
Bilder mit viel Interpretationsraum
Ausstellung mit Bildern von Waris Dirie noch bis Sonntag im Festspielhaus
Im Festspielhaus Neuschwanstein sind bis Sonntag, 15 Uhr, die Bilder einer weltbekannten Frau zu sehen. Sie war das erste afrikanische Supermodel, ist Bestsellerautorin und UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung. Waris Dirie freut sich sehr, nun in Füssen ihre Werke „Desert Dreams“ ausstellen zu dürfen.
Seit zwei Jahren lebt die in Somalia geborene Künstlerin in Wien, gemalt habe sie laut eigener Aussage schon immer. Schon als Kind hätte sie Bilder im Kopf gehabt, die sie mit den Fingern in den Sand malte oder mit Steinen und Stöcken darzustellen versuchte. Eine Kindheit, in der sie mit nur fünf Jahren einem grausamen Ritual zum Opfer fiel.

Dirie überlebte die Prozedur der Genitalverstümmelung. Als sie mit 13 Jahren zwangsverheiratet werden sollte, flüchtete die Teenagerin und erreichte London, wo sie fünf Jahre später von einem Star-Fotografen entdeckt wurde. Ihre Geschichte und das erlittene Schicksal verarbeitete die Somalierin in vier Büchern. Der autobiografische Roman „Wüstenblume“ (engl. Originaltitel „Desert Flower“) wurde bis heute über elf Millionen Mal verkauft, davon allein drei Millionen Exemplare in Deutschland. Der Bestseller wurde zudem verfilmt und 2020 fand die Uraufführung des gleichnamigen Musicals in St. Galen in der Schweiz statt. Die Deutschland-Premiere von „Wüstenblume“ fand im Oktober 2023 im Deutschen Theater in München statt.
Schreiben, dafür habe sie jetzt keine Zeit mehr, erzählt Dirie bei der Vernissage mit Blick über den Forggensee. Das Malen aber liebe und lebe sie schon seit sie denken kann. „Malen bedeutet für mich die totale Freiheit. Niemand kann fühlen, was ich fühle, aber ich versuche, meine Gefühle durch die Farben meiner Bilder zu vermitteln.“
Farben, die die Natur und das Licht Afrikas repräsentieren sollen. Inspiration sei die Natur und Mutter Erde. Angst habe sie keine, vor nichts und niemandem. So zeigen die Bilder Diries auch eine unglaubliche Fülle an Farben und Formen, mal mit klaren Linien oder wild ineinanderfließend und verschwimmend, mal etwas düster und dann wieder hell. Es sind großformatige Bilder, die viel Raum für Interpretation lassen.
„Man sieht den Schmerz in den Bildern“, meinten einige Besucherinnen. Für Waris Dirie sind die Meinungen nicht relevant. „Kunst muss nicht gefallen, Kunst ist subjektiv“, sagt sie. Sie möchte anders sein. Dass sie das ist, hat sie schon mehrfach bewiesen- nun auch mit ihren Bildern im Festspielhaus. Auf die Frage, was sie zum Malen inspiriert, antwortet Waris Dirie: „Mein Inspiration ist meine Fantasie, die Furchtlosigkeit. Wenn ich anfange zu malen, gibt es nichts anderes als den Pinsel und die Farben. Ich habe Freude zu malen. Es ist ein besonderes Gefühl, ein Gefühl von Freiheit, würde ich sagen.“

45 ihrer Bilder sind aktuell auch in Paris ausgestellt, wie der Geschäftsführer der Desert Flower Foundation, Walter Lutschinger, berichtet. Sie hängen in einer Galerie ganz in der Nähe des Arc de Triomphe in einem exklusiven Wellness-Club für Frauen. Paris – Wien – Füssen: Zeit, um Bücher zu schreiben, hat die Powerfrau auch aus einem anderen Grund nicht mehr. „Wir planen bereits ein größeres Projekt“, verrät sie. Im kommenden Jahr soll es ein großes Afrika-Festival geben. Mit Musik und Mode, Kunst, Kulinarik und dem Musical „Wüstenblume“. Das soll ebenfalls im Festspielhaus stattfinden. Sie freue sich darauf, zurück ins Allgäu zu kommen, erklärt sie. Die Natur hier sei wunderschön und wir sollten dankbar dafür sein. Das ehemalige Model macht noch immer viel Sport und sie liebt es zu schwimmen. „Ich würde“, sie zeigt mit einer großen Geste über den Forggensee, „direkt einmal ans andere Ufer schwimmen. Das schaffe ich!“ Und dann lacht Waris Dirie.
INFO:
Zur Ausstellung geht es über die Außentreppe, vom Barockgarten rechts neben der Glasfront des Festspielhauses zu sehen, in den 2. Stock hinauf. Wer die Bilder der Wüstenblume sehen möchte, muss keinen Eintritt bezahlen. Parallel findet auf dem Gelände ein Yoga-Festival statt, Interessierte haben dennoch Zutritt zu den Räumen im oberen Stockwerk.
Die Ausstellung ist noch bis Sonntag, 15 Uhr zu sehen. Der Eintritt ist frei.
Text: Selma Hegenbarth · Fotos: Sabina Riegger



