Kolumne

Lied von Feuer und Eis

Ich liebe den Moment, wenn ich am Abend vor dem Urlaub am Lichtschalter stehe. Jetzt bin ich die Herrscherin der Finsternis und habe das letzte Wort: „Bald fahren wir los. Jetzt schnell schlafen…“
Licht aus.

So muss sich Macht anfühlen. Es ist ein gutes Gefühl. Eine Mischung aus Erleichterung und Vorfreude. Und diesen Moment genieße ich, so lange ich kann. Weil ich weiß, dass sich das gleich ändern wird. Nämlich spätestens dann, wenn ich im Schlafzimmer angekommen bin. Und leider ist unser Flur kein Runway. Eher die böse Stiefschwester: Kurz und verwegen. „It‘s not a second, seven seconds away.“

Ja, und hier stehe ich jetzt, im Türrahmen. Das Schlachtfeld vor mir: Kleiderstapel, Strandspielzeug, Koffer, Kopfhörer, Zeitschriften, Reisetabletten, Schuhe, Handtücher, Kameras, Batterien, Ladekabel, Rucksäcke, Windeln.

Es ist 21 Uhr. Bis zur geplanten Abfahrt bleiben noch fünf Stunden Zeit.
Fünf Stunden, um alles fertig zu packen, die To-Do-Liste abzuhaken und für „schnell schlafen“.
Mich packt der Ehrgeiz. Oder die Naivität. Ich bin noch nicht ganz sicher…

Mein Mann lehnt sich zu mir. Jetzt trifft seine norddeutsche Ruhe-Mentalität auf mein feuriges, südeuropäisches Gemüt. Und so komplettieren sich epische Wort-Gefechte auf Bosnisch und Deutsch mit Zeitdruck, Heldentaten und Liebe zu einer ganz besonderen Nummer. Meiner liebsten Nummer:
„Die Ademis – laut und leise, ruhig und hysterisch. Dobrodošli im Urlaub.“

Und dabei ist das nur der Auftakt. Wenn wir Urlaub machen, dann richtig. Abenteuer ist unser Doppelname. Wir haben einen roten Faden, der sich durchzieht. Von Anfang bis zum Ende. Immer.

Dazu gehört – wie jedes Mal – mein Plan, entspannt in den Urlaub zu starten.
Und vielleicht klappt es dieses Mal. Es müssen ja nur noch Windeln im Multipack, zwei kleine Koffer, drei große Wanderrucksäcke, ein 10-Liter-Wasserkanister, eine Kühlbox, Kissen und Decken, ein Topf, ein Schwimmbrett, der Käscher und Jacken in den Kofferraum.

Kein Problem, sagt mein Mann. Es ist ja auch erst morgens um 1.
Nein, kein Problem.

Und hier kommt wieder der rote Faden. Alles ist fertig. Morgens um 2 Uhr. Wir haben es geschafft. Wie immer mit Happy End. Uns bleibt sogar noch eine Stunde zum „schnell schlafen“. Theoretisch.
Praktisch: „Mama, Papa, Aufwachen! Wir fahren in den Urlaub.“
„Ja, und tanken müssen wir auch noch…“

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