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Nachgefragt! bei Dr. Robert Betz

Praxis für Innere Medizin, Nierenkrankheiten und transplantierte Patienten (Füssen)

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 endet für Dialysepatienten häufig mit schweren Erkrankungen. In einer bevölkerungsbasierten Studie im Canadian Medical Association Journal (2021; DOI: 10.1503/cmaj.202601) endete jede 4. Infektion tödlich. Der Grund dafür, sie haben oft mehrere Risikofaktoren, die einen schweren Verlauf mit COVID-19 begünstigen. Unabhängig davon stehen sie auch einem höheren Infektionsrisiko gegenüber. Denn durch die regelmäßigen, notwendigen Termine in den Dialysepraxen und -zentren treffen sie auf weitere Risikopatienten. Für Patienten, deren Nieren nicht mehr funktionieren, ist die Dialyse jedoch essentiell. Ohne die Blutwäsche durch Dialysegeräte oder die Bauchfelldialyse würden sie sterben. Einen sozialen Abstand halten, ist für die ca. 80.000 Menschen in Deutschland deshalb nicht möglich. Füssen aktuell sprach mit Dr. Robert Betz, Praxis für Innere Medizin, Nierenkrankheiten und transplantierte Patienten (Füssen).

Sie haben eine Praxis für Innere Medizin, Nierenkrankheiten und transplantierte Patienten im Krankenhaus in Füssen. Was hat sich in diesem einen Jahr, seitdem es die Corona-Pandemie gibt, für die Dialysepatienten geändert?
Patienten, auch solche ohne Nierenerkrankungen, werden nur noch einzeln in Ambulanz und Behandlungsräume eingelassen und aus dem Wartebereich im sogenannten Kuppelsaal einzeln aufgerufen. Dieser Wartebereich ist sehr großzügig bemessen, so dass die Abstandsregeln problemlos eingehalten werden können. Es folgen die bekannten Maßnahmen wie Maskenpflicht, berührungsfreie Händedesinfektion, Fiebermessen und Testungen auch im Nichtverdachtsfall. Eine wesentliche Änderung für die Patienten ergibt sich, wenn sie als Kontaktpersonen quarantänepflichtig geworden sind. Sie sind wie COVID-infizierte Patienten zu behandeln und auch während Dialysebehandlung und Transport gemäß Infektionsschutzgesetz zu isolieren. Der Übertragungsweg über Aerosole und die tagelange Ansteckungsfähigkeit von Coronaviren auf Oberflächen verbietet die Nutzung der gleichen Räumlichkeiten selbst wenn für Infizierte getrennte Schichten in den gleichen Räumen gefahren werden. Betroffen sind nicht nur bereits infizierte Patienten und Langzeitausscheider, sondern selbstverständlich auch Quarantänepatienten wegen ihres unbekanntem Ansteckungsstatus. Infektionsschutzgesetz und RKI sehen für die Behandlung von über die Luft übertragbaren Krankheiten außerdem die Pflicht zur Behandlung in Unterdruckräumen vor. Diese Infrastruktur ist innerhalb der Klinik Füssen in begrenztem Umfang vorhanden.

Können lebenserhaltende Dialysebehandlungen auch zu Hause durchgeführt werden, um eventuelle Ansteckungen zu vermeiden?
Hämodialysebehandlungen in Deutschland machen über 90 Prozent der Behandlungen aus und erfolgen vorwiegend als sogenannte Zentrumsdialysen. Nierenpatienten, die für eine Bauchfelldialyse geeignet sind, führen ihr Verfahren selbstständig zu Hause durch. Es gibt auch die Option einer häuslichen Hämodialysebehandlung. Sie setzt ein profundes Training, einen medizinisch kundigen Partner und eine geringe Wahrscheinlichkeit gesundheitlicher Komplikationen voraus, weshalb sie der überwiegenden Zahl der Dialysepatienten nicht offensteht.

Wie schützen Sie ihre Patienten in der Praxis?
Zunächst haben die Mitarbeiter eine konsequente Hygieneunterweisung durchlaufen und sind geimpft worden, um keine Infektionen einzuschleppen. Davon unabhängig haben wir technische Schutzmaßnahmen getroffen: Die Klimaanlage wurde deaktiviert und stattdessen wurden mehrere Aerosolreinigungsanlagen installiert, die die gesamte Innenluft binnen Minuten permanent von Aerosolen reinigen. Zusätzlich finden in der Nacht viruzide Desinfektionsmaßnahmen auf der Basis von UV-C-Licht und Ozon statt. Ferner haben wir dafür gesorgt, daß die Patienten gegen Corona geimpft wurden. Sämtliche Schutzmaßnahmen laufen jedoch unverändert weiter, um auch die Wahrscheinlichkeit von Infektionen durch Mutanten zu verringern und Impfversager zu schützen, die unter Patienten mit chronischen Erkrankungen, insbesondere Transplantierten und chronischen Nierenkranken gehäuft zu beobachten sind. Die Kombination aller dieser Maßnahmen greift wohl, denn innerhalb der Einrichtung gab es im Gegensatz zum bundesweiten Trend bisher keine Ansteckungen.

Haben Sie die Möglichkeit, ihre Patienten zu impfen oder obliegt das den Hausärzten?
Wir haben unsere Patienten nicht selbst geimpft, da die Möglichkeit einer Praxisimpfung zum Zeitpunkt der Impfung unserer Patienten noch nicht bestanden hat. Das Impfzentrum Ostallgäu hat die Impfungen entgegenkommender Weise allerdings in unseren Räumen durchgeführt, so dass die Patienten wegen der Impfung keine Fremdkontakte in Kauf nehmen mußten.

Text: Sabina Riegger · Foto; privat

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