicht bei Menschen, die nur ganz sporadisch Kaffee trinken, hier wirkt es tatsächlich nicht. Lange war es unklar, wie hier Herz und Gefäße geschützt werden.

Nun wissen wir mehr: die blutdrucksenkende Wirkung geht auf die in den Kaffeebohnen enthaltenen Polyphenole zurück. Dabei handelt es es sich um sekundäre Pflanzenstoffe, die die Blutgefäße entspannen und so den Blutdruck regulieren. Der nächste Grund für die guten Wirkungen ist der hohe Gehalt an Antioxidantien. Diese Stoffe fangen im Körper die freien Sauerstoffradikale ab und schützen vor zahlreichen Erkrankungen, auch außerhalb des Herz-Kreislauf-Systems. Auch die positiven Effekte von Kaffee auf die Leber wurden in den vergangenen Jahren intensiv erforscht. Eine Studie, die mit Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung nach sechs Monaten durchgeführt wurde, bestätigte: der Konsum von etwa 2,25 Tassen Kaffee pro Tag ging mit einer signifikanten Reduktion einer Leberfibrose (Vernarbung des Lebergewebes), u.a. im Zusammenhang mit Hepatitis C einher. Auch die schützende Wirkung bei nicht alkoholischer Fettlebererkrankung scheint sehr gut zu funktionieren. Koffein hemmt wohl die sog. hepatischen Sternzellen und so das Fortschreiten fibrotischer Prozesse. Wie deutsche Wissenschaftler beobachteten, ist der moderate Genuss von Kaffee sogar vor und nach einer Lebertransplantation hilfreich. Erstaunlich, oder?

Kaffee kann man aber nicht nur trinken, sondern auch in Form der sogenannten Kaffeekohle (Coffeae carbo) bei verschiedensten Beschwerden einnehmen. Sie wird durch eine spezielle Röstung verschiedener Coffea-Arten gewonnen und ist ein schwarzbraunes bis braunschwarzes mittelfeines Pulver. Es riecht und schmeckt nach gebranntem Kaffee und wirkt adsorbierend (aufsaugend) und adstringierend (zusammenziehend). In der Medizin wird sie hauptsächlich zur Behandlung von unspezifischen akuten Durchfallerkrankungen und lokal bei leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut verwendet. Sie kommt als pures Pulver oder gepresst in Tablettenform, hier meist in Kombination mit Myrrhe und Kamille zum Einsatz. Die antiseptische Wirkung der Kohle wurde in Deutschland 1885 erstmals in einer Ärztezeitschrift von dem Arzt Oppler aus Straßburg erwähnt.

Noch ein Fakt am Schluss: Heute ist Kaffee das zweitwichtigste Handelsgut nach Erdöl. Die Entwicklung ist beeindruckend – waren es 1750 nur 600.000 Sack, so stieg der Verbrauch innerhalb der nächsten 200 Jahre auf 36 Millionen Sack und lag schließlich im Jahre 2000 bei 104 Millionen Sack!

Also genießen Sie guten Gewissens Ihren Kaffee – aber bitte nur in Maßen!
Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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