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Königlicher Geburtstag

Am 25. August 1864 feierte König Ludwig II. seinen 19. Geburtstag. Ein besonderer Geburtstag in seinem Leben, da es sein erster Ehrentag als regierender König war. Im vergangenen Frühjahr, genauer gesagt am 10. März desselben Jahres, starb unerwartet sein Vater König Max II. nach kurzer, schwerer Krankheit. Der blutjunge 18-jährige Kronprinz Ludwig folgte ihm auf Bayerns Königsthron.

Man könnte meinen, dass dieser Geburtstag besonders gefeiert werden würde, mit einem festlichen Bankett und einem Ball in der Münchener Residenz. Jedoch boten die Feierlichkeiten im Jahr 1864 nichts von alledem. Seit dem Tod seines Vaters herrschte Hof- und Staatstrauer in Bayern. Diese endete zwar zu Ludwigs Geburtstag, aber aufgrund des kurzen zeitlichen Abstandes wäre ein rauschendes Fest trotz allem unpassend gewesen.

Seit dem 11. August hielt sich König Ludwig II. fern seiner Hauptstadt in Hohenschwangau auf. Seine Mutter, Königin Marie und sein Bruder Prinz Otto von Bayern, logierten dort schon seit zwei Monaten. Schließlich traf einige Tage nach Ludwig auch seine Cousine, die 13-jährige Prinzessin Therese, Tochter seines Onkels Luitpold, in Hohenschwangau ein, um mit Ludwig dessen Geburtstag zu feiern. Auch Therese hatte, wie ihre Cousins, im Frühjahr desselben Jahres ein Elternteil verloren. Ihre Mutter war einem Lungenleiden erlegen. n jenem August war das Wetter wenig hochsommerlich im Alpenvorland. Ludwig berichtete in einem Brief an seine ehemalige Erzieherin: „(…) Leider ist das Wetter sehr ungünstig, es schneit auf den Bergen, im Thale regnet es; es ist kalt wie im Spätherbst und unfreundlich (…)“. Trotz des schlechten Wetters huldigte der kleine Ort Hohenschwangau seinem König bereits am Vorabend des Ehrentages. Sämtliche Wohnungen des Ortes wurden geschmackvoll beleuchtet. Und nicht nur Hohenschwangau putzte sich heraus. „(…) Auf den umliegenden Bergen loderten mächtige Feuer und unzählige Böllerschüsse unterbrachen die Stille des Abends. (…)“, ist in der Hohenschwangauer Schlosschronik zu lesen. Am eigentlichen Geburtstag, am 25. August, besuchte Ludwig morgens mit seiner Familie eine Messe in der Schlosskapelle. Bevor die königliche Familie nachmittags zur abendlichen Feier ins Schweizerhaus in die Bleckenau aufbrach, erreichte ein Gratulant aus München Schloss Hohenschwangau: Richard Wagner. Bereits am 24. August war der Komponist am Alpenrand angekommen. Er hatte anlässlich Ludwigs Geburtstag den Huldigungsmarsch komponiert, den er ihm an dessen Ehrentag im Schlosshof von Hohenschwangau quasi uraufführen wollte. Obwohl achtzig Militärmusiker, Generalmusikmeister Streck, sowie der Komponist höchstpersönlich angereist waren, kam es nicht zur Aufführung. Richard Wagner konnte dem König lediglich die schön gebundene Partitur als Geschenk überreichen. Was verhinderte die musikalische Darbietung? Glaubt man Gerüchten, machte Ludwigs Mutter, Königin Marie, dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Es ist kein Geheimnis, dass die Königin mit der Verbundenheit Ludwigs und Wagners nicht einverstanden war. Vor allem fürchtete sie den großen Einfluss des Komponisten auf den jungen König. Als sie nun an diesem 25. August hörte was Wagner plante, legte sie sich ins Bett und ließ dem König ausrichten, sie sei erkrankt und vertrage keine lauten Geräusche. So wurde das Konzert kurzfristig abgesagt. Es ist anzunehmen, dass die Königin eine solche musikalische Darbietung so kurz nach Aufhebung der Hof- und Staatstrauer unangebracht fand. Man munkelt, dass der König sehr enttäuscht von seiner Mutter gewesen sein soll.

Nachmittags gegen 16 Uhr begab sich die königliche Familie mit ihrem zahlreichen Gefolge in die Bleckenau „ (…) um dort den Abend in ländlicher Abgeschiedenheit zu feiern. (…)“, berichtet die Schlosschronik weiter. König Ludwig II., Königinmutter Marie, Prinz Otto und Prinzessin Therese waren demnach nicht allein. Ein zwölfköpfiges Gefolge, bestehend aus Maries Obersthofmeisterin, zwei Hofdamen, Thereses Erzieherin, einem Leibarzt, einem Hofmarschall, einem Flügeladjutanten, sowie fünf hochrangigen Mitgliedern des Militärs begleitete sie, um mit ihnen das hohe Doppelfest zu feiern. König Ludwig II. hatte an diesem Tag nicht nur Geburtstag, der 25. August war zugleich sein Namenstag.

Obwohl die eigentlichen Geburtstagsfeierlichkeiten eher bescheiden ausfielen, gestaltete sich das Dinner wahrlich königlich. Es gab ein 9-Gänge-Menü mit korrespondierenden Weinen, bestehend aus Geflügelbrühe Prinzessin Art, Blätterteigpasteten à la Montgelas, Rinderschmorbraten mit Gemüse, Grüne Erbsen mit Kartoffelkroketten, Geflügelbrüstchen mit Pökelzunge, gebratene junge Fasane, Puddingtörtchen mit Aprikosen, Torte mit gemischten Früchten und Sahne sowie Ananas- und Erdbeereis.

Rückblickend war es nicht außergewöhnlich, dass die königliche Familie den Ehrentag des Königs in der Bleckenau feierte. Dieser Ort war ihnen sehr wichtig. Dafür spricht auch, dass der Hoffotograph Joseph Albert damit beauftragt wurde, das Schweizerhaus zu fotografieren. Originalaufnahmen aus dem Fotoalbum von Königin Marie zeigen unter anderem die königliche Familie mit hohem Gefolge um ihr geliebtes Ausflugsziel. Diese und weitere historische Fotos können heutzutage in der Ausstellung des Museums der bayerischen Könige besichtigt werden. Ein weiterer Gratulant war Ludwigs Großvater Ludwig I. von Bayern. Er übersandte seinem Enkel die besten Geburtstagsgrüße aus der Villa Ludwigshöhe in der Pfalz. Durch die große Popularität König Ludwigs II. ist es heutzutage fast in Vergessenheit geraten, dass auch König Ludwig I. von Bayern am 25. August Geburtstag feierte. Ludwig I. schrieb an seinen Enkel: „Lieber Ludwig, Gottes besten Segen, Dir an Deinem Doppelfeste, welches Du zum ersten Male auf dem Thron zubringst. In der Kirche will ich heute beten, daß er Dir zu Theil werde. Mit Sonnenschein beginnt der Tag; möge er Dir von guter Vorbedeutung sein! Doch nicht wolkenlos ist der Himmel, wie denn auch das Leben es nie bleibt. Wie ich Dich habe kennen lernen können, Du die Kronen trägst, bist Du mir noch theurer geworden. Mögest der Hoffnung, die Du giebst immer Du entsprechen! Das Beste Dir wünschend, Dein Dich an sein Herz drückender Großvater Ludwig.“

Heuer jährt sich der Geburtstag König Ludwigs II. zum 174. Mal und der König Ludwigs I. zum 233. Mal.

Text: Vanessa Richter · Foto: Hubert Riegger

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