
Silvio Rohrmoser: Der Möbelmacher
Es gibt diese besonderen Momente im Leben, in denen sich scheinbare Umwege als Glücksfälle erweisen. Für Silvio Rohrmoser war es die nicht angestrebte Berufswahl, die ihn letztlich genau dahin führte, wo er heute steht. Der 55-jährige Möbeldesigner aus Steingaden wollte ursprünglich Schreiner werden. Doch es kam anders.
„Eigentlich wollte ich was mit Holz machen“, erinnert sich Rohrmoser an seine Jugendzeit. Jedoch begann er mangels geeigneter Lehrstelle eine Ausbildung als Metallbauer. Eine Entscheidung, die sich im Nachhinein als wegweisend herausstellen sollte. „Die Herangehensweise an das Material Holz ist eine ganz andere, wenn man nicht den klassischen Schreinerberuf gelernt hat“, erklärt er. „Man probiert Dinge aus, die nicht unbedingt Teil einer Schreinerausbildung sind. Das macht das Ganze interessant.“

Von der Idee zur eigenen Werkstatt
Mit 28 Jahren wagte Rohrmoser den Schritt in die Selbstständigkeit. Eine Entscheidung, die er mit einer gewissen „Blauäugigkeit“ traf, wie er heute zugibt. „Ich hab das einfach gemacht, weil ich Ideen hatte, die ich ausprobieren wollte.
Ein besonderer Glücksfall war die ehemalige Hammerschmiede in Steingaden, die den Eltern seiner Frau gehörte. Ein Anwesen von 1807, das seit den 1940er Jahren brachlag, wurde zuerst zu seiner Werkstatt und ein paar Jahre später zum jetzigen Wohnort.

„Es ging von null los“, erinnert er sich. „Keine Maschinen, nichts war da.“ Stück für Stück richtete er zunächst einen kleinen Raum her, kaufte Maschinen.Wo früher über hundert Jahre Werkzeug und Waffen geschmiedet wurden, entstanden erste Möbelstücke und im Laufe der Zeit bauten er und seine Frau diese Räume dann immer mehr aus.
Vom Einzelstück zur Kollektion
Die Entwicklung seiner eigenen Möbelkollektion war für Rohrmoser ein herausfordernder Prozess. „In der Region gab es keinen Betrieb, der Möbel baut, so wie ich mir diese vorstellte, erinnert er sich. „Es gab den klassischen Schreinerbetrieb für Auftragsarbeiten oder den metallverarbeitenden Betrieb für Schlosserarbeiten.“ Diese Marktlücke erkannte er – und füllte sie mit seiner ganz eigenen Interpretation.

Der Durchbruch: Von Steingaden in die Welt
Begonnen hat alles mit Regalen 1998. „Das waren sehr experimentelle Einzelstücke“, erzählt er über seine ersten Arbeiten. Seine erste Ausstellung in Schongau unter dem Titel „Regale an der Grenze zur Regalität“ zeigte experimentelle Arbeiten unter anderem mit alten Eisenträgern.
Heute umfasst sein Portfolio eine breite Palette von Möbeln für den Innen- und Außenbereich, wobei jedes Stück die charakteristische Handschrift des Designers trägt. Erst danach entstand die Möbelkollektion silvio ROHRMOSER, die dann erstmals auf der Kölner Möbelmesse 2001 mit einem eigenen Messestand einer breiten Einkäuferschicht präsentiert wurde.

„Ich dachte zu Beginn, die Kunden kommen und bestellen“, erinnert er sich an seine anfängliche Naivität. „Das war leider nicht so.“ Doch die Messepräsenz öffnete andere Türen. Die ersten Fachhändler bestellten Tische für ihre Ausstellungen. Ein Handelsvertreter wurde dabei auf die Kollektion aufmerksam und in kurzer Zeit wurde ein flächendeckendes Händlernetzwerk in der Schweiz aufgebaut.
Ein besonderer Erfolg war ein Auftrag für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006: Rohrmoser und sein kleines Team statteten neun von zwölf Pressemedienzentren mit Tischen und Stühlen aus der silvio ROHRMOSER-Kollektion aus.
Seine Möbel haben mittlerweile den Weg in alle Welt gefunden: Von Sitzbänken im State Museum Tennessee über Stehtische für ein Hotel in Dubai, bis hin zu Tischen für das Goethe Institut in Kairo und der kompletten Außenmöbelierung einer Dachterrasse für den TÜV Reihnland, um nur einige zu nennen.

