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Heilkräuter im August

Der August ist benannt nach dem römischen Kaiser Augustus, der achte Monat unseres Kalenderjahres. Die früheren Namen Erntemonat oder auch Ährenmonat sind in einigen Gegenden auch heute noch gebräuchlich. Das Fest „Mariä Himmelfahrt“ wird in der katholischen Kirche am 15. August gefeiert und ist in überwiegend katholischen Gegenden Bayerns ein Feiertag.

Der Ursprung dieses Festes kommt aus der Ostkirche, wo es schon kurz vor dem Konzil von Ephesus im Jahr 431 als Fest „Mariä Heimgang“ begangen wurde. In der römischen Kirche besteht es etwa seit dem 7. Jahrhundert – es wurde auf Weisung von Papst Gregor als damals gebräuchliches heidnisches Sommer- und Erntefest „christianisiert“. In Deutschland ist es erst seit dem Jahr 813 bekannt. In vielen ländlichen Gegenden finden an diesem Feiertag Prozessionen und Wallfahrten zu Ehren der Gottesmutter statt. Während der heiligen Messe in der Kirche gibt es dann auch noch die „Kräuterweihe“. Der Strauß, in manchen Gegenden auch oft „Kräuter-Buschen“ genannt, wird geweiht und sollte aus 99 einzelnen Heilkräutern bestehen, die je nach Landschaft verschieden sein können. Es sollten je 3 Pflanzen aus 33 verschiedenen Arten darin sein. Die Drei steht für die Dreieinigkeit Gottes. In anderen Gegenden sollten es mindestens 9 Heikräuter sein, also wieder 3 mal 3 für die Dreieinigkeit, die dann aber genau festgelegt waren: Andorn, Beifuß, Eberwurz, Hirschzunge, das echte Labkraut, Odermennig, Rainfarn, Speik-Lavendel und Wermut. Diese Pflanzen konnten dann noch verschiedene andere Heilkräuter wie z.B. dem Ysop ergänzt werden. Zwei davon möchte ich Ihnen gerne vorstellen.

Andorn (Marrubium vulgare)

Der Andorn zählt zu den ältesten uns bekannten Arzneipflanzen und wurde schon im alten Ägypten bei Krankheiten der Atmungsorgane und als Antidot (Gegengift) eingesetzt. Nach Dioskurides wird das Kraut mit den Samen in Wasser gekocht oder grün zu Saft ausgepresst und mit Honig versetzt. Diese Zubereitung wird bei Atemwegserkrankungen angewendet und auch denen verordnet, „ die von giftigen Tieren gebissen sind und die Gift geschluckt haben“.

Die Pflanze wird u.a. auch Antonitee, Apfelkraut, Berghopfen, Gottvergessen, Helfekraut, Mariennessel, Weißer Dorant oder Weißleuchtekraut genannt. Der wissenschaftliche Gattungsname Marrubium soll sich vom Hebräischen „mar“= bitter und „rob“= viel herleiten und Bezug nehmen auf den sehr bitteren Geschmack. Mit „Andorn“ wurde im Mittelalter das Krankheitsbild der Auszehrung bzw. der Magerkeit der Kinder bezeichnet, und da die Pflanze als hilfreich dagegen galt, wurde ihr dieser Name übertragen. Diskutiert wurde auch die Herleitung aus „ohne Dornen“ oder die Umdrehung des Namens „Dorant“, einer alten Bezeichnung. Im mittelalterlichen Aberglauben taucht der Andorn oft als Zauber abwehrendes Kraut auf, den alten Weibern wohl bekannt und in der Tasche getragen ganz allgemein vor Erd-und Waldgeistern, Gespenstern und ganz besonders gegen alle Arten von Verzauberung schützen sollte. Die Hildegard-Medizin empfiehlt bei trockenem Husten, Hals- und Schluckbeschwerden, Mandelentzündungen und Rachenkatarrh eine frisch zubereitete Andorn-Rahm-Suppe. Rezeptur: 1 EL frisches oder getrocknetes Andornkraut wird 5 Minuten in Wasser gekocht. Anschließend abseihen und die Flüssigkeit in einem Topf mit ¼ L Wein und 2 EL Sahne oder Butter noch einmal 2-3 Minuten aufkochen lassen. Die Suppe wird zweimal täglich warm für die Dauer von einer Woche vor dem Essen gegessen bzw. getrunken. Da die Suppe leicht bitter schmeckt, sollte man süßen Weiß- oder Rotwein verwenden.

