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Die kalte und schnelle Extremsportart am Hopfensee

Mit dem Wind um die Wette: Segeln auf dem Eis

Es gibt heutzutage viele Extremsportarten, dazu gehört auch das Eissegeln. Ein Sport, der durchaus als gefährlich eingestuft werden kann. Viel Segelerfahrung ist deshalb wichtig. Doch gerade dieser Reiz der Gefahr erhöht den »Adrenalinspiegel“ und somit auch den Spaß am Sport. Beim Eissegeln geht es hauptsächlich um die Geschwindigkeit. Je schneller desto besser.

Die ersten Eissegler

Auch wenn das Eissegeln nach ausgeflippten Speed-Freaks klingt, ist es keinesfalls eine Erfindung der letzten Jahre. Angefangen hat alles vor vielen Jahrzehnten und zwar in den Niederlanden. Entstanden ist dieser Sport nicht aus Spaß. Er diente vielmehr einem guten Zweck. Die ersten holländischen Eissegler montierten die Kufen auf ihre Boote, um dann damit übers Wattenmeer zum Fischfang zu segeln. Diese Art der Fortbewegung auf dem Eis wurde auch dazu genutzt, diverse Lasten über die vielen zugefrorenen Grachten und Kanäle des Landes zu befördern. Mit der Zeit hat sich aus dieser Notwendigkeit eine eigenständige Sportart entwickelt

Ein schneller Sport

Ende der 20er Jahre erkannte man den sportlichen Aspekt des Eissegelns: alle Lasten wurden über Bord geworfen, wodurch sich das Gewicht erheblich vermin
derte und in der Folge ungewöhnlich hohe Geschwindigkeiten bis zu 120 Stundenkilometer erreicht werden konnten. Bereits 1929 fand die erste Eissegel-Regatta statt. Schnell war klar, dass die schnittigen Eissegler, im Gegensatz zu den Wasserseglern, das Segel weit hereinholen und gegen den Wind steuern müssen. Nur so kann die atemberaubende Geschwindigkeit zustande kommen. Bei Windstärke vier wird es mit dem Fahren allerdings schon etwas schwieriger. Dann hebt sich die Luvkufe und der Schlitten fährt auf zwei Kufen mit über 120 Stundenkilometern übers Eis. Es kann durchaus passieren, dass die dem Wind zugewandte Kufe, die sogenannte Luvkufe, vom Eis abhebt und das „Eisboot“ nur noch auf zwei Kufen fährt. Normalerweise besteht für die Sportler in diesem Augenblick keine Gefahr – vorausgesetzt, es sind keine Eisspalten da, in der die Kufen hängen bleiben und der Fahrer eventuell einbrechen könnte.
Bremsen ist ganz wichtig
Da der Eissegler über keine manuelle Bremse verfügt, fährt der Fahrer so lange Kreise die immer enger werden. So wird erreicht, dass der Schlitten gegen den Wind zum Stehen kommt.

Kein Sport für alle

Eissegeln ist kein Massensport, aber immer mehr Frauen und Männer bekommen Interesse an dem “schnittigen Eisspaß“. Hier bei uns im Allgäu treffen sie sich gerne am Hopfensee. An Zuschauern mangelt es den Sportlern nicht. Begeisternd sitzen sie auf den mitgebrachten Stühlen, umhüllt mit warmen Decken und einem warmen Getränk in der Hand schauen sie begeistert zu. Selbst würde man sich auf das Eis nicht wagen. Zu dünn sieht es aus und die Oberfläche viel zu wässrig. Doch der Anschein trügt. Das Eis trägt. Viele Details schmücken den Eisrenner, etwa die Handbremse, die einem ausfahrbaren Eispickel ähnelt, hinten rechts in Griffnähe angebracht. Die Flanken sind meistens aus Holz angefertigt, „damit der Schlitten nicht steigt“. Steigen nennen die Eissurfer das Abheben einer seitlichen Kufe – im Gegensatz zum Segeln mit einem Katamaran ist eine solche Schräglage beim Eissegeln nicht erwünscht, weil sie die Richtungsstabilität verschlechtert und die Kentergefahr erhöht. Der schlimmste Eisunfall ist jedoch nicht das Umkippen, sondern das Einbrechen. Wenn das Eis tatsächlich einmal nicht halten sollte, ist da noch eine kleine, runde Box am Heck des Renners angebracht. Geht es abwärts, schwimmt eine Boje an einer 20 Meter langen Leine auf, damit man immer weiß, wo der Schlitten auf Grund gegangen ist..

Praktisch jeden Tag sind die Eissegler draußen, denn die Zeit für dieses Hobby ist naturgemäß knapp. Sie beobachten immer genau das Eis, erst wenn sich lang gezogene Luftfäden Richtung Grund bilden, wird es brüchig. Dann ist Vorsicht geboten.

High Tech für das lceboat

Zum Eissegeln benötigt man ein eigens optimiertes Boot, das mit aus Stahl gefertigten Kufen fährt. Das geläufigste Modell ist das DN-lceboat, so genannt, weil es einen von der „Detroit News“ gestifteten Preis gewonnen hat. Geräte fürs Eissegeln sind schwer zu bekommen, darum kann sich fast jeder, der handwerklich begabt ist, seinen Schlitten selber bauen. Gewisse Maße und Längen müssen dabei eingehalten werden. Der Rumpf eines Bootes besteht in der Regel aus Holz oder Kunststoff. Die Masten waren früher ebenfalls aus Holz, jetzt sind sie aus Aluminium oder Carbon. Die Harmonie von Mast und Planke, so heißt es, entscheidet über den Erfolg. Nur die optimale Biegung ergebe in Verbindung mit dem idealen Segel den schnellsten Vortrieb. Nicht zu vergessen sei auch die Wahl der richtigen Kufen. Auf dickem Eis und mit der richtigen Windstärke im Rücken steht dem Vergnügen nun nichts mehr im Wege. Doch nicht vergessen: Ziehen Sie davor Schwimmweste, Helm, „Kältekleidung“ und einen Overall, der gegen Wind und Feuchtigkeit schützt, an.

Info

DN-Eissegelschlitten sind eine internationale Einheitsklasse aus den USA. Selfmade-Typen können diese Eisraketen nach offiziellen Bauvorschriften und Bauplänen unkompliziert aufbauen oder man kauft so einen Schlitten komplett neu oder gebraucht.

National und international werden auf verschiedenen Revieren Regatten veranstaltet. EM und WM werden meist in Polen oder Schweden gestartet.

Eissegeln kann man mit der Eisjacht, Eis-, Segelschlitten und Eissegelboot. Es ist ein etwa 6 m langes Gleitfahrzeug mit drei 40 – 60cm langen, im Dreieck angeordneten Stahl- oder Holzkufen und einem Segelmast mit bis zu 30 qm Segelfläche. Die Bahnen bestehen aus Dreieckkursen von 5 km Seitenlänge oder bis 5 km langen Strecken mit zwei Wendemarken (Luv- und Lee).

Text: Sabina Riegger · Bild: Hubert Riegger

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