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Abenteuer Mount Everest

Füssener Privatbergführer besteigt in 16 Tagen den höchsten Berg der Welt

Luis Stitzinger (53), Profibergsteiger und Staatlich geprüfter Berg‐ und Skiführer aus Füssen, war nach erfolgreicher Besteigung des Mount Everest 2019 über die Nordroute (Tibet) nun auch über die Südroute (Nepal) erfolgreich.

Nach nur 16 Tagen Expeditionsdauer stand er mit seinem Einzelgast Graham Keene aus Großbritannien – mit 68 Jahren nun der älteste britische Gipfelgänger – zum zweiten Mal auf dem höchsten Berg der Welt. Auch alle weiteren 13 Teilnehmer, drei Führer und zwei Filmteammitglieder des Expeditionsveranstalters „Furtenbach Adventures“ aus Innsbruck, dessen Team Keene und Stitzinger angehörten, erreichten am 13. Mai 2022 erfolgreich den Gipfel über die nepalesische Südroute.

Nach elf Todesfällen und endlosen Staus stand der Everest zuletzt 2019 stark in der Kritik. „Zusammen mit unserer 17‐köpfigen Gruppe waren insgesamt nur etwa 80 bis 90 Leute unterwegs. Das ist für den Everest wirklich sehr wenig“, erklärt Stitzinger. Zur Vorbereitungsstrategie des Innsbrucker Veranstalters „Furtenbach Adventures“ gehören ein sechswöchiges Hypoxie-Training zu Hause (Schlafen unter eingeschränkter Sauerstoffzufuhr im eigenen Bett) sowie ein Kontrolldurchgang an einem Sechstausender (Mera Peak auf 6 476 m) mit mehreren Hochlagern, den die Gruppe zusammen am 27. April bestieg. „Nur so und unter Verwendung von künstlichem Sauerstoff bei der Bergbesteigung ist eine so unglaublich kurze Zeit überhaupt zu schaffen.“ Weniger als drei Wochen nach Abreise befindet sich Stitzinger bereits wieder zu Hause.

Ebenso unspektakulär wie die Begehungszahlen seien die Temperatur‐ und Wetterverhältnisse am Berg gewesen, meint Stitzinger. „Minus 17 bis 19 Grad auf Gipfelhöhe, das ist für den Everest gewissermaßen Badewetter“. Die Normaltemperaturen auf dieser Höhe lägen üblicherweise bei – 26 bis – 28° C. Zu verdanken sei dies alles einer ungewöhnlich heißen und stabilen Wetterlage über Asien, deren Heißluftblase über dem Himalaya sogar den Jetstream (atmosphärische Ausgleichsströmung auf 10 000 m.ü.M., die regelmäßig für Probleme beim Höhenbergsteigen sorgt) abgehalten habe. Eine einmalige Konstellation seit Aufzeichnung der Wetterdaten, so betonen Meteorologen.

Zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Jahren war Stitzinger am höchsten Berg der Erde erfolgreich. Das erste Mal, 2019, gelang ihm als Bergführer desselben Veranstalters mit einer Gruppe von sechs Teilnehmern der Anstieg über die Nordroute, den Nordost‐ und Nordgrat vom 5 200 Meter hohen Basislager auf der tibetischen Hochebene.

Nun, 2022, bestieg er mit seinem Einzelgast die Südroute über das Western Cwm und den Südgrat vom nepalesischen Basislager (5 300 m) auf dem Khumbu‐Gletscher. Dennoch habe es auch Schwierigkeiten bei der Besteigung gegeben, gibt der Allgäuer Bergführer zu. „Unglaublich langsame Bergsteiger haben am Anfang alle über Stunden hin aufgehalten, bis sie endlich am Balcony (Schneebalkon nach 5 Std. Gehzeit, Beginn des Gratabschnitts zum Südgipfel 8 751 m) passiert werden konnten“, erzählt Stitzinger. „Eigentlich müsste ich es ja mittlerweile gewohnt sein, doch so viel Eigennützigkeit – andere stundenlang warten zu lassen, nur um selbst ein paar wenige Minuten beim Durchlassen Schnellerer vermeiden zu können – geht mir nach wie vor nicht in den Kopf“.

„Das Schöne überwiegt“, zieht Stitzinger dennoch das Fazit seiner Besteigung. An einem Traumtag auf dem höchsten Gipfel der Erde zu stehen und die wolkenlose Aussicht über den gesamten Himalaya, die tibetische Hochebene und das subtropische Vorland genießen zu dürfen, sei schließlich keine Selbstverständlichkeit. Und nun kenne er beide Routen auf den höchsten Berg der Welt. „Das macht mein Bild vom Everest komplett, darüber freue ich mich am meisten“, meint Stitzinger schmunzelnd.

Text: pm · Foto: Luis Stitzinger

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