Der hildegardische Andornwein bei Husten, Verdauungsbeschwerden sowie zur Stärkung des Immunsystems wird folgendermaßen zubereitet:
1 L süßen Weißwein z.B. Muskateller erhitzen, 100 g Andornkraut zugeben, 5 Minuten kochen lassen und zum Schluss filtrieren. Täglich 3 Schnapsgläschen davon trinken, am besten warm und vor den Mahlzeiten.

Ein bekannter Tee bei Gallenbeschwerden besteht aus 40 g Andornkraut, 20 g Pfefferminzblättern, 20 g Löwenzahnkraut mit Wurzeln und 20 g Wermutkraut. 2 TL dieser Mischung mit kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen und dann durch ein Teesieb geben. 3 mal täglich 1 Tasse mäßig warm trinken. Alle diese Wirkungen ergeben sich aus der Zusammensetzung dieser Heilpflanze: Bitterstoffe wirken sekretionssteigernd durch eine primäre Anregung der Bitterrezeptoren des Zungengrundes, sekundär durch die Freisetzung von Gastrin, wenn die Bitterstoffe in den Magen gelangen. Gastrin stimuliert die Motorik im oberen Magen-Darm-Trakt sowie die Produktion von Galle- und Pankreassekret. Das ätherische Öl fördert bei Bronchialerkrankungen den Auswurf. Alkoholisch-wässrige Auszüge wirken zudem krampflösend und schmerzlindernd.

Ysop (Hyssopus officinalis)

Ysop bedeutet übersetzt „heiliges Kraut“. Kein Wunder: es ist nicht nur Gewürz, sondern auch ein vielseitiges Heilkraut. Es wird bereits in der Bibel erwähnt, so steht im Psalm Davids, in dem es heißt: „Entsündige mich mit Ysop, dass ich rein werde.“

Hippokrates und Dioskorides empfehlen ihn bei Husten, andere römische Quellen berichten von seiner Verwendung als Küchenkraut. In unsere Breiten gelangte er erst im frühen Mittelalter. Er findet sich danach häufig in Bauerngärten, wo sich besonders die Bienen und Schmetterlinge an den zahlreichen bläulichen oder rosa Blüten erfreuen, von denen ein aromatischer Duft ausgeht. In der Volksmedizin ist hier der traditionelle Einsatz bei Erkältungskrankheiten, Husten und Asthma und wegen seiner entzündungshemmenden Wirkung auch für Mundspülungen.

Hildegard von Bingen schreibt: „Wenn man Ysop oft isst, reinigt er die kranken und stinkenden Säfte des Körpers. Gekocht und pulverisiert ist er aber nützlicher als roh, macht die Leber leistungsfähig und reinigt die Lunge. Wer hustet oder an der Leber Schmerzen hat, der soll Ysop entweder mit Fleisch (besonders gut ist hier Hühnchen) oder mit Fett essen, und es wird ihm besser werden.“ Also an einen schönen Braten sollte man unbedingt Ysop geben und mitkochen. Er verbessert sowohl den Geschmack als auch die Bekömmlichkeit.

Für ihre große Leber- und Lungenkur empfiehlt Hildegard uns einen speziellen Wein mit folgender Zusammensetzung:
2 Teile Süßholzwurzel, 3 Teile Zimtrinde, 4 Teile Ysopkraut und 10 Teile Fenchelkraut oder -samen mit 1 L Wein und so viel Honig gut aufkochen, dass es nicht mehr bitter schmeckt. Also ist der Anteil des Honigs ganz individuell, je nach Geschmack. Diese Abkochung dann 9 Tage stehen lassen, abseihen und trinken. Bei stärkeren Beschwerden 9 Tage lang morgens und abends nach dem Essen ein kleines Glas davon trinken, sind die Schmerzen nur mäßig, dann das Ganze nur jeden 3. Tag. „Und er wird geheilt werden, es sei denn, Gott will nicht“, so Originalton Hildegards.

Die ätherischen Öle sowie Gerb- und Bitterstoffe unterstützen, wie oben schon beschrieben, die Verdauung nach fettreichen Mahlzeiten und helfen dem Organismus bei Verstopfung, Durchfall und Darmkollern. Vorsicht sollte man aber dennoch walten lassen: eine hohe Dosierung, z.B. als starker Tee wirkt etwas berauschend und ist also nichts für Kleinkinder und Schwangere!

Auch in der normaler Kräuterküche immer sparsam verwenden, ansonsten sind die getrockneten Blätter und Blüten eine wunderbare Bereicherung für Suppen, Saucen, Dips und Marinaden und geben eine feine, herbe Würze.

Genießen Sie den August,
Ihre Apothekerin
Simone Wagner

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