Für die Geschichtsinteressierten…
Auf einer alten Karte von 1559 wird die Straße von Reutte nach Füssen als Landstraße bezeichnet. Sie führte durch die Tiroler Straße und die Schwangauer Straße weiter nach Schongau und war eine Reichsstraße. An ihr lagen mehrere Häuser in der Äußeren Vorstadt, die zwar zur Stadt Füssen gehörten, aber zunächst weder durch eine Stadtmauer noch durch Tore geschützt waren. Um die dortigen Bewohner am Tag und in der Nacht besser zu schützen, wurde in die Bauordnung der 5. Abschnitt aufgenommen. Durchziehendes Gesindel, Einbrecher und Räuber konnten nun nicht direkt von der Straße her in die Häuser eindringen. Im Gang zwischen den Häusern oder im Hof konnten Eindringlinge von den Bewohnern und Nachbarn eher bemerkt oder durch das Bellen des Hofhunds vertrieben werden.
Dagegen war es in der Reichenstraße für die Bewohner weniger gefährlich, weil sie durch Stadtmauern und die nachts geschlossenen Stadttore sowie durch Nachtwächter besser geschützt waren.
Die Reichenstraße ist also nicht nach der Reichsstraße benannt worden, denn innerhalb der Mauern gab es nur Gassen. Auf der ältesten Stadtkarte ist deshalb für die Gasse mit den schönsten Häusern und den reichsten Bürgern der Name „Reiche Gasse“ eingetragen worden. Aus dieser „Reichengasse“ ist dann bei der Umbenennung die „Reichenstraße“ entstanden.
Übertragung ins heutige Deutsch: Ergänzungen [in eckigen Klammern]Über die Türen zur Reichsstraße [hin]. Die genannten Handwerker bei den Zimmerleuten, Kistler [Tischler] und Maurer, sollen in der Stadt [Füssen] keine Haus- und Hoftüren zu der Landstraße [hin] errichten.
Dabei [gilt die] oben genannte Strafe und [auch] bei den Kellertüren, wenn [sie] zur Landstraße [hin] aufgehen. So oft die [des] Wiederaufbaus bedürfen, sollen nach der Beratung und [ihrer] Entscheidung die geschworenen Werkleute das machen und sonst nicht. Mit der Strafe von fünfeinhalb (= sechsthalb) Pfund Pfennige,[die] der Rat festgesetzt [hat].
Text: Matthias Thalmair · Bild: Riegger
