Menschen

Kontinuität ist wichtig

Ein Kurzportrait

Das Leben schreibt seine eigenen Geschichten, anders als man sich das vielleicht vorstellt und sogar schneller als es einem lieb ist, so wie bei Richard Müller. Als er 27 Jahre alt war, reiste der Hohenschwangauer ein zweites Mal nach Peru. Dieses Mal wollte er Südamerika tatsächlich bereisen, nicht so wie bei seiner ersten Reise. Denn damals, nach dem Studium, kaufte er sich ein Work & Travel Ticket, um sich die südamerikanischen Länder anzuschauen, die Kultur zu erleben und die Menschen kennen zu lernen. „Es kam anders. In der Schule, wo ich drei Wochen Englisch und Rechnen unterrichten wollte, blieb ich sechs Monate und aus dem Reisen wurde nichts. Und trotzdem war es eine schöne und prägende Zeit”, wie er heute sagt.

Doch auch bei seiner zweiten Planung verlief alles anders. In Südamerika angekommem, bekam er nur kurze Zeit später einen Anruf von seinem Vater, der ihn bat nach Hause zu kommen, weil es ihm gesundheitlich nicht gut ging. Zuhause angekommen, hatte er nur eine kurze Zeit sich von ihm zu verabschieden. Dass er das Familienunternehmen in Hohenschwangau, übernehmen würde, wusste er. Für die Geschäftsführung wurde er vorbereitet, auch auf den „normalen“ Tourismus. „Doch auf Hohenschwangau kann man nicht vorbereitet werden. Dafür gibt es keine Schule und kein Studium. Man muss es selbst erfahren und daraus lernen“, erzählt Richard Müller der sein Master in Tourismusmanagement machte. Touristen aus aller Welt wollen in Hohenschwangau nur das eine sehen: die Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein. Nicht jeder kann mit den vielen Menschen umgehen, geschweige denn auf sie eingehen. Richard Müller hat das gelernt als er als 25-jähriger die Kinder in der Nähe von Cusco in Peru unterrichtete. „Dort lernte ich so viel im Umgang mit Menschen, das hätte mir kein Studium vermitteln können“, so der heute 38-Jährige.

Seitdem sind mehr als zehn erfolgreiche Jahre vergangen. „Es war mein Traum, das Unternehmen in die nächste Generation weiterzuführen“, sagt der Geschäftsführer, der gerne Ökonomie und Philosophie studiert hätte. Dass ihm irgendwann „Ich, der Bleistift“, ein Meisterwerk eines Essays von Leonard Read, in die Hände fiel, war fast selbstverständlich, wenn man nach Fragen des Warum und Wieso sucht. Hier beschreibt Leonard Read auf eine einfache Weise den Wirtschaftskreislauf, indem er von einem Bleistift und seiner Herstellung erzählt. Dieses Zusammenhängen von Komplexität und der daraus resultierenden Dynamik, hat Richard Müller fasziniert und einen ganz anderen Blickwinkel auf Dinge und Abläufe gezeigt. Für den Familienvater ist deshalb auch Kontinuität sehr wichtig, nicht nur im privaten Bereich, sondern auch im geschäftlichen. „Kontinuität ist Verlässlichkeit und Verlässlichkeit gibt uns eine Sicherheit“, drückt es der Unternehmer aus. Seine Gäste und Kunden schätzen das. Sie wissen, dass sie eine gleichbleibende Qualität im Hotel, Restaurant, Boutique und den Souvenirläden erwartet, ihre Wünsche, soweit es geht, erfüllt werden, oder ihre Kritik ernst genommen wird. Dazu gehört es auch, immer wieder neue Ideen umzusetzen. Als liberal denkender Mensch und sozialer Arbeitgeber, wie sich Richard Müller sieht, möchte er allerdings keine „Ja-Sager“ um sich haben. „Ich brauche Menschen, die das, was ich sage, auch hinterfragen und mir eine ehrliche Meinung dazu sagen.“

Der Hohenschwangauer mag es, sich mit Menschen zu unterhalten und über Gott und die Welt zu diskutieren und andere Denkweisen kennenzulernen. „Nicht die Ethnie eines Menschen ist mir wichtig, sondern der Charakter“, sagt er und meint, dass er das Gefühl hat, dass viele heutzutage nicht mehr den Menschen an sich sehen, sondern das Sekundäre wie Hautfarbe, Religion oder Herkunft. Vieler seiner Sichtweisen hat er von zu Hause mitbekommen und ist damit aufgewachsen. „Für mich ist die Familie der Grundbaustein dessen, was uns ausmacht.“ Ein Gedanke, den sicher viele mit ihm teilen.

Richard Müller ist seit der Gründung des Familienunternehmens 1910 der sechste Geschäftsführer und leitet dieses nun in vierter Generation. In den zehn Jahren unter seiner Leitung hat sich vieles im Tourismus geändert. Besonders seit 2020. „Die Pandemie hat nicht nur den Tourismus verändert, sondern auch Fragen aufgestellt“, sagt er. Müller spricht von der Kultur, die so bedeutsam und tief ist, und davon, das sie nichts mit Lederhosen und Oktoberfest zu tun hat, sondern mit dem Umgang miteinander, der Kommunikation. Als Freund der Philosophie glaubt er, „dass es nicht nur eine Wahrheit gibt, sondern ein paar wenige, die uns den Weg leuchten.“

Richard Müller betrachtet nicht alles, aber doch einiges aus der philosophischen Sicht. Er ist ein Freund der Stoiker, Menschen die bedacht, ruhig sind und sich von nichts aus der Fassung bringen lassen. Ob er sich als stoischen Menschen sieht? „Man muss sich selbst sehr gut kennen, seine Schwächen und seine Stärken. Ich bin impulsiv“, sagt er und lächelt.

Text · Foto: Sabina Riegger

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