Kolumne

Im Restaurant

Wir sind mitten drin – Im Studentenviertel einer Großstadt in einem kleinen Restaurant.

Vor mir steht ein Pärchen: Die beiden sind unübersehbar cool. Ihr Coolness Faktor peitscht so durch die Luft, dass es mir beinahe weh tut.

Er ist groß und mit seinen schulterlangen, dunkelblonden Haaren sieht er ein bisschen aus wie Kurt Cobain in seinen besten Tagen.

Er wirkt wie jemand, der Pumpernickel mit selbstgepflanzter Kresse isst und dabei Metallica hört. Wie ein junger Typ Anfang zwanzig, der seinen Strickpullover per Hand wäscht, auf dem Skateboard demonstrieren geht und sowas wie Kunstpädagogik oder Griechische Philologie studiert.

Sie fährt mit Sicherheit ein altes Rennrad und ist Umweltreferendarin oder mindestens aktives Mitglied einer Umweltschutz-Organisation. Und die alten Levis sind bestimmt die ihrer Mama.

Ich mag die beiden.

Während mir weiter Stielaugen wachsen, füllt Kurts Freundin sich vor mir am Buffet ihren Teller mit Topinambur-Lupinen-Lasagne voll. Als Topping nimmt sie Grünkohl- Pesto und geschälte Hanfsamen.

„Willst du auch?“ lächelt sie mich mit ihren blauen Augen an. Ich schaue auf meinen Teller. Die gebackene Süßkartoffel schreit nach Coolness. „Ja, warum nicht, Danke!“ Mein Kind mischt sich ein: „Nein, Mama, tu das nicht auf deinen Teller! Das sieht aus wie grüne Babykacke und riecht auch noch so.“

Mein Mann teilt seine Meinung. Die beiden geben sich Highfive und freuen sich. Hier im Restaurant ist nicht nur alles Biologisch und Pflanzenbasiert, nein, heute ist auch noch 90s Abend- anscheinend ist heute mein Glückstag. Sie spielen Alternative, Rock und ein bisschen Indie aus vergangenen Tagen.

Gerade läuft das Lied „Loser“ von Beck. Ein fieser Ohrwurm. Leise aber trotzdem aufdringlich genug schallt es im Hintergrund aus den Lautsprechern: „I’m a loser baby, so why don’t you kill me?“

Mein Teller wird irgendwie schwer. Und die Miene von Kurt‘s Freundin auch. Sie dreht sich finster weg. Da sehe ich ihren Jute Beutel. Untereinander steht da in schwarz und in grün natürlich: Liberté, égalité, Grünkohl olé.

Ich glaube, sie ist schwer getroffen.

Macht nichts. Ich nämlich auch.

Liberté.

Égalité.

Aber das Pesto war mehr als ekligé!

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