Models

Vor ungefähr fünf Monaten war ich zuletzt in einem Museum. Viel zu lange her. Aber den letzten Besuch vergesse ich nicht- es war der schönste:

„Bist du schon 18?“ fragte mich der Typ an der Kasse. Ich war nicht sicher, ob er mich veräppelt oder einfach nur schleimen will. Ich überlegte kurz- nein: Er war weder ein ungenierter Charmeur noch ein pubertierender Frechdachs. Er hatte einfach einen unglaublich guten Blick.

Ich bin 30 und für ihn sah ich aus wie 18. Natürlich. Danke. Ich mag Jugendliche. Ich bin ja selbst fast noch eine. Seit gestern ist das aber anders. Der Moment, in dem hormongeladene, wütende Teenager-Jungs zu dir sagen: „Kümmern Sie sich um Ihre Angelegenheiten, Sie!“… Dann weißt du spätestens nach dem zweiten „Sie“, dass sie erstens: Keinen Bock auf dich haben, und zweitens: Du für sie uralt bist. Ich bin also keine mehr von ihnen. Nichts mehr mit Ü18 und so. Jetzt bin ich eine alte, nervige Frau, die zwei Halbstarke anspricht: „Hey! So wie Ihr Eure Maske tragt, bringt das leider nichts!“ Ich wollte eigentlich weiter mit ihnen quatschen. Aber daraus ist nichts geworden- „Sie“! Dabei wollte ich den beiden noch von einer Illustration erzählen, die ungefähr so aussieht:

Als hätten die beiden Modell gestanden, wow…

Aber ich konnte den Jungs nicht mehr davon erzählen. Die beiden sind an mir vorbeigefegt wie ein staubiger Orkan- schnell, furztrocken und skrupellos. Ich, die alte 30-Jährige, bin einfach eiskalt im Supermarkt abserviert worden, irgendwo zwischen Zwiebeln und Dosenmais. Dabei haben sie nicht daran gedacht, dass meine Angelegenheit auch ihre ist. Und die der Kassiererin, die ihrer Großeltern, Eltern und Geschwister, ihrer Kumpels und ihrer Freundinnen, des Friseurs um die Ecke, des kleinen Nachbarsjungen und die Angelegenheit meiner Familie. Die Angelegenheit von uns allen.

Also, falls Ihr das lest, ich bin eine von Euch. Ich bin erst 30, okay?! Ach, und: Nase rein.

Wir schwitzen nämlich alle. Gemeinsam.