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Einsicht in die Patientenakte

Gesetzlicher Anspruch auf Einsicht und auf Anfertigung von Kopien

Wer plant, eine Berufsunfähigkeits- oder Lebensversicherung abzuschließen, möchte häufig im Vorfeld seine in der Patientenakte vermerkten Gesundheitsdaten abfragen. Der Anspruch auf Einsichtnahme in diese ist gesetzlich verankert. Doch aktuelle Zahlen aus dem „Monitor Patientenberatung 2018“ belegen, dass viele Patienten dabei auf Probleme stoßen. Einige beklagen lange Wartezeiten, bis Ärzte ihnen Einsicht gewährten oder sie erhalten keine Kopien. Andere sind über die in ihrer Akte dokumentierten Diagnosen überrascht und stellen sich die Frage, wie ihre Patientenakte korrigiert werden kann. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) informiert über die gesetzlichen Regelungen rund um die Patientenakte. Viele Ratsuchende wenden sich an die UPD, wenn sie beispielsweise eine Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung abschließen wollen. Da sie gegenüber der Versicherung zur Auskunft verpflichtet sind, möchten sie sicherstellen, dass die Angaben zu ihrem Gesundheitszustand und ihren Vorerkrankungen mit den Angaben in ihrer Patientenakte übereinstimmen. Denn um der Auskunftspflicht nachzukommen, können sie der Versicherung die Patientenakte vorlegen. Abweichende Informationen können dann dazu führen, dass ein Versicherungsantrag abgelehnt oder später die Übernahme von Leistungen verweigert wird. Auch gibt es weitere gute Gründe, sich als Patient und Versicherter mit der Patientenakte aktiv auseinanderzusetzen. Dazu gehören beispielsweise Umzug, Arztwechsel, Verdacht auf einen Behandlungsfehler oder auch nur der Wunsch, über die eigenen dokumentierten Gesundheitsdaten informiert zu sein. Häufig ist Patienten allerdings unklar, welche Rechte sie im Hinblick auf ihre Patientenakte haben.

Gesetzlicher Anspruch auf Einsicht in die Patientenakte

Ärzte sind verpflichtet, die Behandlung ihrer Patienten in einer Patientenakte, elektronisch oder in Papierform, zu dokumentieren und die entsprechenden Unterlagen bis zehn Jahre nach der jeweiligen Behandlung aufzubewahren. Diese muss neben allen wesentlichen Untersuchungen und Diagnosen auch die Anamnese sowie Informationen über Laborbefunde und Therapieerfolge enthalten. Einverständniserklärungen beispielsweise zur Zahlung für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind ebenfalls Bestandteil der Akte. Patienten haben einen Anspruch auf Einsicht in die Patientenakte und auf Anfertigung von Kopien. Grundsätzlich dürfen sie ihre vollständige Akte einsehen. Eingeschränkt wird dieser Anspruch nur dann, wenn die Rechte von Dritten verletzt oder die Gesundheit des Patienten selbst durch die Einsichtnahme gefährdet würde. Dies kann etwa bei psychischen Erkrankungen der Fall sein. Die Einsichtnahme in die Originalakte muss grundsätzlich binnen weniger Tage gewährt werden und in den Praxisräumen erfolgen. Für das Anfertigen von Kopien darf der Arzt sich maximal vier Wochen Zeit lassen.

Immer wieder klagen Ratsuchende jedoch über längere Wartezeiten. In diesen Fällen rät die Unabhängige Patientenberatung dazu, dem Arzt eine Frist zur Herausgabe zu setzen. Andere beklagen die Verweigerung der Einsicht. Hier empfiehlt die Unabhängige Patientenberatung, eine Begründung des Arztes einzufordern, denn hierzu ist er gesetzlich verpflichtet. Wird die Begründung verweigert oder verstreicht die Frist, können Patienten ihren Anspruch auch gerichtlich geltend machen.

Unklarheiten bei den Kopierkosten

Bisher durfte ein Arzt seinen Patienten 50 Cent pro kopierter Seite für die 50 ersten und höchstens 15 Cent für jede weitere Seite seiner Akte in Rechnung stellen. Die seit einem Jahr gültige europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) stellt diese Regelung infrage. Nach dem dort festgelegten erweiterten Auskunftsrecht müssen die Kosten erst bei einem Zweitexemplar von den Patienten übernommen werden. Bis die Rechtslage geklärt ist, können sich Patienten im Zweifel auf die für sie günstigeren Regeln der DSGVO berufen.

Korrektur von Diagnosen nicht ohne weiteres möglich

Eine weitere Sorge vieler Patienten betrifft die Inhalte der Patientenakte. In den Beratungen der UPD hat sich gezeigt, dass viele Ratsuchende bei der Einsicht in ihre Akte überrascht wurden. Sie beinhaltete entweder nicht in Anspruch genommene Leistungen oder den Patienten unbekannte Diagnosen. Doch einfach löschen lassen sich einmal gestellte Diagnosen nicht ohne weiteres. Denn Diagnosen sind Meinungsäußerungen des Arztes, die auf seiner medizinischen Begutachtung beruhen. Der Arzt kann aber nicht gezwungen werden zu behaupten, er habe den geäußerten Verdacht nie gehabt. Stellt sich die Diagnose tatsächlich als falsch heraus, kann sie zwar nicht widerrufen werden, der Arzt muss diese aber korrigieren. Zu beachten ist dabei jedoch, dass der ursprüngliche Inhalt erkennbar sein muss. Sonst wird die Dokumentationspflicht des Arztes verletzt. Patienten sollten zuerst das Gespräch mit ihrem behandelnden Arzt suchen. Kommen sie an dieser Stelle nicht weiter, können sie einen anderen Arzt konsultieren. Sollte dieser die ursprüngliche Diagnose für ungerechtfertigt halten, können Ratsuchende diese zweite Diagnose der Versicherung ergänzend vorlegen.

Patientenakte oder -quittung?

• Etwas anderes ist die Patientenquittung: Hieraus erkennt der Patient, welche Leistungen der Arzt abrechnet und welche Kosten damit verbunden sind. Der Patient kann diese vom Arzt fordern.
• Zusätzlich können gesetzlich Versicherte auch von ihrer Krankenkasse Informationen über die von ihnen in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten für einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten beantragen.
• Stellt sich heraus, dass der Arzt eine Behandlung abgerechnet hat, die er gar nicht durchgeführt hat und kann der Patient das beweisen, liegt womöglich ein Abrechnungsbetrug vor. Der Patient sollte sich dann an die Stelle zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitssystem beim GKV-Spitzenverband wenden.

Text · Foto: UPD

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