Besonders stolz ist Rohrmoser auf seinen Stahltisch at_01, das erste Mal präsentiert auf der Imm in Köln, der 2025 sein 25-jähriges Jubiläum feiert – ein Klassiker, der für alles steht, was Rohrmoser wichtig ist: klare Linien, ehrliches Handwerk und zeitloses Design. Für diesen Tisch in Kombination mit seinen puristischen Massivholzhockern wurde er 2001 mit dem internationalen Südtiroler Handwerkspreis (Internova )ausgezeichnet.
Klein bleiben, flexibel sein
Heute, nach über 25 Jahren im Geschäft, ist Rohrmoser froh, dass er sein Unternehmen bewusst klein gehalten hat. „Wenn mal weniger Aufträge kommen, ist dadurch Zeit für neue Ideen und deren Umsetzung“, erklärt er. Bei Bedarf kann er mit freien Mitarbeitern flexibel auf Aufträge reagieren – egal ob es sich um einen einzelnen Tisch handelt oder um größere Objektausstattungen in der Gastronomie oder öffentlichen Einrichtungen.
„Das Schöne ist, dass wir beides abdecken können: Bestellungen privater Kunden mit individueller Beratung vor Ort und die Abwicklung größerer Stückzahlen von Objekteinrichtern oder Architekten.“
Innovation durch Kundenwünsche
Besonders interessant ist Rohrmosers Herangehensweise an Innovationen. „Am Anfang waren es fast ausschließlich meine eigenen Ideen“, erklärt er. „Mittlerweile nehme ich viel von der Resonanz der Kunden auf.“ Ein Beispiel dafür ist ein Tisch mit gerosteter Oberfläche für den Innenbereich – entstanden aus der Anfrage eines Schweizer Händlers.

Die Herausforderung bestand darin, eine gerostete Oberfläche zu entwickeln, die nicht abfärbt und als Tisch im Innenbereich funktioniert. Nach vielen Experimenten und der Suche nach den richtigen Materialien sowie der Oberflächenbehandlung gelang es schließlich, den Tisch in die Kollektion aufzunehmen.
Handwerk und Handel im digitalen Zeitalter
Die Veränderungen in der Möbelbranche hat Rohrmoser hautnah miterlebt. Während in den 1990er Jahren die Messen noch „Selbstläufer“ waren, „wo man Aufträge für das ganze Jahr generieren konnte“, hat sich der Markt durch Onlinemarketing und digitale Präsenz grundlegend gewandelt. 2012 war er das letzte Mal auf einer Messe vertreten.
„Als kleiner Hersteller wird man leicht übersehen“, erklärt Silvio Rohrmoser pragmatisch. „Der finanzielle und organisatorische Aufwand für einen Messestand ist so groß, dass es sich nicht mehr lohnt, dort auszustellen.“ Stattdessen setzt er heute auf andere Vertriebswege. Die Online-Präsenz, die sozialen Medien und die eigene Homepage sind mittlerweile fester Bestand der Vermarktung geworden. Seine Möbel finden aber auch über Architonic – eine der bekanntesten Online-Plattformen für Architektur und Design – den Weg zu Architekten und Planern weltweit.

Ergänzend und ein wichtiger Aspekt zur medialen Vermarktung sind die eigenen Ausstellungsräume vor Ort in Steingaden. Hier können die Möbel hautnah und real begutachtet werden.
Nachhaltigkeit und regionale Verbundenheit
Ein besonderes Anliegen ist Rohrmoser die Nachhaltig- und Langlebigkeit seiner Produktion. Das Holz bezieht er großteils aus der Region, zum Teil aus dem eigenen Wald. Durch die Zusammenarbeit mit lokalen Handwerksbetrieben hält er die Transportwege kurz.
„Diese Synergien sind wichtig“, betont er. Sie ermöglichen es ihm auch, flexibel auf unterschiedliche Auftragsgrößen zu reagieren. „Langlebig, zeitlos und keinem Trend unterworfen – so zeichnen sich unsere Möbel mit Unikatcharakter aus, die durch ihre Benutzung keineswegs altern, sondern an Charme gewinnen.“
Ausblick
Heute konzentriert sich Rohrmoser verstärkt auch auf den regionalen Raum. „Hier wird viel gebaut, viel Neues entsteht“, sagt er. Besonders wo Alt auf Neu trifft, bietet sich Potenzial für sein puristisches Möbeldesign. Egal ob in einer modernen Loftwohnung oder in einem historischen Gebäude.
Das Anwesen der ehemaligen Hammerschmiede ist dabei mehr als nur eine Produktionsstätte, sondern auch ein Ort für ihn und seine Familie, an dem sich Leben und Arbeiten harmonisch zusammenfügen. Sie ist ein Symbol für Rohrmosers Weg vom experimentierfreudigen Handwerker zum Designer und Hersteller einer international etablierten Möbelkollektion. Genau diese Mischung aus handwerklichem Können, gestalterischer Vision und der Fähigkeit, immer wieder Neues zu erfinden, macht wohl das Geheimnis seines nachhaltigen Erfolgs aus.
Info:
Wer die gesamte Möbelkollektion sehen möchte, kann nach vorheriger Vereinbarung den Showroom in Steingaden besuchen, oder bei den bevorstehenden Steingadener Blütentagen vom 14. – 15 Juni 2025 vorbeischauen. Dort stellt Silvio Rohrmoser seine aktuellen Möbel und Neuheiten für den Garten / Außenbereich aus.
Silvio Rohrmoser Möbel
Hammerschmiedstraße 20
86989 Steingaden
T +49 (0) 88 62-93 20 25
moebel@silviorohrmoser.de
www.silviorohrmoser.de
Text: Sven Ademi · Fotos: Linder



